Überflutungen auch künftig nicht ausgeschlossen
Senatsumweltverwaltung und Wasserbetriebe zu den Ursachen der Unwetterschäden im Kaskelkiez

Noch Tage nach dem Unwetter stapelte sich auf den Gehwegen unbrauchbar gewordenes Inventar aus Kellern, Souterrains und Büroräumen. | Foto: Berit Müller
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Menschen, die eilig ihre im Wasser versackten Autos verlassen, überflutete Straßen, zugelaufene Keller – solche Bilder aus Berlin sind in diesem Sommer keine Seltenheit. In Lichtenberg traf ein Unwetter gleich im Juni den Kaskelkiez besonders heftig und mit schlimmen Folgen. Nach den Ursachen hat sich die Lichtenberger Abgeordnete Hendrikje Klein (Die Linke) bei der Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz erkundigt.

Die Viktoriastadt nahe dem S-Bahnhof Nöldnerplatz zählte zu den am stärksten von den Unwettern Mitte Juni betroffenen Gebieten in ganz Berlin. In der Nacht vom 11. zum 12. Juni setzte Starkregen den Kiez mancherorts meterhoch unter Wasser. Autos wurden von den Parkplätzen gespült, Keller, Büro- und Wohnräume überflutet. An einigen Stellen brachen Gehwege ein. Noch Tage später waren die Folgen vor allem in der Pfarrstraße, in der Kleingartenanlage Kynast, in Abschnitten der Kaskel- und der Spittastraße zu sehen – in Form von unbrauchbar gewordenem Inventar, das sich auf den Gehwegen wie Sperrmüll stapelte.

Zu den Leidtragenden zählten Anwohner und Unternehmen; eine Elterninitiativkita verlor ihre Räume, die wegen massiver Wasserschäden nicht mehr nutzbar waren. Viele Betroffene suchen nun Antworten auf ihre Fragen. Warum fließt das Wasser gerade in diesem Kiez so schlecht ab? Wer kommt für die Schäden auf? Und vor allem: Was wird getan, damit dergleichen nicht immer wieder passiert?

Kanalisation ist am Limit

Die Antwort der Senatsumweltverwaltung auf eine schriftliche Anfrage von Hendrikje Klein gibt Aufschluss, bleibt aber recht vage, wenn es um die Zukunft geht. Aus Gründen der Zuständigkeit hat die Behörde zudem die Berliner Wasserbetriebe (BWB) um Stellungnahme gebeten. Die BWB werden zur Frage nach den Ursachen zitiert: „Aufgrund des Starkregens war das Entwässerungssystem lokal im Bereich der Pfarrstraße hydraulisch überlastet. In den betroffenen Gebieten kam es zum Wasseraustritt aus der Kanalisation auf die Straßenoberfläche. Der Überstau aus dem Kanalsystem führte zusammen mit dem starken oberirdischen Regenabfluss zu Schäden in den tieferliegenden Senken.“ Mit Senken sind die Pfarrstraße nördlich der Kaskelstraße, die oben genannte Kleingartenanlage und Abschnitte der Spittastraße gemeint – also die am meisten überfluteten Bereiche.

Extreme Starkniederschläge könnten überall auftreten, jeden treffen und gravierende Schäden verursachen, heißt es von der Senatsverwaltung. Derartige Regenmassen könne die Kanalisation nicht abführen, ohne Schaden zu nehmen. Generell sei das Kanalnetz überfordert, wenn es häufiger als alle zwei bis fünf Jahre zu solchem Starkregen komme. Dann seien Überstau und Überflutungen nicht zu vermeiden.

Auch könne der Zeitpunkt der Wetterphänomene noch nicht genau vorhergesagt werden, kurzfristiger Schutz sei also kaum möglich. Die Verwaltung nennt zwar Notwasserwege, Rückstauventile, Retentionsräume (in die Wasser abfließen kann), abgedichtete Türen und Fenster als mögliche, präventive Maßnahmen. Grundlage für deren konkrete Planung und Umsetzung seien aber flächendeckende Analysen zum Starkregenrisiko in Berlin. Diese seien „methodisch im Aufbau“. Heißt: Bis Erkenntnisse vorliegen, wird noch einige Zeit ins Land ziehen.

Starkregen wird eingeplant

„Nach heutiger Einschätzung können Überflutungen auch in Zukunft nicht ausgeschlossen werden“, so die Wasserbetriebe. Das treffe aber für viele Gebiete in Berlin zu. Der Aufbau eines kommunalen Starkregenmanagements sei daher Bestandteil der Anpassung an den Klimawandel. "Um bei künftigen Ereignissen Schäden vor Ort zu minimieren, bedarf es kombinierter Maßnahmen und der Zusammenarbeit verschiedener Akteure.“ Die BWB wollen den Kaskelkiez nun „betrieblich und hydraulisch prüfen“. Je nach Ergebnis würden Maßnahmen in Betracht gezogen. „Ob der Ausbau des Ruschegrabens oder die großflächige Abkopplung Lichtenberger Gebiete zielführende Maßnahmen sind oder Lösungen vor Ort effizienter greifen, ist derzeit noch nicht absehbar.“

Hendrikje Klein fordert neben einer baldigen, vollständigen Ursachenanalyse auch den raschen Aufbau eines kommunalen Starkregenrisikomanagements. „Als Bestandteil der Klimafolgenanpassung ist das wichtig, wie die in Berlin vermehrt auftretenden Starkregenfolgen zeigen“, sagt die Abgeordnete. „Berlin wird zunehmend versiegelt, auch das ist ein großes Problem. Davon unabhängig müssen Bezirk und Land gemeinsam dafür Sorge tragen, dass die Betroffenen unterstützt werden.“

Laut Antwortschreiben der Senatsverwaltung sind nach dem Kaskelkiez-Unwetter 23 Ansprüche auf Schadensersatz gegenüber den Wasserbetrieben geltend gemacht.

Autor:

Berit Müller aus Lichtenberg

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