Temporäres Zuhause für verletzte Vögel
In der Biesdorfer Wildvogelstation betreibt der NABU Berlin Artenschutz

Marc Engler leitet die NABU-Wildvogelstation. Weil das ehemalige Forsthaus Wuhletal (im Hintergrund) marode ist, in Zukunft abgerissen und neugebaut werden soll, sind die NABU-Mitarbeiter seit April 2018 in einer Containeranlage untergebracht.  | Foto:  Philipp Hartmann
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  • Marc Engler leitet die NABU-Wildvogelstation. Weil das ehemalige Forsthaus Wuhletal (im Hintergrund) marode ist, in Zukunft abgerissen und neugebaut werden soll, sind die NABU-Mitarbeiter seit April 2018 in einer Containeranlage untergebracht.
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Viele Berliner werden schon einmal einen verletzten Vogel entdeckt haben. Wer in einem solchen Fall helfen möchte, kann jedoch einiges falsch machen. Aufklärung bietet die Wildvogelstation des Naturschutzbundes (NABU) Berlin in Biesdorf. Dort werden verletzte Wildvögel gepflegt, bis sie wieder in die Natur entlassen werden können.

Auf dem Gelände direkt neben dem Wuhletal-Wanderweg gibt es 13 Volieren für die tierischen Patienten. Vier Angestellte arbeiten dort, zudem werden zwei Bundesfreiwilligendienste angeboten. Am häufigsten versorgen die Mitarbeiter Wildvögel mit Frakturen im Flügel- oder Brustbereich bis zur Wiederauswilderung. Gründe dafür sind in den meisten Fällen Kollisionen mit Fahrzeugen und Fensterscheiben oder Angriffe von Katzen. Allein im Jahr 2021 sind insgesamt 1177 Wildvögel aus 37 Arten versorgt worden. Im Rahmen des Außendienstes waren Stockenten dabei mit 908 Individuen die häufigste Art. Ein Großteil der Versorgung fiel darüber hinaus auf Wildvogelarten zurück, darunter Ringeltauben, Haussperlinge und Nebelkrähen.

13 Volieren gibt es auf dem Gelände der NABU-Wildvogelstation.  | Foto: Philipp Hartmann
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Seit 1999 existiert die Wildvogelstation. Im Zentrum der Arbeit stehen Aufklärung, Prävention sowie Umsetzung und Unterstützung bei wildvogelrelevanten Problemen. Das Team aus Pflegern und Biologen kümmert sich längst nicht nur um die Pflege und Auswilderung von verletzten Wildvögeln. Auch die Aufzucht von Jungvögeln bei freien Kapazitäten, die Bürgerberatung und die Vermittlung von Pflegeeinrichtungen gehören zum Alltag. Allein 2021 führten die Mitarbeiter rund 4350 Beratungsgespräche mit Bürgern. Vor allem in der Brutzeit von April bis September klingelt ständig das Telefon. Marc Engler leitet die Station in Biesdorf seit Mitte vergangenen Jahres. Der studierte Biologe beschäftigte sich mit Greifvögeln bereits im Rahmen seiner Bachelorarbeit. Seit drei Jahren arbeitet der 28-Jährige für den NABU. Immer wieder wird der gebürtige Reinickendorfer bei seiner Arbeit mit Fällen konfrontiert, die auch für ihn noch Neues bereithalten.

Im Frühjahr 2021 war seine Expertise bei einer besonders kniffligen Angelegenheit gefragt. Damals hatte sich ein Blässhuhn ausgerechnet ein Güterschiff für den Nestbau ausgesucht. Laut Gesetzeslage durfte das Nest nicht angetastet werden. Zu seiner Überraschung erklärte sich die betroffene Firma bereit, ihr Güterschiff so lange stehen zu lassen, bis das Blässhuhn seine Brut beenden konnte. Was häufiger vorkomme, sei die Umsetzung von Stockenten, die sich gern mal am Potsdamer Platz den 15. Stock zum Brüten aussuchen.

Alexandra Delor vom NABU mit einem ausgewachsenen männlichen Turmfalken, der auf der Wildvogelstation gepflegt wurde. | Foto: Marc Engler
  • Alexandra Delor vom NABU mit einem ausgewachsenen männlichen Turmfalken, der auf der Wildvogelstation gepflegt wurde.
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Die Wildvögel, die auf die Station kommen, haben manchmal schon eine weite Reise hinter sich. So wie die kleine Wildohreule, die im Dezember in einem aus Polen per Post verschickten Swimmingpool mitreiste und so bei einer Frau in Spandau landete. Inzwischen ist sie wieder erfolgreich ausgewildert worden. Einmal brachte jemand zwei verletzte Jungvögel aus dem Urlaub in Südfrankreich mit nach Berlin. Diese hatten sich dadurch bereits an den Menschen gewöhnt, was die Mitarbeiter unbedingt vermeiden wollen. Der häufigste Fehler, den Bürger machen, ist laut Marc Engler, „dass ein Vogel ohne weitere Recherche mit nach Hause genommen wird, ohne sicher zu sein, dass dieser wirklich hilfsbedürftig ist“. Hinzukomme dann oft noch falsches Futter und mangelhafte Versorgung, was den Tieren mehr schade als nütze. Wer einen Vogel finde, solle deshalb zunächst beobachten, ob dieser offensichtliche Verletzungen hat oder Anzeichen von Gleichgewichtsstörungen zeigt. Am Telefon könnten die Mitarbeiter die Lage anhand der Beschreibungen in der Regel gut einschätzen, doch schwierige Fälle gibt es immer wieder.

Marc Engler, Leiter der NABU-Wildvogelstation, hält einen jungen Mäusebussard im Arm. Das Foto entstand kurz vor der Freilassung des Greifvogels im Juni 2020. | Foto: A. Courtiol
  • Marc Engler, Leiter der NABU-Wildvogelstation, hält einen jungen Mäusebussard im Arm. Das Foto entstand kurz vor der Freilassung des Greifvogels im Juni 2020.
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Einige der von Bürgern gefundenen Vögel werden erst gar nicht in der Station betreut. Stadttauben beispielsweise gelten nicht als Wildvögel. Es gibt deshalb andere Ansprechpartner für die Bürger. Manche Vögel sind auch so stark verletzt, dass sie nicht mehr ausgewildert, sondern nur noch von ihrem Leiden erlöst werden können. Solche Entscheidungen treffen die Tierärzte der Kleintierklinik der FU Berlin in Zehlendorf, mit der die Wildvogelstation eng zusammenarbeitet. Hier finden eine umfangreiche Diagnostik mit entsprechenden Geräten und veterinärmedizinische Behandlungen statt.

Die NABU-Wildvogelstation, Zum Forsthaus 7, ist trotz Zuschüssen von den Bezirken und dem Senat immer auch auf Spenden angewiesen. Damit sollen beispielsweise die Volieren und Vogelräume ausgebaut, Futtermittel besorgt sowie die Erreichbarkeit bei Notfällen verbessert werden.

Weitere Infos und ein Leitfaden zum Umgang mit hilfsbedürftigen Wildvögeln gibt es online auf berlin.nabu.de/stadt-und-natur/projekte-nabu-berlin/wildvogelstation. Kontakt per E-Mail an wildvogelstation@nabu-berlin.de oder unter Telefon 54 71 28 92.

Autor:

Philipp Hartmann aus Köpenick

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