Der Mut der Edith Wolff
Die einzige jüdische Jugenduntergrundgruppe wurde in Friedenau gegründet

Gedenktafel für Edith Wolff am Haus Bundesallee 79. | Foto: KEN
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  • Gedenktafel für Edith Wolff am Haus Bundesallee 79.
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In der heutigen Bundesallee 79 haben einst Menschen einen mutigen Plan gefasst und umgesetzt.

Edith Wolff und ihr Freund Jizchak Schwersenz, der damals schon untergetaucht war, gründen am 27. Februar 1943 in dem Wohnhaus die im Untergrund agierende Jugendgruppe Chug Chaluzi („Kreis der Pioniere“). Es ist eine zionistische Gruppe und die einzige Jugenduntergrundgruppe in Deutschland während der Naziherrschaft.

Über ein Jahr lang verstecken die Mitglieder von Chug Chaluzi Juden und andere politische Verfolgte, organisieren Lebensmittel und gefälschte Ausweise. Ziel ist es auch, Fluchtwege ins Ausland zu suchen und zu „widerstehen“, also eine Überlebensstrategie in der Illegalität zu finden bis zur Befreiung durch die Alliierten. Edith Wolff kann von 40 versteckten Kindern und Jugendlichen aus jüdischen Jugendbünden 33 retten.

Edith „Ewo“ Wolff, älteste von drei Schwestern, wird 1904 in Berlin geboren, evangelisch getauft und christlich erzogen. Nach dem Abitur 1925 studiert sie Philosophie, allerdings ohne Abschluss. 1933 bekennt sich Edith Wolff aus Protest gegen die Nazis zum jüdischen Glauben. Sie wird Mitglied im jüdischen Bund Blau-Weiß und eine überzeugte Pazifistin und Zionistin.

Nach den Rassengesetzen der braunen Machthaber ist sie eine „Geltungsjüdin“ und damit besonders gefährdet. Davon unbeeindruckt verfasst „Ewo“ anonym politische Schriften und verbreitet sie. Ihre Tante hat ihre Mitgliedskarte aus der jüdischen Gemeinde verschwinden lassen.

Über die Lehrerin, Dichterin und Widerstandskämpferin Recha Freier (1892-1984) kommt Edith Wolff 1937 zur Kinder- und Jugendalijah. Alijah bedeutet im Hebräischen Aufstieg. Sie organisiert die Einwanderung nach Palästina. Hier lernt sie den Lehrer Jizchak Schwersenz (1915-2005) kennen.

Schon 1941, als die ersten Deportationszüge aus Berlin abfahren, beginnt Edith Wolff, für Untergetauchte Lebensmittelkarten und Ausweispapiere zu beschaffen. Am 19. Juli 1943 wird sie von der Gestapo verhaftet. Ihre Tätigkeit bei Chug Chaluzi kann sie verbergen, nicht aber eine „Judenbegünstigung“, die Weitergabe von Lebensmittelkarten. Dafür wird sie zu zwei Jahren Gefängnis verurteilt. Die Rote Armee befreit Edith Wolff 1945, nachdem sie in 18 Zuchthäusern und Konzentrationslagern eingesessen hat. Über die Schweiz wandert Wolff 1953 gemeinsam mit Jizchak Schwersenz – der Freund kann bereits im Februar 1944 nach Zürich fliehen – nach Israel aus. Sie arbeitet in der Gedenkstätte Yad Vashem und setzt sich für die jüdisch-arabische Verständigung ein. Sie erhält die Verdienstmedaille des Bundesverdienstkreuzes. Edith Wolff stirbt am 28. Januar 1997 in Haifa. Im Frühjahr 2004 wird eine Gedenktafel für sie am Haus in der Bundesallee enthüllt.

Gedenktafel für Edith Wolff am Haus Bundesallee 79. | Foto: KEN
Edith Wolff in einer Zeichnung nach einem alten Foto. | Foto: KEN
Autor:

Karen Noetzel aus Schöneberg

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