„Känguru“ hilft Müttern wie Sarah Schnupp
"Das nimmt mir den Druck"
Nach der Geburt ihres Kindes fühlen sich viele Eltern überfordert. Das Baby schreit. Der Schlaf kommt zu kurz, Haushalt und Einkauf bleiben liegen. Und stetig steht die Frage im Raum: Machen wir alles richtig?
So ergeht es auch Sarah Schnupp und Thomas Kuhn. Am 30. Oktober 2018 werden ihre eineiigen Zwillinge Alea-Marie und Fiona-Emilie im Evangelischen Waldkrankenhaus geboren. Mit einem Kaiserschnitt, weil Alea in Beckenlage liegt. Das kleine Mädchen kommt zuerst, Schwester Fiona eine Minute später. Für ihre Mutter ist es nicht nur die erste Geburt, sondern auch die erste Operation. Schon während der Schwangerschaft ist die 24-Jährige geschwächt, bekommt Diabetes, muss ärztlich überwacht werden. „Nach der Geburt war ich dann körperlich und seelisch am Ende“, erzählt die Spandauerin.
Wieder zu Hause wird es nicht besser. „Ich konnte die Babys nicht stillen, musste alle zwei bis drei Stunden Milch abpumpen, was mich noch mehr ausgelaugt hat.“ Hinzu kommt, dass Sarah Schnupp und ihr Lebensgefährte in eine neue Wohnung ziehen. Purer Stress für die junge Mutter im Hormonchaos und ihre Zwillinge. „Mir stieg der Alltag über den Kopf. Zwei Babys füttern, wickeln, zum Arzt bringen, Einkaufen gehen und nebenher der Haushalt.“ Sie schafft das nicht allein, ist überfordert. Vater Thomas Kuhn hilft, wo er kann. Der gelernte Zimmermann hat aber gerade eine Umschulung zum Logistiker begonnen und ist nicht immer da.
"Känguru" vereinbarte zügig Termin vor Ort
Verzweifelt sucht Sarah Schnupp einen alten Flyer heraus: „Känguru – hilft und begleitet“. Davon hatte man ihr im Hebammenhaus erzählt. Sie schreibt eine Mail, bittet um Hilfe und bekommt einen Rückruf. „Wir haben einen Termin ausgemacht, und ich bin dann zu ihr gefahren, um mir die Situation vor Ort anzuschauen“, sagt Julia Grieb. Sie ist die Regionalkoordinatorin des Projektes „Känguru“ für Spandau. Das leistet sozusagen erste Hilfe im Alltag, in der Regel ein Jahr lang.
Seit 2009 gibt es diese aufsuchende Nachbarschaftshilfe für Familien und/oder Alleinerziehende mit mindestens einem Kind im ersten Lebensjahr schon im Bezirk. Jetzt im November wurde das 10. Jubiläum gefeiert. Ins Leben gerufen hat das Projekt das Diakonische Werk Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz. Das Besondere am Känguru-Standort Spandau ist die Anbindung an das Waldkrankenhaus. Dort funktioniert eine Art Frühwarnsystem. „Stationsschwestern und Ärzte schauen schon vor der Geburt, wer Hilfe brauchen könnte und informieren uns dann“, so Julia Grieb. Sie hat die Erfahrung gemacht, dass sich viele Mütter scheuen um Hilfe zu bitten, weil sie Angst haben, als schwach oder unfähig zu gelten und es deshalb unbedingt alleine schaffen wollen. „Dabei sind sie dann sehr dankbar und erleichtert, wenn sie durch unsere Ehrenamtlichen mal wieder etwas Zeit für sich haben.“ So wie Sarah Schnupp, die schon nach dem ersten Gespräch erleichtert ist. „Weil mir klar wurde, ich bin nicht allein, und mir wird tatsächlich geholfen.“
Herlferin spielt mit den Kindern
oder geht mit ihnen spazieren
Ihre persönliche Hilfe heißt Heike Plettner. Die Bürokauffrau wohnt in der Nachbarschaft und ist seit eineinhalb Jahren als Ehrenamtliche bei „Känguru“. Die beiden Frauen sind sich beim Kennenlerntreffen auch sofort sympathisch. Ab September 2019 besucht Heike Plettner, selbst Mutter eines achtjährigen Sohnes, Sarah Schnupp regelmäßig jeden Donnerstag. „Ich nehme ihr für zwei bis drei Stunden die Kinder ab, spiele oder gehe mit ihnen spazieren.“ Für die junge Mutter hat sie immer ein offenes Ohr, gibt ihr Tipps und unterstützt sie, wo sie gebraucht wird. Wäschewaschen, die Wohnung putzen oder Einkaufen gehen, gehören allerdings nicht zu ihren Aufgaben.
Sarah Schnupp erledigt derweil dringende Termine oder ruht sich aus, tankt Energie. Über Heike ist sie glücklich. „Ich freue mich jede Woche auf sie und bin dankbar für ihre Hilfe. Das nimmt mir den Druck, und ich bin inzwischen viel entspannter.“
Familienbegleiter bitte melden!
In Spandau betreuen heute zwölf Ehrenamtliche neun Familien. Weil aber auch viele andere Eltern gern Känguru-Besuch hätten, sucht Julia Grieb weitere ehrenamtliche Familienbegleiter. Idealerweise sollten die Ehrenamtlichen selbst Mütter sein und Freude an Kindern haben. Sie sollten bereit sein, sich fortzubilden, empathisch und offen für neue Erfahrungen sein.
Interessierte können sich bei Julia Grieb melden: 0178/ 770 93 88 oder spandau@kaenguru-diakonie.de. Weitere Informationen gibt es unter https://bwurl.de/14n9.
Autor:Ulrike Kiefert aus Mitte |
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