Baumfreund vor Gericht
Protest gegen Fällung einer Kastanie hatte juristisches Nachspiel

Christian Pitra am Rondell, auf dem die Kastanie stand. Er und die anderen Anwohner wünschen sich hier wieder einen Baum. | Foto: Bernd Wähner
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  • Christian Pitra am Rondell, auf dem die Kastanie stand. Er und die anderen Anwohner wünschen sich hier wieder einen Baum.
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Die unangekündigte Fällung einer etwa 100 Jahre alten Kastanie sorgte vor einem Jahr für viel Aufregung in der beschaulichen Straße Margaretenaue.

Anwohner protestierten und die Mitarbeiter der beauftragten Baumpflegefirma und des Straßen- und Grünflächenamtes (SGA) riefen angesichts der empörten Bürger die Polizei. Bis zu 17 Beamte sicherten schließlich die Fällung. Und gegen zwei besonders hartnäckige Demonstranten wurde sogar Strafanzeige erstattet, was ein gerichtliches Nachspiel zur Folge hatte.

Besonders gegen die Fällung der Kastanie, die die Margaretenaue prägte, engagierte sich Christian Pitra. „Ich wohne seit 40 Jahren hier. Dieser alte Baum lag mir sehr am Herzen“, sagt der Professor in Ruhestand. Deshalb diskutierte und fotografierte er besonders viel, als die Arbeiter am 29. Januar 2018 mit ihrer Kettensäge anrückten. Vor dem Amtsgericht Tiergarten sollte er sich nun gemeinsam mit einer Mitstreiterin wegen „Behinderung von Baumarbeiten und Nötigung“ verantworten.

Dass die Kastanie gefällt wird, legte das SGA nach einer Kontrolle des Baumes fest. „In Folge eines durchgehenden vertikalen Risses“ habe der Baum keine Standfestigkeit mehr und drohte auseinanderzubrechen. Das teilte das SGA später den Anwohnern mit. Wegen starker Bruchgefahr bestehe „Gefahr im Verzug“, und deshalb musste der Baum umgehend gefällt werden.

Die Anwohner sahen das jedoch anders. „Bei diesem Riss handelte es sich unserer Meinung nach um einen früheren oberflächlichen Frostriss, der bereits überwucherte“, sagt Christian Pitra. „Also keine Gefahr. Dass dieser Riss durch den gesamten Baum gehen sollte, konnten wir einfach nicht glauben. Aber unser Einwand wurde kategorisch abgewiesen.“

Dass es tatsächlich zu einer Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht Tiergarten wegen Nötigung kommen würde, hätte vor einem Jahr allerdings keiner der Beteiligten gedacht. Doch Christian Pitra und seine Nachbarin kamen gut vorbereitet in den Gerichtssaal. 26 Nachbarn unterstützten sie „als solidarische Prozessbegleitung“.

Die beiden Angeklagten wurden nach der Beweisaufnahme in allen Punkten entlastet, unter anderem weil das Gericht einiges am Ablauf der Geschehnisse „merkwürdig“ fand. Ein Beispiel: Wenn der Baum gefällt wurde, weil „Gefahr in Verzug“ war, hätte der Bereich um die Kastanie aus Sicherheitsgründen zumindest mit Flatterband weiträumig abgesperrt gewesen sein müssen. Aber das war nicht der Fall.

Der Baumstumpf auf dem Rondell, auf dem die Kastanie stand, ist inzwischen übrigens gerodet. Doch kahl soll es nach Auffassung der Anwohner nicht bleiben. Einer der jungen Anwohner habe sich inzwischen im Namen weiterer 46 Anwohner an Stadtentwicklungsstadtrat Vollrad Kuhn (Bündnis 90/Die Grünen) gewandt, berichtet Christian Pitra. Man wünsche sich dort wieder einen Baum.

Das Bezirksamt argumentierte bisher, dass das nicht möglich sei, weil unter dem Rondell ein Abwasserschacht und ein Abwasserkanal verliefen. Aber laut Senatsumweltverwaltung sei das doch möglich, wenn der Baum in mindestens einem Meter Abstand zu den Leitungen gepflanzt werde. Bisher kann sich das Bezirksamt allerdings nur vorstellen, auf dem Rondell einen Strauch zu pflanzen. Die Anwohner wollen aber weiter für ihren Baum kämpfen.

Autor:

Bernd Wähner aus Pankow

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