Tegel ist so schön wie Schwerin: Meinhard Schröder schrieb Buch über zweite Heimat
Tegel. Meinhard Schröder lebt seit 2001 in Tegel. Am 30. September hat er in der Humboldt-Bibliothek ein Buch über seine zweite Heimat vorgestellt, die ihn an seine erste erinnert: Schwerin.
Als Meinhard Schröders Tochter 2001 auf das Humboldt-Gymnasium wechselt, zieht auch er nach Tegel. Und schon da hatte er ein Gefühl, das er in Berlin vor rund 50 Jahren schon einmal erlebte: „An der Krummen Lanke wusste ich, dass ich angekommen war“, erinnert sich der heute 72-jährige. 2001 kam er nun wieder an, und er blieb: „Tegel ist ein bisschen wie Schwerin.“
In der mecklenburgischen Stadt war Meinhard Schröder 1943 zur Welt gekommen. Er engagierte sich in der Jungen Gemeinde, las dabei auch die Tagebücher von Dietrich Bonhoeffer, die der evangelische Theologe vor seiner Hinrichtung durch die Nationalsozialisten im Tegeler Gefängnis geschrieben hatte. Da wusste Schröder noch nicht, dass Tegel viele Jahrzehnte später einmal seine Heimat werden würde, lange nachdem er der DDR den Rücken gekehrt hatte.
In West-Berlin studierte Schröder Theologie, Soziologie und Pädagogik und arbeitete dann als wissenschaftlicher Assistent an der Technischen Universität Berlin. Dann zog es ihn in die Wirtschaft. Gut zwanzig Jahre war er Betriebsleiter einer Elektronik-Firma in Tempelhof.
In Tegel fand er schließlich zu seiner Berufung: Er schreibt, bietet Stadtführungen an, organisiert jährlich den Tegeler Geschichtssonntag. Jetzt veröffentlichte er in der „berlin edition“ im be.bra-Verlag das Buch „Tegel – Zwischen Idylle und Metropole“. Dazu forschte er unter anderem im Archiv des Reinickendorf Museums. Auf 176 Seiten breitet er die Geschichte des Ortsteils aus, von den immer noch im Dunkeln liegenden ersten Siedlungen in der Region, über die Zugehörigkeit des Dorfes Tegel zum Benediktinerinnen-Kloster in Spandau und die Aufklärungstätigkeit der Humboldts, die Industrialisierung durch Borsig und den Weltruhm durch den Flughafen Tegel.
Schröder ist kein Chronist
Bei alldem ist Schröder kein Chronist, der nur aneinanderreiht, was geschehen ist. Er erzählt mit Leidenschaft von seinem Gegenstand, und ärgert sich über die Informationslücken, die auch hartnäckiges Recherchieren schlecht füllt, wie die Tatsache, dass das Archiv der Evangelischen Kirchengemeinde Alt-Tegel zum Jahr 1933, dem Beginn der Nazi-Diktatur, nichts beitragen kann. Auch über die Arbeiterbewegung gibt es wenig Dokumente, und das angesichts der heute als Einkaufzentrum immer noch den Rand des Tegeler Zentrums prägenden Borsigwerke.
Auch aktuelles lässt Schröder nicht aus, wie die Sorge der Mieter der Kleinhaussiedlung am Steinbergpark, nach Sanierungen die Miete nicht mehr bezahlen zu können. Ohnehin beobachtet Schröder mit Sorge, dass bei Neubauten in Tegel vor allem teure Eigentumswohnungen entstehen. Zur Heimatliebe gehört für ihn auch der kritische Blick. CS
Autor:Christian Schindler aus Reinickendorf |
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