Vom Sandmännchen bis zur Automarke
Kevin Bölling sammelt seit 30 Jahren Einkaufswagenchips – und er sucht ständig neue

Kevin Bölling schätzt an seinen Chips, dass sie problemlos in seiner Küche Platz finden. | Foto: Schilp
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Er fand die Idee großartig, als in den 1990er-Jahren die ersten Einkaufswagenchips auf den Markt kamen. Schließlich musste der Supermarktkunde nicht mehr ständig ein passendes Geldstück zur Hand haben. Doch der praktische Wert der runden Plättchen spielte für Kevin Bölling bald nur noch eine Nebenrolle. Er begann, sie zu sammeln.

Damals war er so um die 14 Jahre alt. Inzwischen nennt er rund 230 Exemplare sein Eigen, alle sind unterschiedlich. An zwei Pinnwänden in seiner Küche sind sie zu bewundern. Sein Erstling ist rot und steckt in einer grünen, mit einem Kleeblatt verzierten Halterung. Entdeckt hat Kevin ihn beim örtlichen Schlüsseldienst. Bölling hält ihn in Ehren. Zwar ruht er nicht, wie Dagobert Ducks heißgeliebter erster Taler, unter Glas, doch immerhin noch in seiner originalen Plastikverpackung.

Die Bremer Stadtmusikanten, Sylt und eine 20 für die Geburtstag von Kevin Bölling gehören zur Kollektion.
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Waren die Chips anfangs aus Kunststoff, so gesellten sich bald Metallrunde hinzu. „Die Firmen erkannten das Potenzial als Werbegeschenk und so kamen unzählige Variante in Umlauf“, so Kevin Bölling. Bier-, Waschmittel- und Autohersteller, Discounter, Versicherungen, Parteien, Hilfsorganisationen – alle verewigten sich auf den Münzen. Später kamen Modelle dazu, die aus einem Ring bestehen, in der Mitte der Umriss der Insel Sylt, die Bremer Stadtmusikanten, Pittiplatsch oder die Audi-Ringe und, und, und.

Als die Chips noch aus Plastik waren: oben rechts der Erstling der umfangreichen Sammlung. | Foto:  Schilp
  • Als die Chips noch aus Plastik waren: oben rechts der Erstling der umfangreichen Sammlung.
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Gleich eine ganze Reihe von Chips aus Dänemark, Kevin Böllings Lieblingsurlaubsland, hängen an der Pinnwand. Und es könnten ruhig noch mehr werden. Nicht immer klappt es allerdings. So auch nicht vor ein paar Wochen in Kopenhagen, wo selbst in einem der größten Souvenirgeschäfte kein Exemplar aufzustöbern war, sehr zum Ärger des Mariendorfer Sammlers. Natürlich hat sich sein Hobby herumgesprochen. Familie und Freunde bringen Pfandmünzen von Nah und Fern mit. Am weitesten zu ihm gereist ist ein Chip aus Südafrika. Zum Geburtstag gab es ein Exemplar mit seinem Sternzeichen, Fische.

Auch Pittiplatsch hat es an die Pinnwand geschafft. | Foto: Schilp
  • Auch Pittiplatsch hat es an die Pinnwand geschafft.
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Auch sein Geburtsdatum, 20. März, hat er in Chip-Form. Genau wie seinen Berufsstand: „Selbstständiger“ prangt auf einem Metallrund. Kevin Bölling betreibt einen Teeladen an der Lichtenrader Bahnhofstraße. Natürlich hat er Lieblingsstücke. Dazu gehört das Berliner Schloss, das Ampelmännchen auf goldenem Untergrund oder die Maus und das Sandmännchen, die erst vor Kurzem in einem Supermarkt aufgestöbert hat. Stolz ist er auch auf einen Mercedes-Chip, der schlicht-elegant daherkommt. Der ist das teuerste Stück der Kollektion, zwölf Euro hat er gekostet. Diese Preisklasse ist jedoch die absolute Ausnahme. Bölling mag es, dass sein Hobby weder viel Geld verschlingt noch viel Platz braucht. Auch arbeitsintensiv ist es nicht. „Vor zwei Jahren habe ich eine kleine gegen eine große Pinnwand ausgetauscht. Bei der Gelegenheit habe ich alle Chips mit Glasreiniger poliert.“ Das sollte eine Weile vorhalten, meint er.

Motive aus Dänemark finden sich gleich mehrfach an der Pinnwand.
  • Motive aus Dänemark finden sich gleich mehrfach an der Pinnwand.
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Eintönig ist die Sammelei ebenfalls nicht. Erst in letzter Zeit gibt es neben den runden die länglichen „Entriegelungschips“, von denen Bölling schon etliche hat. „Einer ist der ShopCock in Form des besten Stücks des Mannes“, sagt er. Auch Chips, die in andere Gegenstände integriert sind, kann er zeigen: eine Parkscheibe mit drei Pfandmünzen auf der Rückseite, ein Feuerzeug mit passender Halterung oder ein Flaschenöffner in Form eines Männchens, der nicht nur Platz für einen Chip bietet, sondern darüber hinaus für ein Maßband und eine Taschenlampe. Mit vielen Stücken verbindet Kevin Bölling eine kleine Geschichte. „Die Chips sind Mitbringsel, Erinnerungsstücke und manchmal auch Zeitzeugen, denn viele Firmen, von denen ich Münzen habe, gibt es heute gar nicht mehr.“

Nebenbei: Die Einkaufswagenchips haben sogar politische Geschichte geschrieben. Zum Jahreswechsel 1992/93 stolperte der damalige Wirtschaftsminister Jürgen Möllemann über die „Briefbogen-Affäre". Er hatte mit seinem offiziellen Briefkopf bei Supermärkten für Pfandmünzen geworben, die ein angeheirateter Cousin von ihm vertrieb. Nach einigem Hin und Her gestand Möllemann die Vorwürfe ein und trat zurück.

Autor:

Susanne Schilp aus Neukölln

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