100 Jahre Groß-Berlin
Von der Landgemeinde zum grünen Stadtbezirk

Im erst 1910 erbauten Treptower Rathaus zog 1920 die Hauptverwaltung des Bezirksamts Treptow ein. | Foto: Museum Treptow-Köpenick
2Bilder
  • Im erst 1910 erbauten Treptower Rathaus zog 1920 die Hauptverwaltung des Bezirksamts Treptow ein.
  • Foto: Museum Treptow-Köpenick
  • hochgeladen von Ralf Drescher

Die offizielle Geschichte Treptows begann 1568, als auf einer Kämmereirechnung das Vorwerk Trebow auftauchte. Bis Treptow 1920 als 15. Verwaltungsbezirk in Groß-Berlin aufging, war es ein weiter Weg.

Im Januar 1876 war aus dem Gutsbezirk per königlichem Erlass die Landgemeinde Treptow geworden. Es gab erste Industrieansiedlungen und ab 1878 fuhr ein Pferdebahn vom Spittelmarkt nach Treptow. Die Gewerbeausstellung zog 1896 rund sieben Millionen Besucher in die Landgemeinde, die durch den Treptower Park bummelten und in den Ausflugslokalen einkehrten. Im Gegensatz zur ablehnenden Haltung der Städte Cöpenick und Spandau war man in Treptow einem Anschluss an die Reichshauptstadt nicht abgeneigt, bereits 1910 gab es derartige Überlegungen.

Durch das Groß-Berlin-Gesetz kam Treptow dann zu Berlin, ebenso wie Oberschöneweide – später mit Köpenick gegen Bohnsdorf getauscht –, Niederschöneweide, Johannisthal, Altglienicke und Wuhlheide.

Der erste Verwaltungsbericht zählt beim Eingang nach Groß-Berlin im Bezirk Treptow 2648 bebaute Grundstücke auf, die meisten davon in Treptow (709), in Oberschöneweide (528) und Adlershof (475). Bereits im Juni 1920 wurde gewählt. In der Bezirksversammlung waren 36 Vertreter, stärkste Kraft waren die Unabhängige Sozialdemokratische Partei (USPD) mit 15 Verordneten und die Sozialdemokratische Partei (SPD) mit zehn Vertretern. Ein Jahr später wurden die Wahlen vom Oberverwaltungsgericht für ungültig erklärt und am 16. Oktober 1921 wurde erneut gewählt. Stärkste Kraft mit elf Verordneten wurde jetzt die SPD, die USPD kam auf sechs und die Kommunistische Partei auf vier Verordnete. Der Sozialdemokrat Julius Grunow (1873-1960) wurde erster Bürgermeister des Bezirks, er blieb es bis zur Absetzung durch die Nationalsozialisten 1933. Das Bezirksamt bestand mit dem Bürgermeister aus sieben besoldeten und vier unbesoldeten Vertretern.

Die Verwaltung konnte auf zahlreiche Amtsgebäude zurückgreifen. So hatte Treptow sein Rathaus und sogar ein Krematorium eingebracht, auch Oberschöneweide, Niederschöneweide und Johannisthal hatten eigene Verwaltungsgebäude. Die Gemeinde Niederschöneweide besaß sogar ein Beerdigungsinstitut. Die Hauptverwaltung zog in das 1910 an der Neuen Krugallee errichtete Treptower Rathaus, es blieb bis zur Bezirksfusion am 1. Januar 2001 Sitz der Treptower Bürgermeister.

Damals wie auch heute tagte das Bezirksamt einmal wöchentlich. Am 1. Oktober 1920 hatte der Bezirk Treptow 407 Beamte, dazu noch 305 Hilfsangestellte und 319 Arbeiter. In den Gebäude der Bezirksverwaltung gab es sechs Telefonzentralen. Allein im Rathaus Treptow waren 93 Telefone angeschlossen.

Der Grundbesitz kann sich ebenfalls sehen lassen. Hier schlüsselt der "Erste Verwaltungsbericht der neuen Stadtgemeinde Berlin" die Zahlen für 1924 auf. Damals verfügte Treptow über sechs Rathäuser und Verwaltungsgebäude, 18 Schulen und Turnhallen, elf Wohlfahrtsgebäude, fünf Feuerwachen. Außerdem unter anderem über 155 Hektar Parks und Grünanlagen, 27 Hektar Friedhofsfläche und 23 Hektar Spiel- und Sportplätze.

Der neue Bezirk kümmerte sich auch um die öffentliche Gesundheitspflege. So gab es unter anderem einen leitenden Stadtarzt und drei Fürsorgeärzte sowie einen Schulzahnarzt. Der Bezirk richtete dafür in der Gemeindeschule Niederschöneweide eine Schulzahnklinik. Ein Jahr nach Bildung von Groß-Berlin gab es in Treptow 29 Schulen, an denen 14 486 Schüler unterrichtet wurden. Die mittlere Klassenstärke wurde an Volksschulen mit 34 Kindern angegeben, an höheren Schulen für Knaben mit 32 und für Mädchen mit 26. Kurios: Das Bezirksamt war auch Besitzer von 48 Pferden in drei Depots des Fuhrparks.

Das von Niederschöneweide übernommene Beerdigungsinstitut wurde ausgebaut, es lieferte sogar Särge aus eigener Fertigung zum Selbstkostenpreis für sozial Schwache.

