Tiergarten. Zwei Städte, zwei architektonische Konzepte, ein gemeinsames Versprechen: Die Zukunft sollte in den Jahren nach dem Krieg in beiden Teilen Berlins besser sein als die Gegenwart - und natürlich als die Vergangenheit. Ein neuer Architekturführer von Wissenschaftlern der Technischen Universität (TU) zeigt, wie diese Fortschrittsgläubigkeit das Berliner Baugeschehen jahrzehntelang geprägt hat.
Bei einem Architekturführer zur Nachkriegsmoderne in Berlin kommt dem Alt-Bezirk Tiergarten freilich eine besondere Position zu. Allein die Fülle bedeutender Bauten im Hansaviertel, das zur Internationalen Bauausstellung (Interbau) 1957 neu errichtet worden war, hebt die Kieze rund um den Großen Tiergarten heraus. Als Gegenprojekt zu den Bauten an der heutigen Karl-Marx-Allee im Ostteil der Stadt sollte das neue Viertel mit den locker verteilten, modernen Bauten rund um den Hansaplatz den propagierten Drang zur Freiheit und den Anschluss an eine internationale Moderne ausdrücken. Der neue Architekturführer, den die TU-Professoren Adrian von Buttlar, Kerstin Wittmann-Englert und Gabi Dolff-Bonekämper gerade herausgegeben haben, würdigt das Viertel deshalb auch mit über zehn Seiten.
Doch auch sonst macht die Auswahl in dem fast 450 Seiten starken Buch deutlich, dass es in Tiergarten einiges aus der Zeit zwischen 1949 und 1979 zu entdecken gibt. Die drei Jahrzehnte stecken einen Zeitraum ab, zu dessen Beginn die Teilung der Stadt durch die Staatsgründungen von Bundesrepublik und DDR manifestiert worden war. Der Zeitraum endet mit dem Beginn der Planungen für die zweite Internationale Bauausstellung in Westberlin (IBA), mit der die Abkehr von modernen Architekturidealen verbunden wird. Die aufgeführten Bauten sind unterteilt in Kategorien wie "Religionsbauten", "Bauten der Kultur", "Verkehrsbauten" oder "Einfamilienhäuser". Im hinteren Teil des Buchs kann sich der Leser an Kartenausschnitten individuelle Architekturspaziergänge zusammenstellen.
Für Tiergarten sei die Wiederentdeckung der "Ränder" des Hansaviertels empfohlen. Hier gibt es beispielsweise die Hansaschule von Bruno Grimmek zu entdecken. Oder das "Stahlversuchshaus" von Jochen Brandi und Stefan Polonyi am Schleswiger Ufer: Die Wände des weitgehend industriell vorgefertigten Baus sind leicht versetzbar und sollten prototypischen Charakter für variable Wohnformen der Zukunft haben. Hinzuweisen ist auch auf den ehemaligen Berlin-Pavillon - heute ein Fast-Food-Restaurant - direkt am S-Bahnhof Tiergarten. Während der Bauausstellung 1957 konnten sich die Besucher hier über die "Stadt von morgen" informieren. Was damals noch als Zukunftsvision präsentiert wurde, ist nun als abgeschlossene - und freilich höchst umstrittene - Epoche der Architekturgeschichte mit dem frischen Buch neu zu entdecken.
Der Architekturführer "Baukunst der Nachkriegsmoderne" ist im Reimer-Verlag erschienen und kostet 29,95 Euro.
Ralf Liptau / flip
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