"Riesenmaul" im Grunewald
Wasserbetriebe verbessern Qualität von Straßenabwasser

Das Regenwasser von den Straßen Westends fließt in den Postfenn, ein Feuchtgebiet im Grunewald. Bald nicht mehr ungefiltert. | Foto: Berliner Wasserbetriebe
  • Das Regenwasser von den Straßen Westends fließt in den Postfenn, ein Feuchtgebiet im Grunewald. Bald nicht mehr ungefiltert.
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Die Berliner Wasserbetriebe (BWB) haben für eine halbe Millionen Euro einen Riesenregenmaulkanal saniert. Dabei handelt es sich nicht etwa um eine Kunstfigur aus Michael Endes „Die unendliche Geschichte“, sondern um das Ende eines unterirdischen Rohrsystems für den Abfluss von Straßenwasser.

So ein System lässt sich bildlich ganz gut mit der Struktur eines Baumes erklären, der waagerecht unter der Erdoberfläche liegt, dessen Äste an verschiedene Straßen heranreichen und dessen Blüten an den Enden der letzten Zweige die Kanaldeckel sind. In diesem Falle erschließt das System Westend und die gesamte Heerstraße. Einst auch das Olympiastadion und dessen Umgebung, mittlerweile ist dieser Bereich aber größtenteils abgekoppelt – dort versickert das Wasser dezentral im Boden.

Der sanierte Riesenregenmaulkanal markiert also die Wurzel, wenn man im Bild bleibt. Der Ausfluss ist breiter als höher und mit 1,20 mal 1,60 Meter amtlich dimensioniert, daher das „Maul“ in seinem Namen. Alle, die bei Google Maps in Geocacher-Manier die Koordinaten 52.500810 Länge und 13.23422 Breite genau in diesem Format und ohne Kommatrennung in der Suchleiste eingeben und dann auf den Satelliten-Modus schalten, dürften sich über die Lage der Mündung wundern: mitten im Grunewald, genauer gesagt im Postfenn. „Das ist die totale Ausnahme. In den 50er-Jahren hat man das Regenwasser von den Straßen gerne in einen Fenn eingeleitet. Normal sind Gewässer“, sagt BWB-Sprecher Stephan Natz. „Eiszeitliche Toteislöcher, die zu Seen wurden, wegen der anhaltenden Trockenheit aber längst meist nur noch Moore sind.“

Weil diese sensiblen Feuchtgebiete auf der Liste der zu schützenden Fauna-Flora-Habitat-Gebiete stehen, wolle das Land Berlin die Qualität des abfließenden Wassers auf Vordermann gebracht wissen. „Auf dem Weg von der Heerstraße in den Wald verliert das Regenwasser nämlich seine Unschuld“, sagt Natz. „Abrieb von Autoreifen, Schlamm, Pollen und Flugsand. Das hat im Wald alles nichts verloren.“ Weil die Senatsverwaltung zwar über viele kluge Köpfe verfüge, dafür aber über wenig Fachpersonal, bediene sie sich der Dienste der Wasserbetriebe. „Wir stellen also Ingenieure, Kanalarbeiter und die Dienstleistung“, sagt Natz.

Bei der Untersuchung, wie das Wasser aus dem Riesenregenmaulkanal gefiltert werden kann, fiel den BWB der marode Zustand des Bauwerks auf. „Der Beton bröselte schon ab“, so Natz. Also wurde es saniert. Das graue Mauerwerk ließ man gleich von der Graffiti-Gruppe „Art-Efx“ verschönern, um willkürlicher Schmiererei vorzubeugen. Als Filteranlage schwebt dem Wasserver- und -entsorger eine so genannte Retentionsfilteranlage vor – am Halensee bereits als mit Filtersubstrat gefüllter und mit Schilf bepflanzter Betonbottich im Einsatz. Der Auslauf ist mit einem Gitter bewehrt. „Wir wollen nicht, dass in dem System Wandertage stattfinden“, scherzt Natz. Zumal man in diesem riesigen „Baum“ durchaus auch verloren gehen könne.

Autor:

Matthias Vogel aus Charlottenburg

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