Bilderrahmung und Gemälderestaurierung
Zwei Werkstätten in einer

Michael Janowski, Anja Idehen
(Foto: Idehen/Janowski)
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  • Michael Janowski, Anja Idehen
    (Foto: Idehen/Janowski)
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Was tun, wenn man zu Hause ein liebgewonnenes Gemälde hat, das selbst oder dessen Rahmen im Laufe der Jahre aber Schaden genommen hat? Hier folgt ein Vorschlag.

Bilder in einem ‚rahmenlosen Bilderrahmen‘ an die Wand hängen, wie es die Werbung etwas widersprüchlich nennt? Da ist Michael Janowski anderer Meinung: „Die meisten Bilder brauchen einen Rahmen. Er schützt sie gegen ihre Umgebung, indem er dem Auge hilft, sich auf das Bild zu konzentrieren. Ins Bild reingezogen zu werden. Ohne Rahmen verschwimmt ein Bild in seiner Umgebung.“ Der das sagt, stellt Bildrahmen her; überprüfen Sie daher seine Aussage lieber einmal selbst.

Gemeinsame Werkstatt

Er und Anja Idehen, Gemälderestauratorin, betreiben seit gut einem Jahr zusammen eine Werkstatt mitten in Wilmersdorf, also nicht allzu weit von Friedenau. „Dort waren wir neun Jahre lang in einer gemeinsamen Werkstatt. Frau Idehen war 2012 zu mir gekommen und hatte nach einer möglichen Zusammenarbeit gefragt. Ich war gleichzeitig auf der Suche, da Kunden von mir sich nach Restaurationsmöglichkeiten von Gemälden erkundigt hatten. So stießen wir dann aufeinander.“
Wegen der steigenden Mietkosten in Friedenau war letztes Jahr die Suche nach einer neuen Werkstatt unausweichlich geworden. Schließlich fanden Michael Janowski und Anja Idehen diese Geschäftsräume, die seit Ende 2018 leerstanden (siehe dazu unten „Apropos Mietsteigerung im Gewerbe").

Gemälderestauration

Anja Idehen ist Diplom-Restauratorin. Seit 2012 stellt sie Gemälde wieder her. Das wird nötig, wenn der Firnis vergilbt oder die Oberfläche verschmutzt ist, wenn die Farbschicht rissig ist oder sich von der Leinwand löst oder die Leinwand selbst wellig und rissig ist. „Oder da ist ein Loch in der Leinwand, das geschlossen werden soll mit einer ‚Gewebeintarsie‘. Das ist ein Stück Leinwand, das genau passend zugeschnitten wird, und es muß auch eine Gewebestruktur haben, die der des Gemäldes selbst ähnlich ist. In schwierigen Fällen ist eine ‚Doublierung' nötig, wobei eine zweite Leinwand als Stütze auf die Rückseite der Originalleinwand geklebt wird. Die Reparatur ist gelungen, wenn die Intarsie so eingepaßt und farblich gestaltet ist, daß man den Unterschied zum Gemälde weder sehen noch fühlen kann. Das bedeutet viel Basteln.“ Anja Idehen findet es „toll, wenn Dinge wieder heil werden, wieder strahlen“. Daher habe sie ihre Website auch „Das Schöne bewahren“ genannt. Aber es gebe auch Kunden, die möchten, daß der Schaden erkennbar bleibt – vielleicht, weil sein Zustandekommen mit einer besonderen Erinnerung verbunden ist? Denn, wie sie ebenfalls sagt: „Jedes Bild hat seine Geschichte.“

Rahmenherstellung

Das gilt genauso für den Rahmen. „Auch der Rahmen eines Bildes hat seinen eigenen Wert. Wenn ein Kunde kommt und uns fragt, ob sich eine Reparatur lohnt, weil das Bild doch gar nicht wertvoll ist, oder ob man den beschädigten alten Rahmen nicht durch einen maschinengefertigten ersetzen könnte, dann frage ich zurück: Was bedeutet Ihnen eigentlich das Bild? Dann kommt vielleicht als Antwort: Das hing immer schon über dem Sofa. Es ist also oft der emotional Bezug, der Kunden hierher führt.“ Und den Unterschied zwischen modernen Industrierahmen und selbstgefertigten sieht Michael Janowski so: „Das ist, wie wenn man Laminat mit Echtholzfußboden vergleicht: Laminat ist nur das Foto vom echten Fußboden. So ist das auch mit handwerklich hergestellten Rahmen, sie sind nicht gleichförmig und strahlen daher Wärme aus.“
Was ist bei der Anfertigung eines Rahmens zu beachten? „Es ist letztlich das Bild, das entscheidet: über Form, Stil, Farbgebung und ob es hinter Glas soll. Manche Kunden haben eine klare Vorstellung, ansonsten …“ und zeigt dabei auf die Muster an der Wand. „Letztlich ist es eine Sache des Vertrauens in unsere handwerklichen Fähigkeiten.“

Handwerk

Überhaupt ist die Arbeit mit der Hand – also das Hand-Werk – für beide das, was sie an ihrem jeweiligen Beruf fasziniert – oder wie es Anja Idehen ausdrückt: „Man sieht am Ende des Tages, was man gemacht hat, das Tageswerk.“ Und fügt hinzu: „Es ist eindrucksvoll, was man aus Gemälden rausholen kann. Es ist toll, wenn die Kunden kommen und strahlen, wenn sie das Ergebnis sehen.“

