Ehab will weiterkommen: Zielstrebig baut der junge Syrer seine Zukunft auf
Spandau. Flüchtlinge sind Menschen, die ihr Zuhause verlassen mussten, um ihr Leben zu retten. Doch wie geht es weiter – hier in Berlin? Die Berliner Woche stellt einige der neuen Nachbarn vor.
„Ich heiße Ehab Alshuraini und komme aus Damaskus.“ Der junge Syrer spricht diesen Satz beinahe akzentfrei und auch das nachfolgende Gespräch auf Deutsch ist beeindruckend. Der 21-Jährige ist erst seit knapp einem Jahr in Berlin und hat schon viel erreicht. Kaum war sein Aufenthaltsstatus geklärt, hatte er auch schon einen Minijob und nicht viel später eine Wohnung. Er arbeitet für einen Back-Shop im U-Bahnhof Kurt-Schumacher-Platz, wo er Brötchen belegt. „Vor einigen Wochen bin ich aus dem Wohnheim in Wedding nach Staaken gezogen. Ich muss drei Busse nehmen, um nach Reinickendorf zu kommen. Gegen 2 Uhr morgens gehe ich aus dem Haus, damit ich pünktlich um 4 Uhr mit dem Job beginnen kann.“ Er lächelt und trotz der langen morgendlichen Fahrt deutet nichts auf Erschöpfung oder Frust hin. Ehab betrachtet das neue Leben in Berlin als eine Herausforderung, der man ideenreich begegnen muss.
In Damaskus hat der zielstrebige Syrer das Fachabitur im Bankwesen gemacht. Doch eine Banker-Karriere schien ihm einfach nicht passend – „Ich wollte kreativ sein.“ Da bot sich eine Ausbildung als Technischer Zeichner an. „Die Kombination aus Kunst und Technik hat mich schon immer fasziniert.“ 2014 hatte er seine Ausbildung noch nicht beendet, konnte aber damit rechnen, von der Syrischen Armee eingezogen zu werden. Er heiratete seine Freundin und organisierte 2015 die Flucht. Auch das erzählt er mit ruhiger Stimme und man merkt ihm an, dass es für ihn damals keinen Zweifel an seinem Entschluss gab. Seine Frau wollte die gefährliche Reise nicht mitmachen. „Auch meine Familie zeigte kein Verständnis für meine Entscheidung. Doch ich wollte auf keinen Fall irgendwann einmal auf Syrer schießen.“
Mit einem Polizisten Vokabeln gepaukt
Inzwischen hat er schon deutsche Freunde. Durch seine positive Ausstrahlung und seine offene Art, kommt der junge Syrer schnell in Kontakt. „Bei Lidl habe ich meine jetzt beste Freundin kennengelernt, habe sie einfach angesprochen, sie wirkte so sympathisch und mir war klar, dass ich Kontakt zu Deutschen brauche, um hier zu bestehen.“ Auch die Suche nach einem Tandem, um schneller Deutsch sprechen zu lernen, war erfolgreich. Ein Polizist paukte mit ihm die ersten Vokabeln und wurde sein Freund. Doch wie geht es weiter? „Ich habe einen Zahnarzt gefragt, ob eine Ausbildung als Zahntechniker möglich wäre. Es sieht gut aus. Alles läuft ok für mich, nur meine Frau wird immer depressiver und ängstlicher. Sie ist noch so jung und sitzt jetzt in Damaskus fest.“ Das erste Mal sind Sorgenfalten auf der Stirn von Ehab zu sehen. Damit alles vorbereitet ist, wenn sie hoffentlich 2017 zu ihm reisen darf, hat er die kleine Wohnung in Staaken auch in ihrem Sinne eingerichtet und sucht einen Ausbildungsplatz für sie – auch als Zahntechnikerin.
„Mein Traum ist es, gemeinsam mit meiner Frau eine Werkstatt für Zahntechnik zu gründen.“ Wenn das nicht klappen sollte, wird er eben Schachweltmeister. In Syrien hat Ehab tatsächlich schon einige Wettbewerbe gewonnen. ARL
Autor:Angelika Ludwig aus Weißensee |
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