Karl Hemeyer: vom Büromenschen zum Autor
In einem 300-Seelen-Ort bei Bremerhaven lernten die Menschen in den 50er-Jahren nicht früher oder später sprechen als in anderen Teilen der Nation. Eher als in den meisten Landstrichen eigneten sie sich dort die erste Fremdsprache an. Sie lernten Deutsch. Karl Hemeyer, der als seine Muttersprache "Platt" angibt, erging es in der Hinsicht ähnlich wie den meisten Jungen und Mädchen in dieser Zeit. Dass sein Lebensweg ihn einen erfolgreichen bürgerlichen Werdegang beschreiten und schließlich zum Künstler reifen lassen würde, war damals erst ansatzweise zu erahnen.
Mit Fußballreportagen fesselte der Norddeutsche als Knirps seine Hörer, versuchte sich früh beim Theater. Aber dann: eine Lehre als Bankkaufmann, der Aufstieg im Autovermieter-Business, ein grundsolides Leben. Die künstlerischen Neigungen schienen in den Hintergrund zu treten - bis zu dem Tag, als Hemeyers Vater starb. "Da sagte ich zu mir: Jetzt setz dich hin und schreib deine Geschichten auf."
Also wurde aus dem Tausendsassa ein Romancier. Erst präsentierte Hemeyer 2010 mit "Olympia 1936" ein historisches Melodram, dann folgte mit "Sylter Weihnachtswellen" ein Werk, das weibliche Leser schmachten ließ. Und jetzt erschien mit "Entscheidung im Wattenmeer" ein Wissenschaftsthriller am Nerv der Zeit.
Das Schreiben bleibt weiterhin nur eine Aktivität von vielen. Radio-Talkmaster, PR-Berater, Kommunikationstrainer, Schauspieler, Redner, Drehbuchautor, Romancier. Legt man die Liste seiner Tätigkeiten zugrunde, handelt es sich um ein Universaltalent. Aber wie kommt ein derart zackiger Lebenslauf zustande? Quält da jemanden die Langeweile? "Ich bin ständig auf der Suche nach Neuem", erwidert der Wahl-Westender. Der Experimentierfreude stehe jedoch ein konservativer Persönlichkeitsanteil entgegen. Der Charakterkern - er ist von fester Natur.
Ein Schlüssel zum Weiterkommen: Hemeyer kennt als PR-Profi die Regeln des Erfolgs. Sein Wissen über Vorgänge in den Chefetagen bedeutender Firmen dient als beste Art der Recherche. Und der Kommunikationstrainer in ihm zwingt zu einer bekömmlichen Schreibe mit Handlungssträngen, die es schwer machen, das Buch zu schließen. "Leicht zu schreiben, das ist das Schwere", beschreibt der 64-Jährige seinen Stil.
Mit seinem Bündel an Wissen und Fähigkeiten ist Hemeyer noch nicht am Ende des Weges angelangt. Das nächste große Ziel: die Verfilmung seiner Bücher. Eine kleine Rolle im Hollywood-Streifen "Operation Walküre" half Hemeyer, wichtige Eindrücke zu gewinnen. Erst hatte er seinen Auftritt, beteiligte sich dann bei der Produktion von 90 Prozent aller Szenen, schaute sich bei den Großen des Geschäfts ab, was über Erfolg oder Misslingen entscheiden könnte. "Es ist schwer, in den Bereich des Films vorzudringen. Ich habe keine Chance - also werde ich sie nutzen."
Und wenn es mit dem Kino nicht klappt, ist das kein Grund zum Verzagen. Karl Hemeyer trägt sich mit Ideen für 14 weitere Bücher. Was als nächstes folgen mag? Die Antwort kommt prompt: "Entweder eine Kriminalkomödie oder ein World End."
Autor:Thomas Schubert aus Charlottenburg |
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