Sanierung der Gedenkstätte war nötig
PVC-Beläge und Tapeten restauriert und Medieninseln eingerichtet
Sanierung und Umbauten in der Gedenkstätte Hohenschönhausen sind abgeschlossen.
Wie sie sich künftig Besuchern präsentiert, erläutern Direktor Dr. Helge Heidemeyer und Zeitzeuge Hans-Jochen Scheidler bei einem Rundgang durch die frühere Stasi-Untersuchungshaftanstalt. Zu den zentralen Aufgaben der Stiftung Berlin-Hohenschönhausen gehören der Erhalt und die Pflege der denkmalgeschützten Anlagen als historischer Ort der politischen Verfolgung, erläutert Direktor Heidemeyer. Dabei sei wichtig, dass der authentische Charakter bewahrt werde.
Mit der Sanierung und zurückhaltenden Umbauarbeiten sei dies auch gelungen, sagt Hans-Jochen Scheidler. Er führt normalerweise Besucher und Gruppen, was derzeit nicht möglich ist. Dabei kann er von seinen eigenen Erlebnissen berichten. 1968 wurde er als 24-Jähriger eingeliefert. Scheidler beabsichtigte, nach einem Physik-Studium eine Aspirantur an der Akademie der Wissenschaften in Prag aufzunehmen. Aus Protest gegen die Niederschlagung des Prager Frühlings verteilte er mit vier Freunden selbst hergestellte Flugzettel und wurde daraufhin verhaftet. „Ich wurden dann von der Polizeiwache in einem engen Gefängniswagen ohne Fenster in die Untersuchungshaftanstalt gefahren“, erinnert sich Scheidler. Solch ein Gefangenentransporter steht im sanierten Einlieferungsbereich, in dem Heidemeyer und Scheidler die Führung beginnen. Dabei handele es sich um den zweiten Bauabschnitt, schickt der Direktor voraus. Der erste war 2013 abgeschlossen worden. Seit 2019 galt es nun, den 1959/60 errichteten sogenannten neuen Zellentrakt auf Vordermann zu bringen. Dort befinden sich zirka 100 Gefängniszellen und 80 Vernehmungszimmer.
Für die Arbeiten stellten Bund und Land Berlin 8,7 Millionen Euro bereit. Etwa 2000 Besucher liefen in den vergangenen drei Jahrzehnten täglich über die Flure, betraten Zellen und Verhörräume. Sie hinterließen ihre Spuren auf dem PVC-Belag und an den Tapeten. Dass mit viel Sachverstand restauriert wurde, erläutert Direktor Heidemeyer beim Übergang in den ersten Flur. So wurden Tapeten von Fachleuten abgelöst, gereinigt und wieder aufgetragen. Der Fußboden wurde, wenn es nicht mehr anders ging, mit einem großen Flicken von einem ähnlichen PVC-Belag ausgebessert.
Hans-Jochen Scheidler ist froh, dass alles so authentisch wiederhergestellt wurde. Er berichtet beim Gang über den Flur, wie schikanös die Einlieferung ablief. „Das schlimmste für uns war die komplette Isolation“, erinnert er sich. „Es gab keinerlei Kontakt zu anderen Häftlingen.“ In einer Zelle zeigt er dann, dass es nicht mal Fenster gab, durch die man den Himmel sehen konnte, stattdessen lichtdurchlässige Glassteine.
Damit alle Bereiche barrierefrei erreicht werden können, ist ein Fahrstuhl eingebaut worden. Weiterhin wurde in Klimatisierung, Brandschutzanlagen, Möblierung und Restaurierung von Oberflächen aller Art investiert, berichtet Geertje Liebig, Referentin des Vorstands für Bau und Organisationsentwicklung. Außerdem sind einige Zellen zu Medieninseln umgestaltet worden. Dort können zum Beispiel Zeitzeugen, die durch die Gedenkstätte führen, Fotos präsentieren oder kurze filmische Interviews mit anderen Zeitzeugen abspielen.
In einem dieser Räume berichtet Hans-Jochen Scheidler, dass er sieben Monate in dieser Haftanstalt verbrachte. Nach seiner Verurteilung wegen „staatsfeindlicher Hetze“ wurde er ins Haftarbeitslager X gebracht, gleich neben der Untersuchungshaftanstalt. Im Dezember 1969 wurde er vorzeitig entlassen und arbeitete später als Techniker. Seit 2009 führt er Besuchsgruppen durch die Gedenkstätte. Denen erläutert er in einem der Räume auch, wie er verhört wurde. An einem Modell im Hof zeigen Scheidler und Heidemeyer dem Besucher dann noch, welche Ausdehnung der gesamte von der Stasi vereinnahmte Komplex hatte. Nach Abschluss der Sanierung hofft das Team der Gedenkstätte, dass es bald wieder viele Besucher empfangen kann.
Informationen auf www.stiftung-hsh.de
Autor:Bernd Wähner aus Pankow |
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