Blumensiedlung sollte einst die Wohnungsnot lindern
In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts entstand die von Johann Anton Wilhelm von Carstenn gegründete Villenkolonie Groß-Lichterfelde. Schon nach rund 30 Jahren war fast jedes Grundstück bebaut. Dagegen gab es nördlich der Bahngleise in der Nähe des Botanischen Gartens noch karge, weite Flächen. Hier waren zu dieser Zeit zwar schon nach Blumen benannte Straßen angelegt, doch die Bautätigkeit verzögerte sich durch Krieg und Inflation. Obwohl in Berlin Anfang des 20. Jahrhunderts rund eine Million Wohnungen fehlten, konnte der Wohnungsbau erst nach der Währungsreform 1924 in großem Umfang starten.
Mit der Planung für eine Wohnsiedlung auf dem Gelände zwischen den Bahngleisen und dem Botanischen Garten wurde der Schweizer Architekt Otto Rudolf Salvisberg von dem Bauunternehmer Adolf Sommerfeld beauftragt. Ihm gehörte das Areal.
Salvisberg hatte zuvor an der Entwicklung und Planung verschiedener Gartenstädte mitgewirkt. Darunter waren unter anderem die in Staaken und Spandau. Er gehörte zu den Protagonisten des Neuen Bauens. Herausragend sind seine späteren Bauten für die Waldsiedlung Zehlendorf und für die Weiße Stadt, die mit weiteren fünf Großsiedlungen zum Weltkulturerbe zählen.
Für die Bebauung des Sommerfeldschen Areals plante Salvisberg 1924 eine Reihenhaussiedlung entlang der Hortensienstraße mit rund 30 Einfamilienhäusern sowie drei Wohnblöcke mit Mietwohnungen zwischen Hortensien- und Geranienstraße. Von den Wohnblöcken wurden nur zwei realisiert: Der sogenannte Freimietblock entlang der Geranien- und Nelkenstraße und später der "Postblock" zwischen Nelkenstraße und Hortensienplatz.
Charakteristisch für die Häuser sind die abwechslungsreichen Fassaden mit markanten Ecklösungen und tiefliegenden expressionistisch gestalteten Hauseingängen. Besondere Aufmerksamkeit wandte der Architekt der Fassade zum Hortensienplatz zu, die vor allem durch ihre spitzen Erker auffallen.
Stilistisch ist die Anlage dem gemäßigten Expressionismus zuzuordnen. Grundformen sowie bündig sitzende Fenster lassen aber bereits die moderate Sachlichkeit des Neuen Bauens erkennen.
Viele dieser Stilmittel finden sich in der etwa zeitgleich entstandenen Reihenhaussiedlung wieder. Auch hier gelang es Salvisberg, die lange Zeile nicht gleichförmig wirken zu lassen. Beeindruckend sind die vielen Details bei Fenstern und Türen, die für Abwechslung sorgen.
Autor:Karla Rabe aus Steglitz |
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