Die Zukunft des Fischereiguts ist gesichert
Maria Thamm hat ihre Ausbildung zur Fischwirtin abgeschlossen
Maria Thamm ist von ihrer Arbeit als Fischerin bereits einiges gewohnt. Als sie Anfang August aber plötzlich einen anderthalb Meter langen Wels, zwischen 40 und 50 Kilogramm schwer, aus der Reuse holte, war das auch für sie ein besonderes Erlebnis. „Eine halbe Stunde habe ich gebraucht, bis ich den im Kahn hatte“, berichtet sie von ihrem bislang größten Fang.
Mitte Juli hat die 20-Jährige ihre dreijährige Ausbildung zur Fischwirtin im sächsischen Königswartha beendet. Zuvor hatte sie in Gosen-Neu Zittau ihr Fachabitur in Wirtschaft und Verwaltung abgeschlossen. Ihr Ziel ist, ab 2024 auch noch ihren Abschluss zur Fischwirtschaftsmeisterin zu machen. Danach soll sie das Fischereigut von ihrem Vater Andreas Thamm (68), dem letzten Berufsfischer auf dem Müggelsee, endgültig übernehmen. Die Familie hat das Grundstück an der Müggelspree im Alten Fischerdorf 2001 gekauft und saniert. Seitdem bewirtschaftet sie das Fischereigut von 1550. Es ist die 13. Fischerfamilie auf dem Anwesen.
Auf einer Fläche von 3000 Hektar dürfen die Thamms fischen. Dazu gehören der Müggel-, Seddin-, Dämeritz- und Lange See. „Ich kann mir vorstellen, dass ich das mein Berufsleben lang mache“, so die Rahnsdorferin. Wirklich viele Alternativen habe sie auch nicht gehabt. Ihre Eltern, so sagt sie, wären schon sehr enttäuscht gewesen, wenn sie sich dagegen entschieden hätte, den Familienbetrieb weiterzuführen. Letztlich sei es aber ihr eigener Entschluss gewesen.
Bereut hat Maria Thamm das bislang nicht, auch wenn der Beruf nicht immer angenehm ist. Dazu zählt zum Beispiel der Fischgeruch, den sie aber inzwischen nicht mehr ganz so schlimm wie am Anfang findet. Mehr zu schaffen macht ihr da schon die Kälte, wenn sie im Winter an vier bis fünf Tagen pro Woche auf dem Wasser unterwegs ist, auch bei Regen, Schnee oder Hagel. Dann friere sie eigentlich immer, wie die junge Frau erzählt. Zumindest wenn sie den Fisch auf dem Markt am S-Bahnhof Köpenick (immer von Oktober bis Ostern donnerstags von 9 bis 18 Uhr) verkauft, kann sie auf beheizbare Schuhsohlen zurückgreifen. Was sie an dem Beruf besonders schätzt, ist die Abwechslung.
Meistens fährt sie um 6 Uhr morgens los, um die Reusen zu kontrollieren und zu leeren. Wenn sie nach ein paar Stunden zurück auf dem Gut ist, wird der frische Fisch geschlachtet und geräuchert. Ins Netz gehen vor allem Zander, Aal, Hecht, Karpfen, Wels und Barsch, aber auch Schleie und Plötze. Von dem Rekord-Wels konnten insgesamt 48 Stücke geräuchert werden, berichtet die junge Fischerin. Auch an den Wochenenden arbeitet sie oft, denn dann kommen die meisten Gäste ins Fischerdorf, um frische Ware zu kaufen. Unterstützt werden die Thamms von einer fest angestellten Mitarbeiterin und im Sommer von ein paar Saisonfachkräften. Den Rest erledigen sie selbst. Maria und Andreas fahren sowohl allein als auch manchmal gemeinsam raus. Der Vater kümmert sich vor allem um das Räuchern, Maria um das Schlachten und den Marktverkauf. Die Mutter übernimmt die Büroarbeiten, das Vertriebsmanagement. Entscheidungen treffen sie zusammen.
Zu schaffen machen den Thamms die vielen Motorboote und Partyflöße auf dem Müggelsee und dessen Nebengewässern. Wie Maria Thamm erläutert, fahren Mietboote, oft von unerfahrenen Personen gesteuert, teilweise zwischen den Stangen durch, wo sich ihre Reusen befinden. Sie bleiben dann mit dem Propeller hängen und verursachen große Schäden. Es sei auch schon vorgekommen, dass Fanggeräte geklaut wurden. Das ärgert die Fischerin, denn die Reparaturkosten sind hoch. Bei einer einzigen Reuse könnten die Kosten zwischen 5000 und 8000 Euro liegen, denn diese seien in Handarbeit gefertigt. Auch der Klimawandel macht Probleme. Im Sommer wachsen die Wasserpflanzen mittlerweile in einem Ausmaß, dass durch den Sauerstoffmangel das Fischen nicht mehr so ertragsreich ist.
Mit ihrer Arbeit sorgt die Familie für einen ausgewogenen Fischbestand in der Region. Würde sie dies nicht tun, würden die Gewässer irgendwann umkippen, das Ökosystem aus den Fugen geraten. Die größte Verantwortung dafür wird schon bald Maria Thamm zukommen, die selbst nur selten Fisch isst. Auch privat verbringt sie viel Zeit auf dem Wasser, fährt im Sommer fast nur Boot und Jetski. Zum Motorradfahren kommt sie dagegen kaum noch.
Mit vielen Tattoos, langen Fingernägeln und Schmuck ist Maria Thamm eine außergewöhnliche Erscheinung im Fischereiwesen. Mit Vorbehalten von älteren Berufskollegen, auch ob sie als Frau die zum Teil schwere körperliche Arbeit überhaupt bewältigen könne, hatte sie bereits während der Ausbildung zu tun. Beeindrucken lassen hat sie sich davon jedoch nicht. Sie geht ihren eigenen Weg.
Autor:Philipp Hartmann aus Köpenick |
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.