Von Chrotta bis Psalter: Bei Klang-Holz lebt altes Handwerk wieder auf

Die Chrotta ist aus der Lyra entstanden, die als heidnisches Instrument galt. | Foto: Ulrike Kiefert
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Haselhorst. Seit 20 Jahren bringt der Verein Klang-Holz Holz zum Klingen. Denn in der Werkstatt auf der Zitadelle Spandau werden Musikinstrumente entwickelt, gebaut und repariert.

Jedes Instrument besitzt seinen eigenen Charakter. Doch bevor ein Ton erklingt und eine Melodie gespielt wird, braucht das Instrument seine individuelle Form. Die bekommt es von den Instrumentenbauern aus der Werkstatt von Klang-Holz. Mit Hobel, Säge, Feile und Sandpapier bearbeiten sie das Holz, bis ein ungewöhnliches Einzelstück entsteht. Denn bei Klang-Holz werden Saiteninstrumente gebaut, deren Wurzeln Jahrhunderte zurückreichen. Wie die Chrotta, Lyra, Psalter, Dulcimer oder die Kithara zum Beispiel.

Die Instrumente mit den eigentümlichen Namen sind in den Räumen des Vereins ausgestellt. Sie hängen an der Decke oder an der Wand, riechen nach Holz und wecken sofort den Wunsch, mehr über ihre Entstehung wissen zu wollen. „Das ist kein Problem“, sagt Nadya Dittmar, Geschäftsführerin des Vereins mit Sitz auf der Zitadelle Spandau. „Wer eins haben möchte, muss allerdings selbst anpacken.“ Denn bei Klang-Holz werden keine Instrumente verkauft, man darf sie selber bauen. Manche schreckt das ab, sagt Nadya Dittmar. Aber selbst mit zwei linken Händen habe schon jeder sein Instrument fertig bekommen. Denn in der Werkstatt, die Norbert Dobisch 1992 gründete, wird keiner allein gelassen. Und jeder kann sein Bautempo selbst bestimmen. „In unseren Kursen geht es nicht darum, ein Instrument zu bauen, weil das billiger ist als neu zu kaufen. Hier geht es um die Intimität zum Instrument, es mit den eigenen Händen zu erschaffen.“ Und wer sein Instrument fertig hat, bleibt dem Verein oft auch danach erhalten, etwa wenn er sich einer der vielen Musikgruppen anschließt, die es bei Klang-Holz gibt. Gebaut werden aber nicht nur alte Instrumente. Auch für E-Gitarren gibt es einen Kurs.

Der Verein arbeitet außerdem alte und beschädigte Instrumente auf und spendet oder verleiht sie an Schulen oder Kitas, die sich solche Instrumente für den Musikunterricht oder eine Theateraufführung nicht leisten können. 60 bis 80 Schülergruppen kommen jährlich in die Werkstatt, um Klanghölzer oder Trommeln auszuprobieren. „Bei den Schulen kommen wir mit diesem Angebot gut an“, sagt Dittmar. Die nächste offene Werkstatt für Schüler ist wieder am 5. Januar ab 16 Uhr.

Nadya Dittmar kam 1998 zum Verein. Sie trommelt und spielt die Chrotta, eine Streichleier keltischer Barden im frühen Mittelalter. „Sie hat eine zusätzliche hohe Saite und meist nur einen Arm. So kann man die Chrotta wie eine Violine halten“, erklärt die 37-Jährige. Während ihres Studiums der Bildenden Kunst hat sich Nadya Dittmar eine Chrotta selbst gebaut. Rund 200 Arbeitsstunden investierte sie in ihre „Bastardfidel“. Zu den noch älteren Instrumenten gehören die römische Kithara und die achtseitige ägyptische Kastenlyra. Sie sind in den Vitrinen des Vereins zu bewundern.

Beim Verein Klang-Holz dreht sich seit mittlerweile 20 Jahren alles um die Musik. Seine Klubräume in den historischen Gemäuern der Zitadelle sind Werkstatt, Musikschule und Konzertsaal in einem. Der Verein arbeitet gemeinnützig und ist freier Träger der Jugendhilfe. Gefördert wird seine Arbeit über die ehrenamtliche Tätigkeit seiner rund 60 Mitglieder und über Projekte, die das Jobcenter fördert. uk

Jeden ersten Samstag im Monat wird im Klangholz-Café ab 16 Uhr Musik gemacht. Zuhörer sind immer willkommen. Nächster Termin ist am 7. Januar. Kontakt: Klang-Holz e.V., Haus 4 auf der Zitadelle Spandau, Am Juliusturm 64,  35 40 62 20.
Autor:

Ulrike Kiefert aus Mitte

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