Fähre Ahoi

Eigentlich war es purer Zufall, dass ich Fahrgast der Fähre vom Müggelseedamm bis Wasssersportallee wurde. Die Baustellen waren schuld. Oder besser gesagt, der Grund. Um mir den ganzen Stress mit dem Stau zu ersparen, habe ich beschlossen, das Auto auf der anderen Seite des Ufers abzustellen. Rüber mit der Fähre und dann weiter mit dem Rad. Und andersrum. Jeden Tag tue ich seitdem etwas Gutes für meine Fitness – nun muss ich Fahrradfahren, und das ist auch gut so. Naja, man könnte auch mit der Straßenbahn dorthin kommen, aber das hebe ich mir für Zeiten auf, in denen es Hunde und Katzen regnet.

Jeder Tag mit der Fähre birgt ein kleines Abenteuer. Die Fähre transportiert Menschen aller Art, denn jeder ist eine Welt für sich. Das fängt schon bei dem Fährmann oder der Fährfrau an. Es gibt solche, die schon am frühen Morgen gut gelaunt sind und jeden mit einem Lächeln im Gesicht begrüßen. Es gibt solche, die in sich gekehrt sind und wieder welche, die ein Herz für ihre Passagiere haben. Noch nie habe ich erlebt, dass es jemanden dabei gibt, der schlecht gelaunt wäre. Vielleicht sorgt die viele frische Luft dafür oder der Anblick des Wassers, des Sonnenaufgangs bei schönem Wetter oder das Zwitschern der Vögel und das Schnattern der Enten. Vielleicht liegt es auch daran, dass eine Fähre selten überfüllt ist und die Menschen sehr entspannt sind. An einem Nachmittag zum Beispiel kamen Mutter und Sohn auf die Fähre, der Sohn war noch klein, er verstand nicht, warum er nicht mit seinem Rutschfahrrad auf die Fähre fahren durfte und weinte herzzerreissend. Die junge Mutter versuchte ihn zu trösten, doch nichts half. Der junge Fährmann wusste Rat und reichte dem kleinen Fahrradfreund eine Dose mit Weingummi, das den Namen nicht verdient, denn das „Weinen“ hatte ein rasches Ende.

Es macht auch immer wieder Spaß, die Leute anzusehen, die unterwegs sind. Manche sind sehr elegant, andere wieder lässig, mit großen Kopfhörern auf dem Kopf, wieder welche mit Hunden und andere mit Fahrrädern. Die Menschen, die die Fähre nehmen, machen allesamt einen entspannten und keineswegs hektischen Eindruck, man lässt sich gegenseitig den Vortritt und sorgt im allgemeinen dafür, dass die Kabinentür geschlossen bleibt, wenn die Temperatur keine Freudensprünge erlaubt.

Selbst auf dem Weg von der Fähre zur Straße gibt es mitunter Erlebnisse, die einen erheitern können. So hörte ich schon auf dem Steg Klarinettenmusik und war überrascht, woher das kam. Ein älteres Paar saß auf der Bank des Wartehäuschens, und er machte Musik. Als ich mein Fahrrad von seinem Schloss befreite, hörte der Mann plötzlich auf, sein Lied weiter zu spielen und gab „Ja, mir san mit`m Radl da“ - als er endete, spendete ich ihm Applaus, woraufhin seine Begleiterin meinte, sie sei eigentlich die Künstlerin und plötzlich eine Arie schmetterte: „Wenn ich Dich seeeeeehhh, mein Kihiiind, in Deine Auuuuugen seeeehhh“ … es war wunderbar, sie haben dafür gesorgt, dass ich mit einem fröhlichen Gesicht in die Pedale trat und ich nahm mir vor, immer wieder Fähre zu fahren...!

Mit einem lieben Gruß an die Fährleute aus Köpenick!

Autor:

Sabine Remiorz aus Köpenick

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