Wenn jeder Handgriff sitzen muss: DLRG übt Eisrettung aus Scharfer Lanke
Wilhelmstadt. Wenn ein Mensch ins Eis einbricht, zählt jede Sekunde. Die DLRG hat an der Scharfen Lanke den Ernstfall geprobt.
Einige Meter vom Ufer entfernt, ragt der Kopf eines Mannes aus dem Wasser. Um ihn herum ist der See teils noch zugefroren. Mit den Armen versucht er sich am Eis festzuhalten, rutscht aber immer wieder ab. Dann naht die Rettung. Zwei Männer in Orange robben von einem Steg aus vorsichtig auf allen Vieren auf die spiegelglatte Fläche hinaus. Mit einem Spineboard, einem speziellen Tragebrett, ziehen sie den Verunglückten über das Eis. Jeder Handgriff muss sitzen, denn Sekunden entscheiden im kalten Wasser über Leben und Tod.
Als Lennhart Ritz gerettet ist, wird klar, der Verunfallte war freiwillig im Wasser. Der 20-Jährige trägt wie seine Retter einen Überlebensanzug, der ihn gegen Kälte und Nässe schützt und ist mit einer Sicherungsleine fixiert. Die DLRG Berlin hat an der Scharfen Lanke den Ernstfall geübt. Deshalb sind am Sonntagmorgen ein Dutzend Einsatzkräfte zur Wasserrettungswache am Pichelssee 20-21 gekommen, um die Rettung von Personen zu proben, die ins Eis eingebrochen sind. „Im Ernstfall wäre ein Mensch schon nach wenigen Minuten so unterkühlt, dass er es selbst nicht mehr aus dem Wasser schafft“, sagt Frank Villmow, der die Rettungsübung leitet. „Es besteht also immer Lebensgefahr, wenn jemand ins Eis einbricht.“ Und das kann schnell passieren.
Zum Schlittschuhlaufen ist die Scharfe Lanke mit weniger als zehn Zentimetern Stärke bereits viel zu dünn. Mindestens 15 Zentimeter sollten es auf Seen schon sein. „Das Eis ist nicht überall gleich dick. Es sieht vielleicht tragfähig aus, ist es aber nicht. Und es taut jetzt schon überall“, warnt der stellvertretende Landeseinsatzleiter Michael Neiße. Raus aufs trügerische Eis sollte also niemand mehr. Beobachtet man, wie jemand im Eis einbricht, zuerst den Notruf 112 absetzen. Wer selbst einen Rettungsversuch unternimmt, sollte immer darauf achten, das Gewicht möglichst weit zu verteilen. „Zum Beispiel mit einem Schlitten, einer Leiter, Brettern oder einer Rettungsstange“, rät Michael Neiße. Auf Risse im Eis ist ebenso zu achten wie auf Knackgeräusche. Und: „Man sollte denselben Weg übers Eis zurückgehen."
Derweil muss Lennhart Ritz erneut ins Wasser. Denn die DLRG spielt gleich mehrere Rettungsszenarien durch: Ohne professionelles Gerät und mit Tauchern. Zunächst muss sich Lennhart Ritz selbst aus dem Wasser befreien, was ihm trotz Schutzanzug und Sicherungsleine nur mit Mühe gelingt. Dann sind die Taucher dran. Dabei kommt das neue „Tauchertelefon“ zum Einsatz. Der Paritätische Wohlfahrtsverband hat es den Berlinern gespendet. „In der Tauchermaske stecken ein Mikrofon, zwei Kopfhörer und der Kabelanschluss“, erklärt Sascha Ritter. Eine 50 Meter lange Telefonleine verbindet unter Wasser maximal zwei Taucher mit einem „Signalmann“ am Ufer. Die Taucher können unter Wasser jede Anweisung hören und über Wasser miteinander reden. „Das ist bei einer Bootsrettung sehr wichtig, wenn Vermisste gesucht werden“, sagt Sascha Ritter. Oder eine Person ins Eis einbricht und versinkt. uk
Autor:Ulrike Kiefert aus Mitte |
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