Denkmalschutz

Neben der Arbeit an Gemälden ist Anja Idehen auch an der Renovierung von Gebäuden beteiligt. Unter den dort anfallenden Tätigkeiten geht es zum Beispiel darum, die ursprüngliche Farbgebung festzustellen. „Hat jemand ein denkmalgeschütztes Haus gekauft, verlangt die Untere Denkmalschutzbehörde, daß zumindest das ursprüngliche Farbkonzept dokumentiert wird. Das bedeutet, daß an verschiedenen Stellen mit dem Skalpell Farbschicht für Farbschicht freigelegt werden muß – und das kann auch schon mal ein Dutzend sein. Das ist total schwierig. Mit einem Farbfächer nach dem Natural Color System NCS werden dann die Farben identifiziert.“ Dieses System geht von den vier Grundfarben Gelb, Rot, Blau und Grün aus, ergänzt durch Weiß und Schwarz.

Faßmalerei und Vergoldung

Bei ihrer Suche nach der ursprünglichen Farbgebung einer Wandfläche könnte Anja Idehen etwa zum Ergebnis kommen, daß die Bemalung Marmor imitierte. ‚Marmormalerei' hat eine lange Tradition und war einmal ein eigener Beruf, der von ‚Faßmalern‘ ausgeübt wurde. Michael Janowski hat diesen Beruf erlernt. Neben Marmor werden auch Holz und Stein nachgeahmt. Diese Techniken waren besonders im Barock und Rokoko stark nachgefragt. Das einst von den Faßmalern auch ausgeübte Vergolden ist heutzutage jedoch ein eigener Beruf. Vergolden kommt bei der Herstellung von Bilderrahmen zur Anwendung. Bei der ‚Polimentvergoldung‘ werden auf das Holz des Rahmens zunächst mehrere sehr dünne Schichten von Kreidegrund sowie Erdpigmenten aufgetragen und diese fein geschliffen, um als Träger des Blattgoldes zu dienen. Die polierte Vergoldung kann dann noch bearbeitet werden, indem mittels eines stumpfen Nagels ein Muster in sie geschlagen wird (Punzierung) oder indem auf das Gold Farbe aufgetragen und entsprechend dem gewünschten Ornament stellenweise wieder abgeschabt wird (Radierung).

Die Kunden

Wer leistet sich solche Arbeiten? „Das sind vor allem Privatkunden“, erläutert Anja Idehen, „auch Vereine, die auf sich halten. Wir haben auch jüngere Kunden, aber die meisten sind über 50. Typisch ist, wenn sie sagen: ‚Jetzt sind die Kinder aus dem Haus, jetzt kann man Dinge angehen, die endlich mal gemacht werden müssen.‘ Es sind immer persönliche Geschichten: ‚Meine Oma ist gestorben, ich möchte einiges von ihr übernehmen.‘ Oder: ‚In diesem Zustand will ich es meinen Enkeln nicht überlassen.‘ Manche kommen auch, weil sie ein altes Stück verkaufen möchten, um es vorher noch auf Hochglanz bringen zu lassen.“ Michael Janowski ergänzt: „Es kann da schon mal vorkommen, daß es jemandem nur darum geht, etwas aufzuhübschen. Also Ausbesserungen mit Goldlack statt echter Vergoldung. Der Gegenstand soll etwas hergeben, aber gute Arbeit wäre das nicht.“
Nach allem Gesagten ist klar, daß das Michael Janowskis und Anja Idehens Vorstellung von befriedigendem Handwerk widersprechen muß.

Apropos Mietsteigerung im Gewerbe

Dort, wo Mitte 2020 diese Doppel-Werkstatt einzog, in diesen Räumlichkeiten mit den zwei großen Schaufenstern, verkaufte Wolf Zube dreizehn Jahre lang, bis 2018, Schallplatten aus Schellack und Vinyl, vorzugsweise klassische Musik. In den ersten Jahren betrieb er dort gleichzeitig ein Café. Unter den Besuchern befanden sich berühmte Dirigenten wie Herbert Blomstedt und Kurt Sanderling. Und auch der Name des Ladens, „Horenstein",  war eine Hommage an einen Dirigenten, an Jascha Horenstein.
Wolf Zube zog Ende 2018 dort aus, weil für ihn die Miete zu hoch geworden war. Er fand schließlich einen neuen Laden, über die Uhlandstraße hinweg,in der Nr. 11 derselben Straße, wo vorher ein Schmuckgeschäft gewesen war. Allerdings ist es dort enger, dunkler, und es gibt nur ein kleines Fenster zur Straße. Der Umzug trug zur weiteren Verschlechterung seiner Gesundheit bei; er starb im letzten Jahr.
Der Zufall wollte es also, daß hier ein Vorgang beobachtet werden kann, der sicher oftmals vorkommt: Der eine Betrieb muß ausziehen, weil er die steigende Miete nicht mehr bezahlen kann, und findet endlich neue Räume, die deshalb frei sind, weil ein anderer Betrieb ausziehen mußte, weil er ebenfalls die steigende Miete nicht mehr bezahlen konnte. Hier ist eine zunehmend dringende Aufgabe für den Gesetzgeber, kleine Gewerbe endlich besser vor Verdrängung zu schützen.

Dies ist die leicht gekürzte Fassung eines Berichtes, der zuerst im Heft Oktober/November 2021 von KiezWilmersdorf erschien.

Autor:

Michael Roeder aus Wilmersdorf

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