Tänzerin und Schulgründerin ehren
Ingrid Rabe und Elvira Castner könnten einen Platz im Straßenbild bekommen
Der Kulturausschuss der BVV beschäftigt sich in Kürze mit zwei Vorschlägen der SPD-Fraktion. Sie möchte, dass die Straße 229 nach Ingrid Rabe und ein Teil der Marienfelder Allee nach Elvira Castner benannt wird.
Die kurze Straße 229 in Mariendorf verbindet den Britzer Koppelweg mit dem Dardanellenweg. Die gewünschte Namensgeberin Ingrid Rabe (1916-2012) war Tänzerin, stellvertretende Ballettmeisterin im Metropoltheater, sie trat im Wintergarten auf und agierte als Frontgirl in vielen Marika-Rökk-Filmen. Im Jahr 1943 wurde ihre Mutter verhaftet, die sich für Juden eingesetzt hatte und kam ins KZ. Das belastete Ingrid Rabe sehr.
Nach Kriegsende engagierte sie sich mit ihrer Mutter in der „Lagergemeinschaft Ravensbrück“ und wurde Mitglied der in Boston gegründeten Initiative „One by One“. Die Gruppe organisierte Begegnungen zwischen Kindern von Verfolgten des Nationalsozialismus und Kindern von Tätern und Mitläufern.
Die Tänzerin gehörte nie einer Partei an, begriff sich aber als poltischen Menschen, der sich gegen Unrecht einsetzt. Für die Plakataktion „Frauen bewegen Berlin“ des Senats wurde sie als eine von 15 Berlinerinnen ausgewählt, die „in Vergangenheit und Gegenwart diese Stadt geprägt und sich in unterschiedlichsten Bereichen engagiert haben“. Auch in Tempelhof-Schöneberg hat Ingrid Rabe bleibende Spuren hinterlassen, sie gehörte zu den Gründerinnen des Frauenmärz, der für viele Bezirke beispielsgebend wurde. Ihre letzte Ruhestätte befindet sich auf dem Christus-Friedhof am Mariendorfer Damm 225.
Der zweite Vorschlag der Sozialdemokraten betrifft den südlichen Zipfel der Marienfelder Allee von der Friedenfelder Straße bis zur Stadtgrenze. Das Stück soll nach Elvira Castner (1844-1923) benannt werden. Sie war Lehrerin, Frauenrechtlerin und Zahnärztin. Zum Medizinstudium musste sie 1876 nach Amerika, weil die deutschen Universitäten noch keine Frauen zuließen.
1891 kaufte sie ein Wohnhaus in Friedenau. Im Garten pflanzte sie begeistert Gemüse und Obst an. Und ihr kam eine Idee: In den USA hatte sie im Hafen von Baltimore gesehen, dass viel Obst, besonders Äpfel, auf die Reise nach Deutschland ging. Warum also nicht eine Gartenbauschule gründen, und warum nicht für Frauen? Für eine Genossenschaft fand sie nicht genug Interessenten, also eröffnete sie in eigener Regie am 1. Oktober 1894 die erste Obst- und Gartenbauschule für Frauen auf den Grundstücken Fregestraße 40 und 41.
Einige Jahre später erwarb sie in Marienfelde ein Areal, auf dem sie ein eigenes Schulhaus errichten ließ. Kurz danach siedelte auch die Gartenbauschule mit 32 Schülerinnen dorthin um. Das Gelände hatte die Adresse Berliner Straße 5-6 und lag zwischen der Bismarckstraße (heute Beißstraße) und Emilienstraße.
Im Durchschnitt wurden hier jährlich zwischen 60 und 70 Frauen ausgebildet. Nach 25 Jahren des Bestehens wurde die 1000. Anmeldung gezählt. Die Absolventinnen waren zwischen 16 und 50 Jahre alt, für die Aufnahme wurde ein „Abgangszeugnis der ersten Klasse einer höheren Mädchenschule“ verlangt. Elvira Castner leitete die Schule bis ins hohe Alter selbst. 1922 schloss die Lehranstalt, Gelände und Gebäude kaufte die Deutsche Reichsbahn. Im Zweiten Weltkrieg wurden die Häuser zerstört.
Autor:Susanne Schilp aus Neukölln |
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