Ein Mann, die Liebe zu seinem Beruf und zum Wald
Marc Franusch ist Leiter des Forstamtes Tegel

Marc Franusch ist seit August Chef des Forstamts Tegel. | Foto:  Thomas Frey
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Wie muss man sich einen Menschen vorstellen, der vollständig mit seiner Arbeit verwachsen ist? Vielleicht so wie Marc Franusch. Er habe "den schönsten Beruf der Welt", sagt der 59-Jährige.

Verwachsen passt in diesem Zusammenhang ganz gut, denn Marc Franusch ist Förster. Als solcher ist er seit August Leiter des Forstamts Tegel. Das Forstamt Tegel ist eines von vier Forstämtern der Berliner Forsten. Zu jedem gehören mehrere Revierförstereien im Fall von Tegel sind es sechs. Marc Franusch hat fast sein gesamtes Berufsleben bei den Berliner Forsten verbracht. Er ist deshalb vielleicht auch der beste Kenner, um zu erklären, wie die Verwaltung und Pflege der Berliner Wälder funktioniert.

Marc Franusch wuchs in Lichtenrade auf, als West-Berliner Stadtrandkind. Der Wald, sagt er, habe ihn schon sehr früh fasziniert. Nach dem Studium begann er 1987 bei den Berliner Forsten. Ab 1996 arbeitete er bereits für zwei Jahre im Forstamt Tegel und wohnt seitdem in Hermsdorf. Danach war Marc Franusch 23 Jahre Sprecher der Forsten und danach bis vergangenen Juli verantwortlich für den Bereich "Wald und Gesellschaft".

6000 Hektar in Berlin und außerhalb

Das Tegeler Forstamt umfasst rund 6000 Hektar Wald, der auf Berliner Stadtgebiet von Frohnau ganz im Norden bis Gatow, einem südlichen Ortsteil des Bezirks Spandau reicht. Seinen Sitz hat das Forstamt an der Ruppiner Chaussee, mitten im Wald. Nicht nur zum Bereich von Marc Franusch gehört außerdem Terrain, das sich außerhalb der Berliner Stadtgrenze befindet. Das sind rund 2300 Hektar oder ungefähr 40 Prozent. Sie befinden sich zum Beispiel in Stolpe und Schönwalde/Glien. Ähnlich sieht das auch insgesamt bei den Berliner Forsten aus. Mit ihren vier Ämtern in Tegel, Grunewald, Pankow und Köpenick sind sie für insgesamt 28 000 Hektar verantwortlich. Davon liegen etwa 12 000 Hektar nicht in Berlin.

Warum das so ist, erklärt sich aus der Geschichte. 1909 entschloss sich die Stadt Berlin, die Pflege und Bewirtschaftung ihrer Wälder mit eigenem Fachpersonal zu sichern. Das geschah damals auch als Reaktion auf die Industrialisierung, weiß Marc Franusch. Bereits zu diesem Zeitpunkt gab es Diskussionen über eine mögliche Einheitsgemeinde Groß-Berlin, wie sie dann 1920 entstand. Auch deshalb kamen viele Waldflächen in die Verantwortung der Berliner Forsten, die gar nicht zu Berlin gehörten. Ohnehin lag der Bestand zu größten Teilen außerhalb der damaligen Stadtgrenze. Als Groß-Berlin dann entstand, umfasste es aber nicht alle zuvor geschützten Waldgebiete. Zuständig blieben aber auch dort die Berliner Forsten. Nur während der Zeit der Teilung waren die Waldgebiete in West, Ost und Umland geteilt und wurden nach der Wiedervereinigung wieder zusammengeführt.

Herausforderung Klimawandel

Die Entscheidung von 1909 habe dafür gesorgt, dass Berlin heute eine der waldreichsten Metropolen nicht nur in Deutschland sei, sagt Marc Franusch. Das war "ein riesen Pfund und eine gute Ausgangsbasis für die Stadtentwicklung". Für die Bevölkerung biete der Wald ein großes Naherholungsgebiet, mit dem sie sorgsam umgehen sollte. Den Wald "nachhaltig, pfleglich und sachgemäß nach den Grundsätzen der naturgemäßen Waldbewirtschaftung zu entwickeln" ist als vorrangiges Ziel auf der Webseite des Forstamtes Tegel formuliert. Das ist mit einigen Herausforderungen verbunden.

