Erinnerung an den Waisenhaus-Erbauer Alexander Beer

Beate Hammett an der Gedenktafel, die an das Wirken ihres Vaters Alexander Beer erinnert. | Foto: BW
  • Beate Hammett an der Gedenktafel, die an das Wirken ihres Vaters Alexander Beer erinnert.
  • Foto: BW
  • hochgeladen von Bernd Wähner

Pankow. Vor 100 Jahren wurde es feierlich eingeweiht: das ehemalige Jüdische Waisenhaus in der Berliner Straße 120/121. Dieses Jubiläum nahm der Verein der Förderer und Freunde des ehemaligen Jüdischen Waisenhauses zum Anlass, um zwei neue Gedenktafeln an den Eingängen des Gebäudes zu enthüllen.

Beide Tafeln erinnern an Alexander Beer (1873-1943). Er war Baumeister der Jüdischen Gemeinde zu Berlin und errichtete als solcher das Waisenhaus. Das 1913 eröffnete Haus gehört heute zu den bedeutendsten erhaltenen jüdischen Sakral- und Sozialbauten Berlins. In diesem Haus lebten viele Jahre jüdische Waisenkinder. 1938 drangen Nazihorden in die Räume im ersten Obergeschoss ein und verwüsteten sie. Dem beherzten und mutigen Auftreten des Lehrers Heinz Nadel ist es zu verdanken, dass den Kindern nichts angetan wurde. Trotzdem gelang es in der Folgezeit, nur wenige Kinder durch Kindertransporte oder Auswanderung nach Palästina zu retten. Viele Waisen und Mitarbeiter wurden in Vernichtungslager deportiert. Im Dezember 1942 wurde das Jüdische Waisenhaus vom Reichssicherheitshauptamt beschlagnahmt.Nach dem Zweiten Weltkrieg war das Gebäude kurzeitig Arbeitsstätte des Pankower Bezirksamtes und des Deutschen Sportausschusses, danach polnische und kubanische Botschaft.

Im Jahre 1999 erwarb die gemeinnützige Dr. Walter und Margarete Cajewitz-Stiftung das inzwischen marode Gebäude. Sie ließ es sanieren. 2000 gründete sich der Verein der Förderer und Freunde des ehemaligen Jüdischen Waisenhauses Pankow. Dieser widmet sich unter anderem der Erforschung der Geschichte des Hauses.

Der Baumeister des Hauses Alexander Beer kam 1873 in Westpreußen zur Welt. Nach dem Abitur absolvierte er ein Architekturstudium. 1910 wurde er als Baumeister der Jüdischen Gemeinde zu Berlin berufen. Er schuf neben dem Jüdischen Waisenhaus in Pankow auch die Synagogen am Kottbusser Ufer (heute Fraenkelufer) und die Synagoge in der Prinzregentenstraße. In der Nacht des Novemberpogroms 1938 holten die Nazis Alexander Beer und zwangen ihn, die brennende Synagoge in der Prinzregentenstraße zu sehen und die einsturzgefährdeten Teile der Ruine beseitigen zu lassen. Im März 1943 deportierten sie ihn nach Theresienstadt, wo er am 8. Mai 1944 starb.

Zur Einweihung der Gedenktafeln kam eigens die Tochter Beate Hammett aus Sidney nach Pankow. Ihr gelang es, sich im Alter von neun Jahren mit einem Kindertransport der Jüdischen Gemeinde nach England zu retten. In bewegenden Worten dankte die 82-Jährige anlässlich der Enthüllung der Gedenktafeln allen Beteiligten für diese Würdigung ihres Vaters.

Weitere Informationen gibt es auf www.juedisches-waisenhaus-pankow.de.
Bernd Wähner / BW
Autor:

Bernd Wähner aus Pankow

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

84 folgen diesem Profil

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

Beitragsempfehlungen

Gesundheit und MedizinAnzeige
Wenn Sie Ihren eigenen Willen in einer Patientenverfügung niederzuschreiben, erhalten Sie die größte Sicherheit, dass das, was geschieht, Ihren eigenen Weisungen und Vorstellungen entspricht.  | Foto: Caritas-Klinik Dominikus

Wir informieren Sie
Patientenverfügung und Vorsorge

Wer denkt schon gerne an einen Unfall oder sein Ableben? Doch wenn der Notfall eintritt, stehen unsere Angehörigen vor einer großen Herausforderung. Um ihnen diese Last und Verantwortung zu erleichtern, ist eine Patientenverfügung wichtig. Das ist die eine Seite. Die andere Seite ist, seinen eigenen Willen in einer Patientenverfügung niederzuschreiben. Dadurch erhalten Sie die größte Sicherheit, dass das, was geschieht, Ihren eigenen Weisungen und Vorstellungen entspricht. Ihre Ärzte und...

  • Hermsdorf
  • 08.05.24
  • 264× gelesen
Gesundheit und MedizinAnzeige
Chronische Bauchschmerzen können das Leben stark beeinträchtigen.

Lösungsansätze
Chronische Bauchschmerzen verstehen

Chronische Bauchschmerzen sind definiert als konstante oder wiederkehrende Schmerzen, die drei Monate oder länger anhalten und das Leben stark beeinträchtigen können. Aber was steckt hinter diesen Schmerzen? Die möglichen Ursachen sind vielfältig und erfordern häufig eine umfangreiche Diagnostik. Rund 30 % der Betroffenen erhalten nach dem Hausarztbesuch keine spezifische Diagnose. Doch warum ist das so? Wir laden Sie ein, mehr über chronische Bauchschmerzen zu erfahren, warum eine Koloskopie...

  • Hermsdorf
  • 10.05.24
  • 91× gelesen
add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.