Bürgerrat will Demokratie leben
Ein Bürgerbeteiligungsverfahren aus Vorarlberg macht im Kiez Schule

"Wir sind die Gründertanten": Katharina Hübl und Uta Claus. | Foto: KEN
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Vor etwa drei Jahren kamen Uta Claus und Katharina Hübl zu dem Schluss: „Wir müssen etwas machen, um das zerbrechliche Gut Demokratie zu retten.“ Sie riefen „Nur Mut“ ins Leben. Erstes Projekt der Initiative von fünf Friedenauern ist der Bürgerrat (BR).

Seinen Ursprung hat dieser Bürgerrat, ein Beteiligungsverfahren, im österreichischen Vorarlberg. Dort ist es sehr erfolgreich. „Der Rat besteht aus einer Gruppe von zwölf bis 15 Personen, die per Zufallsauswahl und quer durch alle Alters-, Bildungs- und Berufsschichten aus dem Melderegister bestimmt und von der Verwaltung angeschrieben wird“, erläutern Claus und Hübl im Gespräch mit der Berliner Woche. Die Teilnahme sei freiwillig.

Uta Claus und Katharina Hübl betonen, dass sie sich mit ihrem Projekt des Bürgerrats abgrenzen wollen gegen Bürgerinitiativen und Volksbegehren, „wo alle Grautöne und Kompetenzen der Bürger unter den Tisch fallen“, sagt Uta Claus. Ein Bürgerrat sei ein Stück Politikbildung und ein Modell der Kooperation mit Politik und Verwaltung.

Ein Bürgerrat tage ein Wochenende in Klausur zu einem bestimmten Thema, so die ehemalige ZDF-Journalistin Claus und die Psychologin Hübl. Die Aufgabe: gemeinsam Lösungs- und Verbesserungsvorschläge für ein Problem zu erarbeiten. In Friedenau hätten sich schon Themen herauskristallisiert, die den Menschen auf den Nägeln brennen: Leerstand, bezahlbares Wohnen, Wohnen im Alter, Gentrifizierung oder die Angst, dass die Lebensqualität im Kiez sinkt.

In diesem Jahr soll der erste Bürgerrat stattfinden. Im Bezirksamt, insbesondere bei Bürgermeisterin Angelika Schöttler (SPD) und bei Christine Fidancan, Leiterin des Ehrenamtsbürost, hat „Nur Mut“ offene Türen eingerannt. Bürgermeisterin Schöttler sitzt noch das Scheitern des Bürgerhaushalts in den Knochen.

Eine Projektgruppe, die den Bürgerrat vorbereiten soll, hat sich inzwischen formiert und sich an verschiedenen öffentlichen Orten in Friedenau bekannt gemacht. Zur Projektgruppe gehören neben den fünf Frauen auch Bürgermeisterin Schöttler und Christine Fidacan, der SPD-Fraktionschef in der BVV, Jan Rauchfuß, die grüne Verordnete Annabelle Wolfsturm und Politikberater Daniel Oppold.

Besonders wichtig ist Uta Claus und Katharina Hübl, sich nicht von der Politik vereinnahmen zu lassen. Hat der Bürgerrat zu einem bestimmten Thema getagt, soll er das Ergebnis in einem „Bürgercafé“ möglichst vielen Menschen bekanntmachen und zum Mitdiskutieren einladen. „Die Lösungsvorschläge gehen an Politik und Verwaltung. Diese müssen sich zur (teilweisen) Umsetzung verpflichten“, sagt Uta Claus. Vor sechs Wochen hat „Nur Mut“ noch einen Freundeskreis „BürgerInnenräte Friedenau“ mit rund 70 Mitgliedern gegründet. Am 11. April soll dessen erstes Treffen stattfinden. Alle Informationen können unter info@nur-mut.org erfragt werden. Eine Webseite ist im Aufbau.

Autor:

Karen Noetzel aus Schöneberg

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