Wassersportler sind entsetzt: Verschärfte Regeln bedrohen nicht nur den Yacht-Club

Detlef Buchwald und Jürgen Lucht wollen die verschärften Bedingungen zu den Steganlagen nicht hinnehmen. | Foto: Ulrike Kiefert
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Wilhelmstadt. Gefährden verschärfte Regeln den Wassersport? Im Spandauer Yacht-Club ist das Übernachten auf den Booten plötzlich verboten und die Stege dürfen nicht mehr beleuchtet sein.

Jürgen Lucht sitzt im Vereinshaus und hält den Brief in der Hand, der ihn vor fünf Wochen aus dem sportlichen Frieden holte. „Wenn das wirklich alles durchgesetzt wird, steht die Existenz unseres Vereins auf dem Spiel.“ Denn im Spandauer Yacht-Club, der die Sportbootanlage an der Scharfen Lanke 31 seit mehr als 30 Jahren nutzt, sollen Mitglieder nicht mehr auf Booten schlafen, die Stegbeleuchtung und die Stromversorgung der Boote abgeschaltet werden.

Laut dem Schreiben aus dem Umwelt- und Naturschutzamt Spandau soll der Verein diese Bedingungen erfüllen, um die wasserbehördliche Genehmigung zu bekommen. Die hatte der Verein nach zehn Jahren erneut beantragt.

"Unkontrolliertes Anlanden" soll unterbunden werden

Die strengen Regeln begründet die Behörde mit einem etwas absonderlichen Zitat des Berliner Verwaltungsgerichts, dass es „keine wesentliche Unterscheidung zwischen Hausbooten und sonstigen Motorbooten“, also auch Sportbooten gibt. Dieser Feststellung war ein Nachbarrechtsstreit um ein Hausboot in Kladow vorausgegangen. Auch in anderen Bezirken sorgt die steigende Anzahl von Hausbooten auf Berliner Gewässern und deren „wildes Anlanden“ für Zündstoff. Nach dem Rechtsstreit entschied das Bezirksamt Spandau nun, den Begriff „Sportbootssteg“ eng auszulegen, also zwischen Haus- und Sportbooten strenger zu unterscheiden. Das Übernachtungsverbot soll das „unkontrollierte Anlanden“ von Hausbooten verhindern.

Jürgen Lucht und die 300 Mitglieder des Yacht-Clubs können darüber nur den Kopf schütteln. „Das ist völlig unrealistisch“, sagt Lucht. „Einige unserer Mitglieder schlafen natürlich auch auf ihren Booten. Wir haben schließlich nicht nur Berliner Seegler hier, einige reisen aus Dresden, Magdeburg oder Hannover an. Soll ich denen jetzt sagen, sie sollen ins Hotel gehen?“ Außerdem veranstaltet der Verein regelmäßig Regatten, bei denen die Teilnehmer über Nacht bleiben müssen. Auch Strom brauche jeder Bootseigner, sagt Lucht, um die Batterien an Bord aufzuladen. „Außerdem schreibt uns die Binnenschifffahrtsverordnung vor, das Ende der Bootsstege zu beleuchten. Und man muss doch sicher sein, wenn man im Dunkeln anlegt.“

Schärfere Regel widersprechen der Förderung des Wasserwanderns

Nach der ersten Betroffenheit über den Brief aus dem Bezirksamt hat Jürgen Lucht alle 108 Seegelvereine in Berlin, den Deutschen Seeglerverband und den Bezirkssportbund informiert. Mehr als 100 Protestbriefe und Eingaben seien inzwischen im Rathaus Spandau eingegangen, schätzt Lucht. Denn die Wassersportler bangen um ihre Zukunft. „Wir werden viele Mitglieder verlieren, die dann lieber nach Polen gehen, wo es solche Einschränkungen nicht gibt“, sagt Lucht. Detlef Buchwald, Vorstandschef des Segler-Clubs Oberspree, der ein ähnliches Schreiben erhalten hat, fürchtet um beantragte Fördermittel für das neue Vereinshaus. „Als Verein ohne genehmigte Steganlage bekommen wir die wohl nicht.“ Die verschärften Auflagen seien völlig kontraproduktiv, sagt Buchwald, weil der Senat das Wasserwandern eigentlich fördere.

Im wasserreichen Nachbarbezirk Reinickendorf hat man nicht vor, die Verträge mit den Wassersportvereinen zu ändern. „Das, was man in Spandau vorhat, würde unseren Vereinen massive Probleme bereiten. Alles bleibt so wie bisher“, sagt Bürgermeister und Sportstadtrat Frank Balzer (CDU).

Jürgen Lucht wartet jetzt auf einen rechtsmittelfähigen Bescheid vom Amt. Eine Stellungnahme, für die der Verein zwei Wochen Zeit hatte, hat er bereits abgegeben. Gerichtliche Schritte will sich Jürgen Lucht vorbehalten, viel lieber aber ist ihm eine gütliche Einigung. Rückendeckung bekommt er dabei auch aus der BVV. So haben sich die Fraktionen von SPD, CDU, FDP und AfD mit einem gemeinsamen Antrag hinter die Wassersportler gestellt. Und als Sportstadtrat hat Bürgermeister Helmut Kleebank (SPD) dem Yacht-Club seine Unterstützung in den folgenden Beratungen zugesagt. Dieses Jahr wird eine Entscheidung aber eher nicht mehr fallen. uk

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Ulrike Kiefert aus Mitte

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