Filmmuseum ehrt vom Naziregime verfolgte Künstler

Plakatsäulen vor dem Filmmuseum und an anderen Orten in der Stadt berichten über den Verlust, den das kulturelle Leben nach 1933 erlitt. | Foto: Caspar
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Tiergarten. Unmittelbar nach der Errichtung der NS-Diktatur wurde das Kultur- und Geistesleben in Deutschland "gleichgeschaltet". Jüdische und andere als politisch "missliebig" eingestufte Künstler und Wissenschaftler verloren ihre Arbeit und vielfach auch ihr Leben. Die Tragödien, die vor 80 Jahren ihren Anfang nahmen, werden im Museum für Film und Fernsehen an der Potsdamer Straße eindrucksvoll für Schauspiel und Film nachgezeichnet.

Gezeigt werden in der Dauerausstellung historische Plakate, Fotografien, Briefe und Dokumente, aber auch Kostüme und Aufnahmegeräte, und es werden mit Filmausschnitten und Selbstzeugnissen Protagonisten des deutschen und internationalen Films vor und nach 1933 geehrt. Da viele von ihnen Juden waren und sich auch schon vor Hitlers Machtergreifung kritisch über die nationalsozialistische Bewegung geäußert hatten, verloren sie ihre Arbeit und nicht selten auch ihr Leben. Wer konnte, verließ Nazideutschland. Manchen machte das Regime Avancen, doch ließen diese sich wie Marlene Dietrich auf Verlockungen von Propagandaminister Joseph Goebbels nicht ein.Auch andere Künstler bewahrten sehr Distanz zu den braunen Machthabern, während sich jedoch die Mehrheit allzu willig vor deren Karren spannen ließ und im Zeichen des Hakenkreuzes Karriere machte. Eines der bekanntesten Opfer war der in der Weimarer Republik gefeierte Schauspieler, Regisseur und Kabarettist Kurt Gerron.

Weil er Jude war, seine Arbeit verloren hatte und um sein Leben fürchten musste, ging er ins niederländische Exil, wo er weiter als Filmemacher tätig war. Er geriet nach Kriegsbeginn in die Fänge der Gestapo und wurde nach Westerbork gebracht, in das Konzentrations- und Durchgangslager auf dem Weg nach Auschwitz. Wie beim Rundgang durch das Filmmuseum zu erfahren ist, wurde Gerron von der SS gezwungen, mit jüdischen Mitgefangenen den pseudo-dokumentarischen Film "Theresienstadt" zu drehen. Später unter dem Namen "Der Führer schenkt den Juden eine Stadt" bekannt geworden, spiegelt der Streifen friedliches und fröhliches Zusammenleben im Getto vor, doch war jede Szene eine Lüge. Noch vor dem Ende der Dreharbeiten wurde Gerron mit weiteren Gefangenen nach Auschwitz deportiert und dort am 28. Oktober 1944 ermordet. Gerron hoffte vergeblich, dass ihn und seine Darsteller die Mitwirkung an diesem Film vor der Deportation ins Vernichtungslager bewahren würde.

Das Museum für Film und Fernsehen ist dienstags bis sonntags von 10 bis 18 Uhr und donnerstags bis 20 Uhr geöffnet. Die Tageskarte kostet sieben, ermäßigt fünf Euro. Freier Eintritt ist immer am Donnerstag von 16 bis 20 Uhr. Weitere Infos im Internet auf deutsche-kinemathek.de.
Helmut Caspar / HC
Autor:

Helmut Caspar aus Mitte

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