Ehepaar muss raus: Weiterer Kündigungsfall in der Wohnsiedlung Hakenfelde

Erich und Ulrike Wettwer vor ihrer Gartenlaube. Seit 16 Jahren haben sie die Parzelle. | Foto: Ulrike Kiefert
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Hakenfelde. Wieder ist einem Ehepaar in der Wohnsiedlung Hakenfelde gekündigt worden. Weil sie umgezogen sind, sollen die Wettwers ihre Parzelle räumen. Dabei prüft das Denkmalamt gerade den Schutzstatus für die Laube.

Es ist der letzte Sommer, den Erich und Ulrike Wettwer auf ihrer Wochenendparzelle mit dem roten Holzhäuschen und blühendem Garten verbringen. Denn mit der Havel-Idylle ist es bald vorbei. Die Liegenschaftsverwaltung des Bezirksamtes hat dem Professor und seiner Frau gekündigt. Bis zum 31. Dezember müssen die Einzelmieter das Grundstück am Elkartweg 10, Parzelle 41, geräumt und gesäubert übergeben haben. In wenigen Monaten also soll das Ehepaar sein Häuschen abreißen und sämtliche Leitungen für Strom, Wasser und Gas „zurückbauen“.

Was den Wettwers zum „Verhängnis“ wurde, mutet ebenso bizarr an wie der Fall des benachbarten Rentner-Ehepaars Röckendorf, dem wie berichtet 2013 gekündigt worden war. Die Wettwers hatten dem Liegenschaftsamt vorschriftsmäßig ihren Wohnortwechsel gemeldet. Bis Anfang 2016 lebten sie in Dresden und zogen dann nach Essen um. „Daran störte sich offenbar das Amt“, sagt Erich Wettwer, „und kündigte uns.“ Denn der zuständige Rathausbeamte zweifelte an, dass das Ehepaar die Parzelle vom 520 Kilometer entfernten Essen aus noch bewirtschaften könne. Was die Wettwers verdutzte. „Dresden liegt 200 Kilometer entfernt, damit hatte das Amt doch auch kein Problem“, sagt Ulrike Mangold-Wettwer. Die beiden versicherten, das Grundstück auch von Essen aus ordentlich pflegen zu können. Für den Notfall hätte eine Nachbarin den Schlüssel.

Doch der Sachbearbeiter akzeptierte das nicht und hielt ein neues Argument dagegen. Ziel des Landes Berlin sei nicht, seine Gartengrundstücke als „billige Ferienwohnungen“ vorzuhalten. Was die Wettwers als dreiste Unterstellung empfanden. Schließlich hätten sie rund 15.000 Euro in das Grundstück investiert und 7500 Euro als Sicherheitsleistung hinterlegt. „Außerdem haben wir Fixkosten von 2000 Euro im Jahr. Da ist ein Hotel preiswerter“, sagt Erich Wettwer, der mit seiner Frau im Schnitt drei Monate im Jahr auf der Parzelle verbringt.

Der Sachbearbeiter kam den Wettwers zunächst entgegen und bot an, das Grundstück erst Ende 2019 zu räumen, obwohl der Mietvertrag zum Jahresende kündbar ist. Die Eheleute aber schlugen das „großzügige Angebot“ aus, sie wollten wenigstens noch fünf Jahre bleiben. Als sie dann aus dem Urlaub zurückkehrten, lag mit Datum vom 27. Juli die Kündigung zum Ende des Jahres samt Abrissforderung im Briefkasten. Gründe gab das Amt nicht an, was laut Mietvertrag auch nicht nötig ist. Jedoch hatte das Landesdenkmalamt Berlin der Liegenschaftsverwaltung da schon längst mitgeteilt, „dass der Denkmalwert der Wochenendlaube derzeit geprüft wird“ und das „betreffende Gebäude mindestens bis zum Abschluss der Prüfung erhalten bleiben“ muss. Man könne aber schon jetzt eine „sozialgeschichtliche Bedeutung des 1935 errichteten und 1949 zu einer Notwohnung erweiterten Gebäudes“ feststellen.

Erich Wettwer hatten die Laube 1989 von seiner Mutter geerbt und 2001 von einer Nichte übernommen. Zwei Frauen hatten sie 1935 als Doppellaube gebaut, später wurde sie als siedlungstypisches Nachkriegsbehelfsheim auf etwa 65 Quadratmeter erweitert. Für Wochenendhäuser sind heute nur noch 45 Quadratmeter zulässig. Auch eine Brandschutzmauer fehlt, weshalb die Baugenehmigung plötzlich nicht mehr gültig sein soll und die Laube abgerissen werden muss. „68 Jahre lang ist die Baugenehmigung amtlich nicht beanstandet worden“, ärgert sich Ehefrau Ulrike, „und jetzt werden wir dafür verantwortlich gemacht.“

Familie Röckendorf zahlt 23.000 Euro für den Abriss

Die Wettwers sind nicht der erste Konfliktfall in der Wohnsiedlung Hakenfelde. Einige Parzellen weiter steht im Elkartweg das „Haus der Schande“. Dort hatten die Röckendorfs ihre Laube, bis sie vom Bezirksamt rausgeklagt wurden und 23.000 Euro für den Abriss abzahlen müssen. Seitdem verkommen Haus und Garten. „Einen zweiten Fall Röckendorf darf es nicht geben“, sagt Jürgen Kessling. „Willkür und Gutsherrenart müssen ein Ende haben.“ Kessling, einst SPD-Bezirksverordneter und heute Vorsitzender der Wählerinitiative soziales Spandau (WisS), hatte sich damals für die Röckendorfs eingesetzt und jetzt auch den Fall Wettwer öffentlich gemacht.

In der Wohnsiedlung Hakenfelde kämpfen die rund 350 Siedler und Einzelmieter seit Jahren mit dem Bezirksamt vergeblich um neue, langfristige Verträge. Auch Spandauer Politiker und Bezirksverordnete sagten ihre Unterstützung zu – bisher ohne Ergebnis. Bei den Wettwers hat sich jetzt der CDU-Bundestagsabgeordnete Kai Wegner angekündigt. Viel Hoffnung auf eine Rücknahme der Kündigung hat das Ehepaar jedoch nicht. „Aber vielleicht gibt unser Fall Politikern den Anstoß, sich für Regelungen einzusetzen, die für alle Mieter hier nachvollziehbar sind“, sagt Erich Wettwers. Denn Entscheidungen nach Gutdünken seien niemandem zu vermitteln. uk

Autor:

Ulrike Kiefert aus Mitte

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