Des Fährmanns Straßenschild
Es gibt Straßen, die nach Persönlichkeiten wie Schriftsteller Wilhelm Bölsche, früheren Köpenicker Bürgermeistern wie Georg Langerhans oder ermordeten NS-Gegnern wie Werner Seelenbinder benannt sind. In Rahnsdorf schaffte es ein BVG-Fährmann auf ein Straßenschild.
Paul Rahn (1934-2002) wohnte selbst am anderen Ufer der Müggelspree in Müggelheim, nur wenige Meter vom noch existierenden Fährhaus entfernt. Seit 1978 stieg er dort vom Frühjahr bis zum Herbst in den Ruderkahn und brachte mit der einzigen mit Muskelkraft betriebenen Fähre Berlins Passagiere ans jeweils andere Ufer.
Paul Rahn war ein Unikum. Mit einer Mütze wie ein Binnenschiffer gab er für Ausflügler gern den Kapitän und ließ sich so auch fotografieren. Die Bilder eines öffentlichen Verkehrsmittels, welches mit Rudern in Bewegung gesetzt wird, brachte Touristen zum Staunen und Paul Rahn auf ungezählten Fotos in die weite Welt. Den Fährmann selbst hielt es am heimatlichen Spreeufer. Im Sommer ruderte er seine Fähre, im Winter heizte er einen Köpenicker Kindergarten der Berliner Verkehrsbetriebe (damals BVB). So war ganzjährige Beschäftigung garantiert. Wegen einer schweren Erkrankung legte Paule, wie ihn seine Freunde nannten, die Ruder im Jahr 2000 aus der Hand, 2002 starb er.
„Wir wollten mit einer Namensgebung das Andenken dieses Unikums beahren, das über zwei Jahrzehnte seinen Mitbürgern treu gedient hat. Bei der Recherche fiel auf, dass Rahn nur zwei Vorgänger hatte. Deshalb hatten wir auch vorgeschlagen, die Fährmänner Richard Hilliges und Richard Hörnke mit Straßenschildern zu ehren“, sagt Stefan Förster, Vorsitzender des Heimatvereins Köpenick. Der Verein hat sich bereits mehrmals für Gedenkorte im Bezirk eingesetzt.
Eine Straßenbenennung nach Paul Rahn und Kollegen in Müggelheim wurde von einigen Anwohnern abgelehnt. Sie konnte aber am anderen Spreeufer in Rahnsdorf realisiert werden. Dort tragen seit Dezember 2010 drei bisherige Nummernstraßen die Namen von Paul Rahn, Richard Hilliges und Richard Hörnke.
Die Fährlinie gibt es immer noch. Von der früheren Senatsverwaltung für Stadtentwicklung wurde der Verkehr zum Saisonende 2013 aus Kostengründen eingestellt. Der Heimatverein Köpenick sicherte das Fährboot durch Ankauf und bewahrte es für eine Wiederaufnahme des Betriebs. Nach langem Kampf, bei dem sogar 18 000 Unterschriften für die Rettung der Verbindung gesammelt wurden, ordnete der damalige Senator für Stadtentwicklung Andreas Geisel (SPD) die Wiederaufnahme des Fährbetriebs an. Am 1. Mai 2015 legte das Fährboot wieder ab, mit einem gut gelaunten Senator an den Rudern.
Seitdem ist der Ruderkahn „Paule III“ wieder von Mai bis Oktober an Wochenenden und Feiertagen auf der Müggelspree unterwegs.
Autor:Ralf Drescher aus Lichtenberg |
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