Mit Wallach Grasmus nach Paris
Vor 90 Jahren startete der Eiserne Gustav seine spektakuläre „Tour de France“

Gustav Hartmann wird bei der Rückkehr in Berlin begeistert empfangen.  | Foto: Bundesarchiv
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  • Gustav Hartmann wird bei der Rückkehr in Berlin begeistert empfangen.
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„Der älteste Fuhrherr von Wannsee, Gründer der Wannseedroschken, erlaubt sich mit der Droschke 120 die letzte Fahrt Berlin – Paris zu machen, da das Pferde-Material im Aussterbeetat steht.“ So lautete die Aufschrift auf der Droschke von Gustav Hartmann, bekannt als der Eiserne Gustav.

Vor 90 Jahren brach er zu seiner legendären Fahrt von Berlin nach Paris auf. Hartmann wollte mit dieser Aktion auf den Niedergang des Droschkengewerbes und die steigende Zahl von Autos aufmerksam machen.

Geboren 1859 in Magdeburg als Sohn eines Kutschers, absolvierte Gustav Theodor Andreas Hartmann zunächst eine Bäckerlehre, bevor es ihn nach Berlin zog. Dort eröffnete er einen Kolonialwarenladen, der aber ohne Erfolg blieb. Schließlich gründete er 1885 sein eigenes Fuhrunternehmen in Wannsee, die „Wannseedroschken“.

Schon vor seiner Fahrt nach Paris hatte er seinen Beinamen. Die Erklärung dafür stammt von seiner Enkelin Ursula Buchwitz-Wiebach: „Er stand immer am Bahnhof Wannsee mit seiner Kutsche. Und da hat man ihn schon den Eisernen Gustav genannt, weil er eisern auf den letzten Zug gewartet hat.“ Zu seiner Stammkundschaft gehörte der Maler Liebermann, der Bankier Oppenheim und der Industrielle Siemens.

Am Bahnhof Wannsee begegnete Hartmann auch einer Französin, hoch zu Ross. Auf seine Frage, wo sie denn herkomme, antwortete sie: „Aus Paris auf dem Pferd“. Seine Antwort soll gewesen sein: „Was eine Frau kann, das kann ich auch. Ich besuche Sie im nächsten Jahr.“

Am 2. April 1928 machte sich Hartmann auf zur 1000 Kilometer langen Reise – auf seiner Droschke, die vom Wallach Grasmus gezogen wurde. Mit dabei war der Zeitungsreporter Hans Hermann Theobald vom Ullstein-Verlag, der das Geschehen medienwirksam begleitete. Der Verlag sponserte das Unternehmen mit 1000 Mark.

Nach 165 Tagen, am 4. Juni, seinem 69. Geburtstag, kam er in der französischen Hauptstadt an, bejubelt von Menschenmassen. Hatte es in der Politik durch die beiden Außenminister Gustav Stresemann und Aristide Briand bereits Annäherungsversuche zwischen den „Erbfeinden“ Deutschland und Frankreich gegeben, waren die Folgen des Ersten Weltkrieges noch nicht überwunden. Hartmanns Aktion wurde als versöhnliche Geste empfunden. Die Kollegen in Paris ernannten den Eisernen Gustav zum Ehrendroschenkutscher. Auch bei der Rückkehr in Berlin am 12. September war die Begeisterung groß, rund 300 000 Fans warteten auf Hartmann, als er durchs Brandenburger Tor zog.

Mit dem Geld, das während der Reise zusammengekommen war, gründete er eine Stiftung für Hinterbliebene von im Dienst zu Tode gekommenen Droschkenfahrern. Trotzdem war er im Grunde kein Feind des neuen Verkehrsmittels Auto: Bereits 1928 besaß er zwei davon.

Gustav Hartmann starb am 23. Dezember 1938. Er wurde auf dem Alten Friedhof Wannsee bestattet. Der Schriftsteller Hans Fallada erzählte seine Geschichte – wenn auch nicht biographisch korrekt – in seinem 1938 veröffentlichten Roman „Der Eiserne Gustav“. Eine Verfilmung gab es mit Heinz Rühmann als Protagonisten, ebenso einen TV-Mehrteiler mit Gustav Knuth als Darsteller.

An den Eisernen Gustav erinnert in Wannsee eine Gedenktafel am Haus Alsenstraße 11. Von dort aus startete er die Fahrt nach Paris. An der Kreuzung Potsdamer Straße mit dem Landwehrkanal in Tiergarten steht seit 2000 ein Denkmal. Im Heimatmuseum Zehlendorf ist die Uniform des Kutschers ausgestellt, ebenso zu sehen ist ein gemaltes Porträt.

Autor:

Ulrike Martin aus Neukölln

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