Deutschlands allererste Platte
Die Splanemann-Siedlung war der Versuch industriellen Wohnungsbaus

Zwei bis drei Stockwerke haben die Häuser der Splanemann-Siedlung. Es waren die ersten im Land, die mit vorgefertigten Großplatten errichtet wurden. | Foto: Berit Müller
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Zwischen Plattenbauten, Bahntrasse, Kleingärten und Gewerbehöfen wirken die hübschen roten Häuser fast ein wenig fehl am Platz. Dabei verdient die Splanemann-Siedlung in Friedrichsfelde-Süd eigentlich besondere Aufmerksamkeit. Das Ensemble aus den späten 1920er-Jahren gilt als erster Versuch industriellen Wohnungsbaus in Deutschland – im Prinzip war‘s ein Testlauf für die Platte.

In vielen Produktionszweigen hatte sich die Industrialisierung schon Anfang des 19. Jahrhunderts vollzogen, die Wohnungsnot nach dem ersten Weltkrieg erforderte nun auch für den Wohnungsbau ein effektiveres Arbeiten.

Der Architekt und Stadtplaner Martin Wagner (1885 – 1957) war ein Verfechter sozialer Ideen im Städtebau. Er hatte sich bereits als Stadtbaurat von Schöneberg bewährt, als er Mitte der 1920er-Jahre eine Siedlung entwickelte, bei deren Bau erstmals Großplatten zum Einsatz kommen sollten. Die Reihenhäuser, die auf einer Kleingartenfläche nahe der damaligen Kriegerheimstraße in Friedrichsfelde entstehen sollten, waren ursprünglich noch als traditionelle Ziegelbauten geplant.

Sozialbau neu gedacht

Der aus Königsberg stammende Architekt engagierte sich gewerkschaftsnah für eine soziale Bauwirtschaft, er arbeitete an diversen größeren Siedlungsbauvorhaben mit und setzte gemeinsam mit anderen namhaften Architekten auf Normierung und Rationalisierung im Wohnungsbau. Seine Bemühungen waren allerdings nicht von übermäßigem Erfolg gekrönt. Das erklärte Ziel, die Entstehungskosten zu senken, erreichte er nicht. Ab 1926 konzentrierte er sich als Stadtbaurat von Groß-Berlin auf die Neugestaltung des Stadtzentrums.

Für die Splanemann-Siedlung vollendete die ausführende Soziale Bauhütte Berlin acht Gebäudezeilen mit 27 Häusern und 138 Wohnungen. Die boten ihren Mietern einen damals nicht selbstverständlichen Komfort.  Alle  waren mit  Bad, Toilette, Küche und sogar Balkon oder Loggia ausgestattet. Errichtet wurde die Siedlung von 1926 bis 1930, Bauherr war die Gemeinnützige Reichsbundkriegersiedlung GmbH. Die Mittel stammten von der Stiftung für Kriegsversehrte.

Acht verschiedene Außen- und vier unterschiedliche Innenplatten ließ man für den Bau der Siedlung in Schalungsform vorfertigen. Gesetzt, ausgerichtet und montiert wurden die circa sieben Tonnen schweren und drei Meter breiten Platten vor Ort mit Hilfe eines sogenannten Portalkrans. Decken und Dachstuhl entstanden in traditioneller Holzkonstruktion.

Als zu teuer wieder aufgegeben

Trotz der Flexibilität, die mit nur zwölf Plattentypen erreicht wurde, erfüllte das Projekt nicht die gestalterischen Vorstellungen. Hinzu kam, dass der immer noch notwendige Anteil an Holzkonstruktionen, die großen Bauteile und die zu geringe Stückzahl keinerlei Einsparung gegenüber der traditionellen Bauweise brachte. Größter Kostenfaktor war der Kraneinsatz, nicht der Lohn für die Bauarbeiter. So wurde das Vorhaben nicht weiter verfolgt. Die Bauunterlagen gingen im Zweiten Weltkrieg verloren und eine komplette Hauszeile mit 20 Wohnungen wurde zerstört.

Der Rest steht seit 1981 unter Denkmalschutz und befindet sich heute in Privatbesitz. Mit der Umbenennung der Kriegerheimstraße in Splanemannstraße im Jahr 1951 erhielt auch die anliegende Siedlung den Namen des Widerstandskämpfers. Herbert Splanemann war Mitglied des Metallarbeiterverbandes und der KPD. Während des zweiten Weltkriegs baute er mit anderen KPDlern eine betriebliche Widerstandsgruppe auf, wurde 1944 verhaftet und vom Volksgerichtshof wegen „Vorbereitung zum Hochverrat“ und „Feindbegünstigung im Kriege“ zum Tode verurteilt. Am 29. Januar 1945 wurde Splanemann im Zuchthaus Brandenburg-Görden hingerichtet.

Autor:

Berit Müller aus Lichtenberg

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