Hoffnung auf einen Neuanfang
Nach Anschlag auf Bücherbox plant Initiative den Wiederaufbau

Mitten im idyllischen Grunewald wurde die beliebte Bücherbox bei einem Brandanschlag zerstört. Mit einer Mahnwache setzten Anwohner ein Zeichen gegen Antisemitismus.  | Foto:  K. Rabe
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  • Mitten im idyllischen Grunewald wurde die beliebte Bücherbox bei einem Brandanschlag zerstört. Mit einer Mahnwache setzten Anwohner ein Zeichen gegen Antisemitismus.
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Das sorgte in den vergangenen Tagen für Schlagzeilen: Die Gedenk-, Bücher- und Audiobox am S-Bahnhof Grunewald, unweit des Mahnmals Gleis 17, wurde durch einen antisemitisch motivierten Brandanschlag zerstört. Am vergangenen Sonntag wurde dort eine Mahnwache mit Musik und Lesung abgehalten.

Trotz brütender Hitze hatten sich rund 150 Menschen auf dem Vorplatz des Bahnhofes Grunewald eingefunden. Sie alle wollten ein Zeichen gegen Rassismus und Antisemitismus setzen und sich solidarisieren. Die Anwesenden waren auch eine Woche nach dem Anschlag fassungslos über die Tat. „Ich bin noch immer ganz durcheinander und kann nicht fassen, was passiert ist“, schildert eine Dame. Für sie und viele Anwohner war die Bücherbox nicht nur eine Straßenbibliothek, wo jeder Bücher tauschen konnte. Sie war auch so etwas wie ein Gedenkort. Denn viele der 300 verbrannten Bücher hatten inhaltliche Bezüge zum Mahnmal Gleis 17 und erinnerten an die Deportationen von tausenden jüdischen Mitbürgern in Konzentrations- und Arbeitslager, die von hier ausgingen.

Immer noch fassungslos ist auch Konrad Kutt, Erfinder der Bücherboxen. Vor 14 Jahren hatte Kutt das Projekt „Bücherboxx“ ins Leben gerufen. Ausgediente Telefonzellen wurden zu Büchertauschzentralen in vielen Berliner Kiezen umgestaltet. Die Bücherbox am Gleis 17 gab es seit 2012. Kutt erinnert sich an den 12. August, den Tag des Anschlags: „Ich habe gegen 9 Uhr auf dem Weg zum Bäcker die verkohlten Reste der Bücherbox gesehen. Völlig unvorbereitet. Ich habe geheult.“ Gegen 5 Uhr morgens hätte die Telefonzellen gebrannt. Die Feuerwehr konnte nichts mehr retten. 300 Bücher sind verbrannt. Dazu gab es eine Audiobox mit hebräischen Liedern und Ausschnitten der Eröffnungsrede der Nürnberger Prozesse. „Die Box war ein politischer Bildungsort“, sagt Kutt. Inzwischen wurde ein 63-Jähriger als Täter ermittelt und verhaftet.

An der durch einen Brandanschlag zerstörten Bücherbox am Bahnhof Grunewald trafen sich Bürger zu einer Mahnwache.  | Foto:  K. Rabe
  • An der durch einen Brandanschlag zerstörten Bücherbox am Bahnhof Grunewald trafen sich Bürger zu einer Mahnwache.
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Auch die SPD-Fraktion Charlottenburg-Wilmersdorf verurteilt den Brandanschlag. „Dass ein solcher Anschlag in unserem Bezirk gleich gegenüber des historischen Mahnmals Gleis 17 passiert, ist beschämend. Das Besondere an der Bücherbox in Grunewald ist, dass hier mindestens ein Regal für Bücher vorgesehen ist, die sich inhaltlich mit dem Mahnmal Gleis 17 und der Verfolgung von Jüdinnen und Juden während der Nazi-Diktatur auseinandersetzen“, erklärt die Fraktion. Claudia Buß, stellvertretende Fraktionsvorsitzende bekräftigt, dass ihre Fraktion den Spendenaufruf zur Erneuerung der verbrannten Bücherbox unterstütze.

Denn es soll eine neue Bücherbox an dieser Stelle geben. „Wir benötigen zirka 10.000 Euro“, sagt Konrad Kutt. Die neue Telefonzelle soll nach dem Vorbild der vernichteten gestaltet und ebenfalls mit hebräischen Schriftzügen versehen werden, mit denen auf das Mahnmal Gleis 17 hingewiesen wird.

Die Spendenbereitschaft ist groß und Konrad Kutt zuversichtlich, dass die nötige Summe schnell zusammenkommt und eine neue Bücherbox bald errichtet werden kann. Zunächst sollen die verkohlten Reste für ein paar Wochen bleiben, so Kutt. Als Mahnung.

Spenden für eine neue Bücherbox können entrichtet werden an das Konto der Europäischen Akademie Berlin, IBAN DE90 1009 0000 2112 1610 00, Stichwort: BücherboXX. Infos auch per E-Mail an konrad@kutt.de.

Autor:

Karla Rabe aus Steglitz

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