An den Beeten ins Gespräch kommen
Wo Menschen aus 16 Nationen gärtnern

Auf den Beeten im interkulturellen Garten blüht und grünt es zurzeit prächtig. Er befindet sich inmitten eines Neubaugebietes aus den 70er-Jahren.  | Foto: Bernd Wähner
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Er ist eine grüne Oase inmitten eines Plattenbauquartiers aus den 70er-Jahren: der Interkulturelle Garten Lichtenberg.

Dass hier Menschen aus unterschiedlichen Nationen gärtnern, merkt der Besucher bereits bei einem Gang über den Hauptweg. Jedes Gartenstück ist nach einem anderen Konzept angelegt. Bei manchen ist ausschließlich Gemüse zu finden, bei anderen eine bunte Mischung von Obst, Gemüse und Kräutern. Einige Flächen sind mit akkurater Linienführung gestaltet. Auf anderen Flächen scheint alles bunt durcheinander zu wachsen. Gerade diese Mischung aus unterschiedlichen Konzeptionen bringt die Gärtner ins Gespräch. Und das ist auch eines der Anliegen des Interkulturellen Gartens.

Vor vielen Jahren standen an der Liebenwalder Straße 12–18 noch zwei sogenannte Doppel-Kitas. Weil die Geburtenzahlen in den 90er-Jahren und Anfang dieses Jahrtausends drastisch zurückgingen, wurden sie geschlossen und später abgerissen. 2004 entstand in der interkulturellen Kinder- und Jugendwerkstatt „Kinder EINER Welt“ die Idee, einen Interkulturellen Garten zu errichten. Migranten und Lichtenbergern sollte ein Umfeld angeboten werden, in dem sie sich ungezwungen begegnen und miteinander in Kontakt kommen können. Ansprechpartner für eben diesen Raum ist nun Ulli Haase.

Gemeinsam stark

Den Aufbau des Interkulturellen Gartens forcierte ein starkes Bündnis aus Bürgern, Vereinen, Migrantenrat, Bezirksamt und Wohnungsverwaltungen. Gemeinsam mit einer Architektin wurde der Garten geplant. Der Verein Sozialdiakonische Jugendarbeit Lichtenberg (heute SozDia Stiftung Berlin) übernahm 2005 die Trägerschaft für das Projekt. 2006 wurden die Bauarbeiten abgeschlossen und im März 2007 die ersten Pachtverträge an die Nutzer vergeben.

Auf der 10 000 Quadratmeter großen Fläche gärtnern inzwischen 48 Familien auf 38 Parzellen. Unter dem Motto „Kennenlernen – Freunde werden“ gibt es hier auch Freizeitangebote für Kinder im Grundschulalter. Stadtkinder können hier zum einen Naturerfahrungen machen. Zum anderen können sie sich beim Spielen kennenlernen. Dafür steht unter anderem eine große Wiese zur Verfügung.

Im Interkulturellen Garten haben derzeit Familien aus 16 Nationen Parzellen gepachtet. Sie kommen zum Beispiel aus Bosnien, Vietnam, Nepal, Spanien, England, China, der Türkei, sind russischer oder deutscher Abstammung. Für die 20 bis 40 Quadratmeter großen Parzellen schließen sie jeweils Zwei-Jahresverträge ab. Die meisten verlängern aber immer wieder. „Viele Familien sind bereits seit dem ersten Tag dabei“, berichtet Ulli Haase.

Nicht nur ein Garten

Neben den Gärten gibt es auf dem Gelände auch Gemeinschaftsflächen. Um auch sie auf Vordermann zu bringen, finden jedes Jahr fünf gemeinschaftliche ehrenamtliche Garteneinsätze statt. Für aktuelle Fragen gibt es Vollversammlungen der Gartengemeinschaft. In den vergangenen Monaten wären solche großen Zusammenkünfte wegen Corona natürlich ausgefallen, sagt Ulli Haase. „Da durfte immer nur eine begrenzte Anzahl unserer Gärtner für jeweils zwei Stunden am Tag in den Garten. Aber seit den Lockerungen im Juni wird bei uns wieder regulär gegärtnert.“

Und nicht nur das: Auf der Fläche an der Liebenwalder Straße gibt es auch Bienenstöcke mit sieben Völkern, ein Insektenhotel und ein Lehmbackofen. Außerdem findet alle zwei Wochen freitags von 16 bis 18 Uhr ein Repair-Café statt. „Technisch versierte Ehrenamtliche reparieren dann gemeinsam mit Nachbarn Dinge, die zu schade zum Wegwerfen sind“, berichtet Ulli Haase.

Weitere Informationen zum Interkulturellen Garten Lichtenberg gibt es auf www.sozdia.de/Interkultureller-Garten.ikg0.0.html.

Autor:

Bernd Wähner aus Pankow

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