Wie sähe die Stadt ohne Häuser aus?
Kunstprojekt von und mit Mathias Roloff stellt den Baum als Kulturgut in den Fokus

Der Bildende Künstler aus Alt-Hohenschönhausen Mathias Roloff fragt mit einem Kunstprojekt "Was wäre, wenn?" und zeigt dazu eine Ausstellung. | Foto: Berit Müller
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Was wäre, wenn? Wer hat sich diese Frage – egal in welchem Zusammenhang – noch nie gestellt? Mathias Roloff ist Bildender Künstler aus Alt-Hohenschönhausen und hat das Gedankenspiel zu einem Kunstprojekt gemacht. Alles dreht sich um unsere wichtigsten Stadtpflanzen: die Bäume.

Sein Atelier in den Studios ID liegt direkt gegenüber der Gedenkstätte Hohenschönhausen. Dort, im Kiez rund um die Genslerstraße, ist Mathias Roloff auch aufgewachsen und kennt, wie man sagen könnte, jeden Baum. Die Idee für sein aktuelles Projekt entstand, als eines Tages neben dem Atelierhaus drei Bäume gefällt wurden. „Wenn uns eine Gegend vertraut ist, scheint alles selbstverständlich zu sein, wir schauen kaum noch hin“, sagt der Künstler. „Nehmen wir die Bäume: Sie stehen vor den Häusern in den Straßen, und wir bemerken sie manchmal erst, wenn sie nicht mehr da sind.“ An diesem Punkt setzte Mathias Roloff an. Was wäre, wenn nicht der Baum, sondern das Haus fort wäre? Wie würde der Baum in einer anderen Umgebung, etwa auf einem freien Feld wirken? „Wenn wir den Fokus auf den individuellen Charakter des Baumes richten – was wäre dann?“

Roloffs Antwortversuch: Er ließ die Häuser einfach verschwinden. Natürlich bloß auf dem Papier. Erst fotografierte er Pappeln, Kastanien und Linden in seinem Kiez, dann druckte er die Aufnahmen – mal kleiner, mal großformatig – aus und übermalte anschließend die Gebäude. Übrig blieben nur die Bäume, mit teils verblüffender Wirkung. Atmosphärisch, beinahe mystisch muten die „befreiten“ Schattenspender an. Gleichzeitig zeigt sich, wie einzigartig jedes Exemplar ist, welche Vielfalt die Stadtbewohner ständig vor der Nase haben. Was wiederum die Wenigsten zu schätzen wissen. Darum geht es Mathias Roloff nicht zuletzt.

Das Bewusstsein für Natur pflegen

Die Frage „Was wäre, wenn?“ hat für ihn nicht nur eine künstlerische, sondern auch eine gesellschaftliche Relevanz. Nicht allein die übermalten Fotografien sind Sinn und Zweck des Projektes. Er wünscht sich einen bewussteren Umgang mit Bäumen, mit der Stadtnatur generell. „Mir liegt viel daran, dass wir die Schönheit vor unserer Haustür wieder stärker wahrnehmen und wertschätzen“, sagt er.

Das Kunstprojekt mit dem vollständigen Titel „Was wäre, wenn? Der Baum als Kulturgut im Stadtraum“ wird aus dem Lichtenberger Bezirkskulturfonds gefördert und hat mehrere Bausteine. Zum einen zeigt Mathias Roloff seine Baumbilder in Form einer Wanderausstellung. Noch bis zum 5. August ist sie in der siebenten Etage des Amtsgebäudes in der Große-Leege-Straße 104 zu sehen, danach vier Wochen lang in der Jugendkunstschule in der Demminer Straße 4 und anschließend im 360° – Raum für Kreativität am Prerower Platz. Ab Ende November hängen die Bilder im Bürgerschloss in der Hauptstraße 44.

Bäume und Geschichten

Außerdem sind sonntägliche Spaziergänge mit Experten und interessierten Lichtenbergern geplant. Jede Tour hat einen thematischen Schwerpunkt. Erster Termin ist der 11. August zum Thema „Natur in die Stadt!" mit Thomas Graichen (Initiator von „Obstwiese unterm Balkon“) und Beate Kitzmann vom Verein Naturschutz Berlin-Malchow. Treffpunkt ist um 11.30 Uhr die Streuobstwiese in der Reichenberger Straße. Am 18. August heißt es „Geheimnisse des modernen Gartens" mit Wita Noack und Dominik Olbrisch vom Mies van der Rohe Haus bei einem Gespräch, Vortrag und Rundgang durch den Garten. Treffpunkt ist um 11.30 Uhr am Haus in der Oberseestraße 60. Der 25. August ist überschrieben mit „Bäume und Geschichten – ein ortshistorischer Spaziergang durch Alt-Hohenschönhausen“. Die Leiterin Barbara Mewis ist vom Förderverein Schloss Hohenschönhausen. Im Anschluss gibt es Gespräche, Familien- und Kinderaktionen. Los geht’s auch hier um 11.30 Uhr, vor dem alten Gutshaus in der Hauptstraße 44.

Workshops mit dem Künstler

Ein weiteres Angebot ist eine kreative Auseinandersetzung mit dem Thema „Natur im Stadtraum“ in zwei Workshops. Die Teilnehmer schaffen eigene Kunstwerke, Mathias Roloff leitet sie dabei an und führt durch einen politischen und kulturellen Diskurs rund um die Wertschätzung der Natur als Kulturgut und die Wahrnehmung des eigenen Stadtteils. Ein Workshop ist im August in der Jugendkunstschule geplant, der Termin aber noch offen. Der zweite findet am 20. September von 17 bis 19 Uhr im 360° – Raum für Kreativität statt. Alle Veranstaltungen sind kostenlos. Ausführliche Informationen, die Möglichkeit, sich anzumelden und Kontakt zum Künstler gibt's unter www.mathiasroloff.de.

Autor:

Berit Müller aus Lichtenberg

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