Quelle: Erster Verwaltungsbericht der neuen Stadtgemeinde Berlin, Otto Stollberg Verlag, Berlin SW 68.

Im erst 1910 erbauten Treptower Rathaus zog 1920 die Hauptverwaltung des Bezirksamts Treptow ein. | Foto: Museum Treptow-Köpenick
Der Verwaltungsbericht von 1924 vermittelt Wissenswertes über die ersten Jahre als Berliner Bezirk. | Foto: Ralf Drescher
Autor:

Ralf Drescher aus Lichtenberg

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

16 folgen diesem Profil

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

Beitragsempfehlungen

BauenAnzeige
2024 war Richtfest für die Grundschule in der Elsenstraße. | Foto: SenBJF
7 Bilder

Berliner Schulbauoffensive 2016-2024
Erfolgsgeschichte für unsere Stadt

Die Berliner Schulbauoffensive ist nach wie vor eines der zentralen Projekte unserer Stadt. Mit aktuell mehr als 44.000 neu entstandenen Schulplätzen setzt die Offensive ihre Ziele erfolgreich um. So wurden von 2016 bis 2023 bereits 5 Milliarden Euro in moderne Bildung investiert. Auch in den kommenden Jahren wird das derzeit größte Investitionsvorhaben für Schulen fortgesetzt. Die Offensive geht weiter und führt zu einer dauerhaft verbesserten schulischen Umgebung für unsere Schülerinnen und...

  • Charlottenburg
  • 13.12.24
  • 239× gelesen
WirtschaftAnzeige
Für weitere rund 180.000 Haushalte in Berlin baut die Telekom Glasfaserleitungen aus. | Foto: Telekom

Telekom baut Netz aus
Glasfaser-Internet hier im Bezirk

Ab Dezember starten die Arbeiten zum Ausbau des hochmodernen Glasfaser-Netzes in Borsigwalde, Friedenau, Frohnau, Hakenfelde, Lichtenrade, Lübars, Mariendorf, Neu-Tempelhof, Reinickendorf, Schöneberg, Spandau, Tegel, Waidmannslust, Wilhelmstadt und Wittenau. Damit können weitere rund 180.000 Haushalte und Unternehmen in Berlin einen direkten Glasfaser-Anschluss bis in die Wohn- oder Geschäftsräume erhalten. Die Verlegung der Anschlüsse wird im Auftrag der Telekom durchgeführt. Bis 2030 plant...

  • Borsigwalde
  • 11.12.24
  • 1.002× gelesen
WirtschaftAnzeige
Einstiegstüren machen Baden und Duschen komfortabler. | Foto: AdobeStock

GleichWerk GmbH
Seniorengerechte Bäder und Duschen

Seit März vergangenen Jahres ist die Firma GleichWerk GmbH in Kremmen der richtige Partner an Ihrer Seite, wenn es um den Innenausbau Ihres Hauses oder Ihrer Wohnung geht. Darüber hinaus bietet das Unternehmen auch seine Dienste für Hausverwaltungen an. Geschäftsführender Inhaber des Fachbetriebs ist Dennis Garte, der nach jahrelanger Berufserfahrung den Schritt in die Selbstständigkeit wagte, wobei er über ein großes Netzwerk an Kooperationspartnern sowie angesehenen Handwerksfirmen verfügt....

  • Umland Nord
  • 04.12.24
  • 655× gelesen
WirtschaftAnzeige
Für weitere rund 84.000 Haushalte in Berlin baut die Telekom Glasfaserleitungen aus. | Foto: Telekom

Telekom vernetzt
Glasfaser-Internet hier im Bezirk

Aktuell laufen die Arbeiten zum Ausbau des hochmodernen Glasfaser-Netzes in Berlin auf Hochtouren. Neue Arbeiten starten nun auch in Alt-Hohenschönhausen, Fennpfuhl, Friedrichsfelde, Friedrichshain, Karlshorst, Kreuzberg, Lichtenberg und Rummelsburg. Damit können nun rund 84.000 Haushalte und Unternehmen einen direkten Glasfaser-Anschluss bis in die Wohn- oder Geschäftsräume erhalten. Die Verlegung der Anschlüsse wird im Auftrag der Telekom durchgeführt. Bis 2023 plant die Telekom insgesamt...

  • Alt-Hohenschönhausen
  • 11.12.24
  • 1.143× gelesen
KulturAnzeige
Blick in die Ausstellung über den Palast der Republik. | Foto: David von Becker
2 Bilder

Geschichte zum Anfassen
Die Ausstellung "Hin und weg" im Humboldt Forum

Im Humboldt Forum wird seit Mai die Sonderausstellung „Hin und weg. Der Palast der Republik ist Gegenwart“ gezeigt. Auf rund 1.300 Quadratmetern erwacht die Geschichte des berühmten Palastes der Republik zum Leben – von seiner Errichtung in den 1970er-Jahren bis zu seinem Abriss 2008. Objekte aus dem Palast, wie Fragmente der Skulptur „Gläserne Blume“, das Gemälde „Die Rote Fahne“ von Willi Sitte, Zeichnungen und Fotos erzählen von der damaligen Zeit. Zahlreiche Audio- und Videointerviews geben...

  • Mitte
  • 08.11.24
  • 2.033× gelesen
add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.