„Verlorenes Gedächtnis?“
Ausstellung zeigt Orte der NS-Zwangsarbeit in Tschechien

Die Bildtafeln werden auf Staffeleien präsentiert. | Foto: Ralf Drescher
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Welche Erinnerungen gibt es an Menschen, die während der NS-Diktatur Zwangsarbeit leisten mussten? In vielen Ländern Europas gehören sie oft zu den vergessenen Opfern. Eine Ausstellung will ihnen ein Gesicht geben.

Die Ausstellungsmacher, Historiker aus der Tschechischen Republik, haben ihre Ausstellung „Verlorenes Gedächtnis?“ genannt und nicht ohne Grund ein Fragezeichen gesetzt. Orte wie Reichenberg (Liberec), Brüx (Most), Eger (Cheb) oder Kratzau (Chrastava) sind heute beliebte Ausflugsziele, auch vieler deutscher Urlauber. Das Unrecht, dass dort vielen Tschechen zwischen 1938 und 1945 angetan wurde, ist oft vergessen. Für die Ausstellung sind 18 Orte ausgewählt worden, an denen Zwangsarbeiterlager der Deutschen bestanden. „Ein tschechischer Fotograf hat sich mit der Kamera auf Spurensuche begeben“, erklärt Christine Glauning vom Dokumentationszentrum NS-Zwangsarbeit in der Britzer Straße. Konzipiert wurde die Ausstellung vom Institut Theresienstädter Initiative, sie ist bewusst zweisprachig angelegt und wurde in Tschechien bereits gezeigt.

Weil die Kriegsproduktion für das Dritte Reich ungeheure Mengen an Arbeitskräften band, herrschte in den Grenzregionen Böhmens, Mährens und Schlesiens bald nach Kriegsbeginn Arbeitskräftemangel. Aus westeuropäischen Ländern wie Frankreich, Belgien und den Niederlanden wurden Zivilarbeiter ins heutige Tschechien gelockt. Polen und Bürger der Sowjetunion wurden als Ostarbeiter deportiert. Dazu kamen rund 70 000 Kriegsgefangene, die 1944 im Sudetengau eingesetzt waren.

Während der kommunistischen Herrschaft in der CSSR war das Thema Zwangsarbeit nahezu tabu. Erst mit deren Ende rückte auch diese Opfergruppe in den Fokus der Geschichtsforschung. Um die Jahrtausendwende gelangte das Thema Zwangsarbeit im Zusammenhang mit der Entschädigung der Zwangsarbeiter durch den deutschen Staat mehr ans Licht der Öffentlichkeit. Inzwischen gibt es in Theresienstadt eine Dauerausstellung zum KZ-Außenlager Leitmeritz, das Nordböhmische Museum in Liberec zeigte mehrere Ausstellungen zu Kriegswirtschaft und Zwangsarbeit.

Die Autoren der Ausstellung haben an 18 Orten in Tschechien Spuren gesucht und dokumentiert, und wenn möglich, Zeitzeugengespräche geführt. Da die Interviews über QR-Code via Smartphone in der Ausstellung abgerufen werden können, kommt sie ohne komplizierte technische Ausstattung aus.

„Verlorenes Gedächtnis?“ ist bis zum 18. August im Dokumentationszentrum NS-Zwangsarbeit, Britzer Straße 5, zu sehen. Geöffnet ist Dienstag bis Sonntag von 10 bis 18 Uhr, Eintritt frei. Führungen können unter Telefon 639 02 88 27 angefragt werden.

Infos unter www.ns-zwangsarbeit.de.

Autor:

Ralf Drescher aus Lichtenberg

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