„Der Platz“ ist jetzt Geschichte
Ausstellung erinnert an ein Areal zwischen zwei Welten

Auf dem 6000 Quadratmeter großen Areal steht inzwischen die Wohnanlage "Bouchégärten". | Foto: Ralf Drescher
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„Der Platz“ heißt die aktuelle Ausstellung in der Kunger-Kiez-Galerie. Damit bewahrt Initiatorin Constanze Suhr ein Stück Berliner Geschichte.

Denn der Platz, um den es geht, trug nie einen Namen. Und er ist inzwischen Geschichte. Als Constanze Suhr 1996 an die Bezirksgrenze zwischen dem damaligen Treptow und Neukölln zog, war der Platz noch da. Die 6000 Quadratmeter große Brache zwischen Harzer Straße, Bouchéstraße und Mengerzeile war gerade erst wieder ein Stück Berlin geworden. Von 1961 bis 1989 lag sie im Sperrgebiet der Sektorengrenze zwischen Ost und West. „Jetzt holte sich die Natur das Areal zurück, es wuchsen Bäume und Sträucher. Ein Zirkus ließ seine Kamele dort grasen und gelegentlich landete sogar der gelbe ADAC-Rettungshubschrauber“, berichtet Anwohnerin und Autorin Constanze Suhr.

Bereits im Oktober 2017 hatte sie über die Berliner Woche nach örtlichen Akteuren gesucht. Nach Menschen, die in Ost und West an „ihrem“ Platz gewohnt hatten oder dort noch wohnen, nach DDR-Grenzern und Westberliner Polizisten, die Erinnerungen an die Zeit der Mauer beisteuern konnten, und früheren Mitarbeitern vom VEB Deutsche Schallplatten, deren Betrieb nach der Wende von einem Künstlerhaus genutzt wurde und wird.

Das Projekt „Der Platz“ ist aus Anlass des 30. Jahrestags des Mauerfalls entstanden. „Als ich 19 war, im Herbst 1984, kam die Einberufung. Das ging nach Berlin, da habe ich schon gesehen, Grenztruppen, man hatte mich gar nicht mehr gefragt. Aber eine Ablehnung hätte Repressalien zur Folge gehabt. Und dann war ich zwischen zwei Mauern und hab in den goldenen Westen gesehen. Im Sommer lagen die Mädchen an der Lohmühlenbrücke oben ohne, die wussten genau, dass wir das beobachten“, teilt ein anonym gebliebener Grenzsoldat in der Ausstellung mit. Vor dem Bau der Mauer soll sogar ein Treptower Bauer mit Stall in einem der Hinterhöfe mit seinen Kühen die Grenze überquert haben. „Das muss so 1951 gewesen sein, ich war in der 6. Klasse, eines Morgens hat er seine Kühe genommen und ist dann rüber. Das ging ja schnell, den konnte keiner aufhalten. In den Zeitungen stand es, da wurde protestiert, dass die Kinder die Milch brauchen und er die DDR verraten hat“, berichtet ein Treptower.

Für die Ausstellung konnte Constanze Suhr zahlreiche Fotos aus Archiven und aus privatem Besitz nutzen. Dokumentiert sind der Bau der Mauer, das Grenzregime und Fall und Abriss der Grenzanlagen im Frühjahr 1990. Heute befindet sich auf dem früheren Platz die Wohnanlage „Bouchégärten“. Joachim Hildebrandt, der Erbe der von der DDR enteigneten Grundstückseigentümer, hat sich dort seinen eigenen Platz gesichert. Auch darüber wird berichtet.

Zu sehen ist „Der Platz“ in der Galerie Kunger-Kiez, Karl-Kunger-Straße 15, noch bis zum 29. September. Geöffnet ist bei freiem Eintritt Donnerstag bis Sonntag von 16 bis 19 Uhr. Ende September erscheint unter dem gleichen Titel ein Buch mit 240 Seiten. Es kostet zwölf Euro (ISBN 978-3-9820856-7-8).

Autor:

Ralf Drescher aus Lichtenberg

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