Länder legen Jugendarrest zusammen
Durch den Betrieb einer gemeinsamen Einrichtung sollen Synergieeffekte erzielt, Ressourcen besser genutzt und die Qualität der Arbeit insgesamt verbessert werden. Das haben Berlins Justizsenator Thomas Heilmann (CDU), und der Brandenburgische Justizminister Helmuth Markov (Die Linke) kürzlich bekanntgegeben. Danach soll der Vollzug des Arrests konsequent auf die Förderung der straffällig gewordenen Jugendlichen ausgerichtet und sozialpädagogisch ausgestaltet werden.
Beide Politiker zeigen sich überzeugt, dass der gemeinsame Betrieb schon 2016 aufgenommen werden könne. Justizminister Markov: "Eine gemeinsame Einrichtung hat für beide Seiten nur positive Auswirkungen. In der gemeinsamen Einrichtung kann aufgrund der größeren Zahl der Arrestierten ein differenzierteres und vielfältigeres Angebot an pädagogischen Maßnahmen unterbreitet werden. Aufgrund der zentralen Lage der Anstalt in Lichtenrade kann auch die Vernetzung mit Nachsorgeeinrichtungen im Land Brandenburg gut vorangetrieben werden. All dies wird zu Qualitätssteigerungen im Jugendarrest führen - bei zugleich in beiden Ländern sinkenden, weil geteilten Kosten." Sein Amtskollege Heilmann ergänzt: "Wir haben den Platz und Brandenburg hat den Bedarf. Da bietet sich schon aus rein pragmatischen Gesichtspunkten die jetzt vereinbarte Lösung an. Es gibt nicht nur finanzielle Synergien sondern auch die Chance, die Arbeit mit den straffällig gewordenen Jugendlichen noch besser auszudifferenzieren. Deshalb ist eine Zusammenlegung die einzig logische Konsequenz."
Der Berliner Jugendarrest wird seit März 2012 in Lichtenrade vollzogen. Die Anstalt hat 60 Einzelplätze, die jedoch nur zur Hälfte belegt sind. In Brandenburg wird der Jugendarrest derzeit in einer provisorischen Containeranlage betrieben. In Lichtenrade sind zunächst 40 Plätze für Berliner und 20 für Jugendliche aus Brandenburg vorgesehen.
Den Warnschuss verstehen
Jugendarrest wird oft mit Jugendstrafvollzug verwechselt. Beide Maßnahmen werden zwar von Jugendgerichtskammern verhängt, aber der Unterschied ist gewaltig. Der Arrest dauert mindestens zwei Tage und höchstens vier Wochen, Strafvollzug sechs Monate bis zehn Jahre. Der Vollzug des Jugendarrests gilt per Definition nicht als Strafe, sondern als eine Art Warnschuss oder "Zuchtmittel", wie die Experten sagen. Er soll dem Ziel dienen, auf die schiefe Bahn geratenen Jugendlichen das von ihnen begangene Unrecht und ihre Verantwortung hierfür bewusst zu machen und ihnen Hilfe für eine Lebensführung ohne Straftaten zu geben.
In der Beschreibung des Konzepts der Jugendarrestanstalt Berlin heißt es unter anderem: "Aufgrund der sehr kurzen Verweildauer steht von Beginn bis zum Ende des Arrests die zukunftsorientierte Ausrichtung der erzieherischen Arbeit im Mittelpunkt. Durch die pädagogische Ausgestaltung des Arrestalltags und die Vernetzung mit anderen Institutionen, wie Jugendgerichts- und Bewährungshilfe, Schulsozialarbeit, aber auch externen freien Trägern, kann die Übergangsbegleitung für den jungen Menschen intensiv genutzt werden. Kontakte für die Zeit nach dem Arrest werden hergestellt und Anlaufstellen mit individuellen Hilfs- und Betreuungsangeboten geschaffen."
Diese Grundsätze der Konzeption der Jugendarrestanstalt Berlin werden von Brandenburg geteilt, finden sich auch an etlichen Stellen des neuen Brandenburgischen Jugendarrestvollzugsgesetzes und erfüllen quasi die Voraussetzung für die länderübergreifende Fusion in Lichtenrade. Die Berliner Jugendarrestanstalt arbeitet nach der bundeseinheitlichen Jugendarrestvollzugsordnung und den bundesgesetzlichen Vorgaben. Aber inhaltlich stimmen das Brandenburgische Gesetz und die Berliner Konzeption größtenteils überein. In beiden Ländern handelt es sich bei den Jugendarrestanstalten um eigenständige Einrichtungen. Der Vollzug des Jugendarrests wird als stationäre Kurzzeitmaßnahme in die in beiden Ländern bestehenden ambulanten Hilfesysteme eingebunden, um einen nahtlosen Anschluss nachsorgender Maßnahmen zu ermöglichen. In den Jugendarrestanstalten beider Länder wird schon bisher zur Konfliktregelung und als Reaktion auf Pflichtverstöße auf pädagogische Gespräche und Maßnahmen sowie Angebote zur einvernehmlichen Streitbeilegung zurückgegriffen und weitestgehend auf Disziplinierungen und Hausstrafen verzichtet.
Doch wenn das alles nichts nützt, ist ein paar Gerichtsverhandlungen weiter die Jugendstrafanstalt die nächste Station.
Autor:Horst-Dieter Keitel aus Tempelhof |
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