Die Skepsis überwiegt
Alice Salomon Hochschule stellt Studie zur Demokratieverdrossenheit im Bezirk vor
Eine Gruppe von Wissenschaftlern und Studenten der Alice Salomon Hochschule hat sich in einer Studie mit der Demokratieverdrossenheit im Bezirk beschäftigt. Was die Politik daraus ableiten kann, das stellte der frühere Bürgermeister von Marzahn-Hellersdorf Stefan Komoß vor.
Die Studie ist das Ergebnis eines Forschungsprojektes an der ASH von März 2017 bis Ende 2018. Im Zentrum stand eine Befragung von Menschen aus dem Bezirk. „Wir haben 2000 Fragebögen versandt und 363 ausgefüllt zurückbekommen. Allein das war für uns schon ein ermunterndes Ergebnis“, sagte Heinz Stapf-Finé, Professor für Sozialpolitik an der ASH und Leiter der Studie Anfang April im Rahmen einer Presseveranstaltung im Kastanientreff am Boulevard Kastanienallee.
Anlass für die Studie waren die politischen Verwerfungen wie sie durch den Flüchtlingszuzug seit 2013 und auch im Ergebnis der Bundestagswahl 2016 in Marzahn-Hellersdorf deutlich geworden sind. Sie sollte dabei Antworten auf die Frage geben, wie eine Kommune die mit der Integration von Menschen unterschiedlicher Kulturen in großer Zahl verbundenen Probleme bewältigen kann. Dabei wurde zunächst nach dem Potenzial der Zivilgesellschaft gefragt.
Im Ergebnis der Befragungen stellte sich heraus, dass ein Viertel der Befragten mit der praktischen Umsetzung von Demokratie in Deutschland zufrieden ist und ein Viertel weniger zufrieden. Die größte Gruppe, rund 30 Prozent, findet die Umsetzung von Demokratie fragwürdig. Rund 18 Prozent halten nichts von Demokratie, sind aber ohnehin unpolitisch.
Entgegen verbreiteter Vorurteile sind Antisemitismus oder Vorurteile gegenüber anderen Lebensformen wie Homosexualität im Vergleich zu anderen deutschen Kommunen relativ wenig verbreitet. Fast 60 Prozent der Befragten finden dagegen, dass es in Deutschland zu viele Muslime gibt und fast genauso viele finden, dass Flüchtlinge zu hohe Sozialleistungen beziehen.
Immerhin meinen fast 90 Prozent der Befragten, dass sie Menschen mit anderen Meinungen akzeptieren, und fast genauso viele, in Konfliktsituationen auf Argumente zu setzen. „In vertiefenden Interviews zeigte sich, dass sich viele Menschen mehr Einladung zur aktiven politischen Teilhabe wünschen“, erläutert Stapf-Finé.
Stefan Komoß hat die Forschungen an der ASH begleitet. Von ihm stammen die abschließenden Empfehlungen an die Politik, wie mit den Problemen umzugehen ist. „Politik muss die Probleme der Bürger aufgreifen und wieder lernen, ihre Sprache zu sprechen“, ist eine seiner Thesen. Eine weitere lautet, dass mehr praxisnahe Veranstaltungen wie Stadtteilkonferenzen und Bürgerforen angeboten werden sollten, „die darauf abzielen, den Bürgerwillen zu erfahren und auf ihn einzugehen“.
Das Forschungsprojekt wird bis März 2020 in einem neuen Rahmen weitergeführt. Die Forschungsgruppe hat im Kastanientreff, Stollberger Straße 63, Zugang vom Boulevard Kastanienallee, ein Bürgerbüro eröffnet. Öffnungszeiten: Di 16-18, Do 10-12 Uhr.
Mehr Infos auf www.ash-berlin.eu/forschung/forschungsprojekte-a-z/defa/.
Autor:Harald Ritter aus Marzahn |
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