2000 Euro für eine Ohrfeige: Langericht stellte Verfahren gegen Lehrerin ein

Märkisches Viertel. Das Verfahren wegen Körperverletzung im Amt gegen eine ehemalige Lehrerin der Grundschule an der Peckwisch ist am 26. April vor dem Landgericht eingestellt worden – gegen Zahlung von 2000 Euro Geldbuße.

Die gerichtliche Auseinandersetzung hatte einen langen Vorlauf. Am 7. April 2014 hatte die mittlerweile frühpensionierte Lehrerin mit rund 20 Viertklässlern einen Ausflug in die Jugendverkehrsschule des Märkischen Viertels unternommen. Auf dem Rückweg lief dieser aus dem Ruder, vielleicht auch, weil bei solchen Ausflügen mit entsprechender Zahl an Schülern eigentlich zwei Aufsichtspersonen hätten dabei sein müssen.

Die Schüler spielten Fangen, tobten herum, und liefen Gefahr, auf den viel befahrenen Wilhelmsruher Damm zu geraten. Die Lehrerin packte dabei einen Zehnjährigen, der sie daraufhin anrülpste. Laut Darstellung der Mutter des Jungen war dies keine Aggression gegen die Lehrerin, sondern der Tatsache geschuldet, dass die Kinder kurz zuvor einen toten Vogel gesehen hatten.

Angeblich ohrfeigte die Lehrerin das Kind – so schildert es das Kind selbst, und zudem ein weiterer Klassenkamerad. Die Lehrerin wiederum sagte aus, das Kind nur versehentlich berührt zu haben. Das Amtsgericht Tiergarten glaubte den Kindern, nach der Anzeige der Mutter des Jungen gegen die Lehrerin wegen Körperverletzung im Amt in der Verhandlung am 23. Oktober 2014. Der Richter verurteilte die Lehrerin zu 90 Tagessätzen zu je 66 Euro. Dagegen ging die Lehrerin in Berufung.

Überforderungssituation lag vor

Die eigentliche öffentliche Verhandlung vor dem Landgericht am 26. April 2016 dauerte dann nur wenige Minuten. Sogar der Staatsanwalt plädierte für die Einstellung gegen die Zahlung der 2000 Euro, was die Lehrerin akzeptierte. Der betroffene Junge und sein Mitschüler wurden als Zeugen nicht mehr benötigt. Die Richterin betonte, den Rechtsfrieden wieder herstellen zu wollen, billigte der Lehrerin eine „Überforderungssituation“ zu und sagte in Richtung der als Nebenklägerin anwesenden Mutter, man solle die „Kirche im Dorf lassen“. Die Entscheidung des Landgerichts ist juristisch nicht mehr angreifbar.

Die Mutter reagierte empört auf die Gerichtsentscheidung: „Wenn ich mein Kind schlagen würde, würde sich sofort das Jugendamt einschalten.“ Auch der Einzelverordnete Michael Schulz (Graue Panther) kann die Entscheidung des Landgerichts nicht nachvollziehen: „Das ist ein Freifahrtschein für alle Lehrer, denen die Hand ausrutscht.“ Schulz hatte nach dem Vorfall 2014 eine Kleine Anfrage zu Gewalt an Reinickendorfer Schulen an das Bezirksamt gestellt. So gab es offiziell im Schuljahr 2012/13 insgesamt 124 Gewaltmeldungen. Der Hauptanteil betraf offenbar Gewalt unter Schülern. In 22 Fällen ging es um Gewalt gegen Lehrkräfte, in drei Fällen um Gewalt durch Schulfremde und in einem Fall um Gewalt durch Lehrkräfte gegen Schüler. CS

Autor:

Christian Schindler aus Reinickendorf

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