Ein großes, geistliches Fest
Eckart Jendis aus Lichterfelde ist seit 1961 bei fast jedem Kirchentag dabei
Gerade ist Eckart Jendis mit der Aktion Sühnezeichen aus Polen zurückgekehrt. Und in wenigen Tagen hat der pensionierte Schulleiter aus Lichterfelde die nächste, für ihn bedeutsame Reise vor: zum Deutschen Evangelischen Kirchentag in Dortmund.
Eckart Jendis hat seit seiner Konfirmation, die er „bewusst mitgemacht“ habe, so gut wie keinen Kirchentag versäumt. Das mag an seiner Prägung durch die christlichen Pfadfinder liegen. Das Elternhaus in einer schleswig-holsteinischen Kleinstadt sei „der Kirche wohlgesonnen“, ihr jedoch eher „volkskirchlich“ verbunden gewesen, erinnert sich der heute 73-Jährige.
1961 wird Eckart Jendis konfirmiert. Seine Mutter begleitet ihn zum Kirchentag nach Berlin, „einem der wahrscheinlich kritischsten Punkte der Weltpolitik“ (Friedebert Lorenz) damals.
Dieses Gefühl, auf Kirchentagen immer auch am Puls der Zeit zu sein, hat Eckart Jendis in all den Jahrzehnten nie verlassen. Jendis nennt als Wegmarke den Kirchentag im Jahr 1965 in Köln. Er erlebt das erste „politische Nachtgebet“: politische Information, Konfrontation mit biblischen Texten, Ansprache, Aufruf zum Handeln und Diskussion.
„Die Friedensbewegung war ganz stark auf dem Kirchentag“, erinnert sich der studierte Kirchenmusiker und Lehrer an das Treffen 1967. Der Kirchentag habe sich klar gegen die USA und den Vietnamkrieg positioniert. Es habe spontane Demonstrationen gegeben.
Der evangelische Kirchentag, das ist dieses „große, geistliche Fest“, das den Lichterfelder immerfort begeistert und bewegt. Auf dem 100 000 Menschen zusammenkommen, um zu beten, zu singen, zu diskutieren und zu feiern. Ohne „Dreck zu machen“, „frei von jeglicher Unkultur“. Der Kirchentag sei die einzige Großveranstaltung in Europa, die ökologisch ausgerichtet sei, so Eckart Jendis.
Eckart Jendis ist nicht allein Besucher von Kirchentagen. Er hilft auch mit, sie vorzubereiten. Für den Kirchentag 2017 in Berlin engagierte er sich als Kirchentagsbeauftragter der Paulusgemeinde und beteiligte sich an der „Betten-Kampagne“. Er habe im eisigen Januar am Teltower Damm gestanden und Passanten gefragt, ob sie Kirchentags-Gäste aufnehmen wollten. „Wir ziehen in die Stadt ein, wohnen privat, diejenigen, die einen Schlafplatz anbieten, rücken zusammen. Das ist ein heute fantastischer, seltener Vorgang.“
Dieses Mal sitzt der frühere Leiter der Evangelischen Schule Charlottenburg im Landesausschuss des Deutschen Evangelischen Kirchentages Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz. „Wir transportieren die Vorhaben des Kirchentages in die örtlichen Kirchengemeinden und in die Landeskirche.“
In Dortmund will Eckart Jendis überwiegend (gesellschafts-)politische Veranstaltungen besuchen. „Der Kirchentag kümmert sich um die brennendsten Themen unserer Zeit.“ Er gebe Signale, wenn er auch nicht immer Lösungen anbiete, wie etwa in der Frage, wie mit Rechtspopulisten umzugehen ist. Jendis treiben die Spaltung der Gesellschaft, die Verrohung der Sprache, die Zunahme von Ressentiments, Umwelt-, Klima- und Gerechtigkeitsfragen um. Er hoffe, sagt Jendis, „dass wir alle voneinander lernen, mit den Verwerfungen dieser Zeit positiv umzugehen“.
Es gelte, wieder Vertrauen aufzubauen. Vertrauen sei ein altmodisches Wort. „Es muss wieder modern werden. Mit frommen Sätzen und Gottesdiensten ist es nicht getan.“ Die Gesellschaft solle auf den Kirchentag hören und der Kirchentag auf die Gesellschaft. Auf dem 1. Ökumenischen Kirchentag 2003 in Berlin hat Eckart Jendis eine dreitägige Veranstaltung initiiert und geleitet, in der die Konfessionsschulen ihre Arbeit vorstellen konnten. Katholische Schulen, Jüdische Schulen, Evangelische Schulen und eine Islamische Schule feierten gemeinsam.
Autor:Karen Noetzel aus Schöneberg |
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