Der Forstamtsleiter vor den Resten einer Buche. | Foto: Thomas Frey
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Die größte ist die Situation der Bäume. Die Zahlen dazu liefert der aktuelle Waldzustandsbericht, der am 29. November vorgestellt wurde. Demnach gelten nur noch etwa sechs Prozent des Baumbestandes als gesund. 64 Prozent sind leicht und 30 Prozent deutlich geschädigt. Die Folgen des Klimawandels für den Wald ließen sich teilweise nicht mehr verändern, meint Marc Franusch. "Trotzdem ist es wichtig, den Klimaschutz konsequent umzusetzen". Im Großen passiert das beispielsweise durch das Setzen resilienterer Bäume, vor allem mehr Laubbäume. Im Kleinen könne auch jeder einzelne seinen Beitrag dazu leisten. Das beginne schon damit, dass die Anreise zum Waldspaziergang am besten mit dem öffentlichen Nahverkehr erfolgen sollte. Dass sich Rauchen im Wald verbietet, müssten, unabhängig vom Klimawandel, auch Raucher wissen. Aber anscheinend ist das noch immer nicht allen bewusst. Illegal entsorgter Müll ist ein Problem, mit dem nicht nur der Forstamtsleiter in Tegel regelmäßig konfrontiert wird. Dank der inzwischen bestehenden Kooperation mit der BSR gibt es jetzt zumindest die Gewähr, dass er möglichst schnell entfernt wird. Der Wald ist das populärste Ausflugsziel. Hält er diese Massen aus? "Ja, aber das hängt von bestimmtem Verhalten ab", lautet die Zusammenfassung von Marc Franusch.

Kindern Geheimnisse des Waldes erklären

Die Berliner Forsten sind auch mit manchen Fragen konfrontiert, bei denen nicht zuerst an ihre Verantwortung gedacht wird. Ein Beispiel dafür war die Diskussion um eine Busverbindung zum Strandbad Tegelsee. Sie sei durch die Kompromissbereitschaft vieler Behörden und Akteure zustande gekommen. Das Strandbad wäre ein wichtiger Erholungsort, liege aber gleichzeitig in einem Waldgebiet. Mehr Menschen dorthin per ÖPNV zu bringen sei gut und stehe auch für die "Absichten einer Forstverwaltung im Interesse der Stadtgesellschaft".

Ein Mann geht durch den Wald. | Foto: Thomas Frey
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Auch als Bildungsträger fungieren die Berliner Forsten. Schon Kindern in Workshops und weiteren Veranstaltungen die Besonderheiten, Schönheiten und Geheimnisse des Waldes zu erklären sei ein wichtiger Schritt, damit sie dieses einzigartige Biotop wertschätzen, meint der einstige Verantwortliche für den Bereich Wald und Gesellschaft. Beispiele dafür sind die Waldschule im Spandauer Ortsteil Hakenfelde und die Waldlehrpfade, etwa in Hermsdorf. Und nicht nur das Forstamt Tegel lädt auch zu öffentlichen Veranstaltungen ein, so am 16. Dezember zum Wildverkauf.

Ein Gespräch mit Marc Franusch berührt viele Facetten. Der Mann kann erzählen, große Zusammenhänge herstellen, an Details seine Arbeit darstellen. Er schwärmt von der unterschiedlichen Beschaffenheit seines Waldreviers, nennt das Tegeler Fließ und die Spandauer Kuhlake als zwei Beispiele ganz unterschiedlicher Beschaffenheit, verweist auf drei Tiergehege, die zu seinem Forstamt gehören oder führt bei einem Spaziergang zu den Resten einer alten Buche, die nicht weit entfernt von seinem Dienstsitz im Wald zu finden ist. Nicht nur in ihrem Fall werde das Totholz ganz bewusst nicht entsorgt.

Marc Franusch ist Überzeugungstäter, Lobbyist für seinen Beruf und den Wald. Im Interesse aller, die sich dort regelmäßig aufhalten. Denn das Verhältnis der Berliner zu ihrem reichhaltigen Forstbestand beschreibt er mit einem Wort: "Liebe".

Autor:

Thomas Frey aus Friedrichshain

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