Mit zwei Festen an einem Wochenende rechnete niemand

Noch hat Winzer Rudolf Müller von der Mosel gute Laune. Die dürfte sich verfinstern, wenn durch zwei Lichtenrader Weinfeste der Umsatz einbrechen sollte. | Foto: HDK
  • Noch hat Winzer Rudolf Müller von der Mosel gute Laune. Die dürfte sich verfinstern, wenn durch zwei Lichtenrader Weinfeste der Umsatz einbrechen sollte.
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Lichtenrade. Nicht nur in Lichtenrade und in der Bezirkspolitik sorgt das Thema für Aufregung. Auch die Außenwirkung ist geradezu verheerend: Zwei Wein- und Winzerfeste an einem Termin, 13./14.September, und nur wenige Hundert Meter Luftlinie voneinander entfernt, verärgern auch die Winzer.

Rudolf Müller, Chef vom gleichnamigen Weingut in Ellenz an der Mosel, kommt nun seit beinahe 30 Jahren jedes Jahr im September mit seinen edlen Tropfen nach Lichtenrade, um am traditionellen Wein- und Winzerfest in der Bahnhofstraße teilzunehmen. Dieses Mal baut er seinen Stand allerdings am Alt-Lichtenrader Dorfteich auf, wo erstmals das Original-Weinfest gefeiert wird. Aus gutem Grund: "Wir sind von Anfang an dabei und ich finde es äußerst unfair, was sich nun in Lichtenrade auf unserem Rücken geleistet wird", schimpft der Winzer. Er betont die gute, "fast familiäre" Zusammenarbeit mit der AG Bahnhofstraße und erzählt, dass er unter solchen Umständen das nächste Mal dann doch lieber zum Weinfest nach Wattenscheid ausweichen würde. Auch Winzer-Familie Lersch, sie betreibt ihr Weingut in Langenlonsheim an der Nahe, ist ebenfalls von Anfang an in Lichtenrade mit von der Partie, hat längst den Vertrag mit der Veranstaltungsagentur Family & Friends geschlossen und ist nun sauer, dass ein zweites Weinfest stattfindet. Ein Umstand, der voraussichtlich den Umsatz schmälern dürfte.

Besonders befremdet zeigen sich die Winzer darüber, dass noch am vergangenen Wochenende Emissäre vom Verein "Bürgerforum Zukunft Lichtenrade" (BFZL) beim Weinfest in der Spandauer Altstadt auftauchten und versuchten, sie quasi noch in letzter Minute für ihre Veranstaltung in der Bahnhofstraße abzuwerben. Das BFZL hat die Rechnung ohne den Wirt gemacht: Die Winzer denken nicht daran, vertragsbrüchig zu werden - ganz im Gegenteil.

Wie berichtet, tobt in Lichtenrade ein Kleinkrieg zwischen den beiden konkurrierenden Veranstaltern. Und auch in der BVV im Rathaus Schöneberg ging es wegen der vom Bezirksamt erteilten Doppelgenehmigung sowie über den vorzeitigen und kaum nachvollziehbaren Abbruch der Bauarbeiten in der Bahnhofstraße stundenlang (inklusive Einberufung des Ältestenrats) hoch her. Wegen der Baustelle war das Original-Winzerfest nämlich an den Dorfteich umgezogen. Aber nun ist die Baustelle plötzlich weg und der BFZL-Verein will erstmalig sein Glück in der Bahnhofstraße versuchen beziehungsweise die von der AG Bahnhofstraße gepflanzte Tradition übernehmen. Insgesamt deutet im Augenblick durch die Unterstützung von mehreren Organisationen, Bürgerinitiativen und Künstlern jedoch einiges darauf hin, dass das Original am idyllischen Dorfteich die Nase vorne haben dürfte. Wie auch immer: Am 13. und 14. September kann sich jeder sein eigenes Bild machen - sowohl in der Bahnhofstraße als auch am Dorfteich.

Komisches Konzept

Ein Kommentar von Horst-Dieter Keitel

Könnte es sein, dass das Lichtenrader Bürgerforum bei seinem betont "hervorragenden Konzept", das alle bisher dagewesenen Wein- und Winzerfeste in der Bahnhofstraße übertrumpfen soll, irgendetwas Wesentliches übersehen haben könnte? Vielleicht die Winzer? Es spricht doch wohl Bände, dass das Bürgerforum noch wenige Tage vor seiner in der Bahnhofstraße geplanten Veranstaltung krampfhaft den wichtigsten Anbietern, nämlich echten Winzern und Weinbauern, auf dreistem Abwerbungskurs hinterherläuft. Tja, diese sind mit ihrer breiten Palette von selbst hergestellten Rebensäften schlussendlich die Hauptakteure und das Herzstück, das ein echtes Wein- und Winzerfest ausmacht. Jedenfalls für eins, das diese Bezeichnung verdient.

Horst-Dieter Keitel / hdk
Autor:

Horst-Dieter Keitel aus Tempelhof

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