Bürger kommen nicht zu Wort
In der Einwohnerfragestunde der BVV-Sitzung reden fast nur Politiker

Einige Verordnete der Bezirksverordnetenversammlung Reinickendorf missbrauchten die Einwohnerfragestunde, um in langen Reden ihre Position zur Schildower Straße darzulegen. | Foto: Thomas Frey
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Die "Einwohnerfragestunde" heißt nicht zufällig so. In den BVV-Sitzungen haben Bewohner des Bezirks die Möglichkeit, ihre Anliegen in Frageform vorzubringen. Das passiert in der Regel ziemlich schnell zu Beginn und ist auf eine Stunde begrenzt.

Gibt es viele Anfragen, kann es passieren, dass nicht alle mündlich behandelt werden können. Sie werden dann schriftlich beantwortet. Dagegen ist nichts einzuwenden, solange die 60 Minuten optimal für die Begehren der Bürgerinnen und Bürger genutzt werden können.

Zuletzt war es aber häufiger so, dass Bezirksverordnete mit ihren Redebeiträgen den Einwohnern wertvolle Zeit stahlen. Sie konnten dann ihre Frage nicht mehr stellen. Auch in der Online-Sitzung der BVV am 14. April war diese Aufführung zu erleben. Einschließlich Kritik am Okkupieren der Einwohnerfragestunde.

Eingereicht worden waren neun Anfragen. Die meisten betrafen die Verkehrsprobleme im Waldseeviertel, vor allem die Schildower Straße. Überraschend teilte Verkehrsstadträtin Katrin Schultze-Berndt (CDU) dabei mit, dass ihre Verwaltung das Einstufen dieser Verbindungsstraße als Ergänzungsstraße im überörtlichen Straßennetz vorantreibe. Gelinge dies, so ihr Hauptargument, dann wäre das Anbringen einer Ampel möglich, was das Befahren der Straße für den Durchgangsverkehr vielleicht unattraktiver mache würde. Dieser Einschätzung folgten indes nicht alle Teilnehmer. Noch mehr irritierte, dass die Stadträtin über ihre Absichten bisher nichts hatte verlauten lassen. Es gab deshalb erhöhten Debattenbedarf.

Eine weitere Diskussion hätte die Bezirksverordnetenversammlung mithilfe eines Dringlichkeitsantrages später oder in einer der nächsten Ausschusssitzungen führen können. Stattdessen raubten insbesondere die Fraktionsvorsitzenden der Linken und der AfD den anwesenden Bürgern mit langen Reden zum Waldseeviertel die eigentlich ihnen zustehende Zeit.

Bis auf einen Wortbeitrag schwiegen die Verordneten der Grünen- und der FDP-Fraktion in der Einwohnerfragestunde. Sie wussten offenbar allein, dass in der Einwohnerfragestunde die Bürger und ihre Fragen im Mittelpunkt stehen. Der FDP-Verordnete David Jahn mahnte, dass es wohl teilweise vergessen worden sei, dass zu Beginn der BVV vor allem die Bürger das Wort hätten.

Selbst eine der sechs Fragen zum Waldseeviertel konnte am Ende der Einwohnerfragestunde nicht behandelt werden. Ebenso wenig wie zwei weitere Bürgeranfragen zur "Erweiterung des einzigen sogenannten Stadtteilzentrums" und zur Hubschrauber-Flugbereitschaft in Tegel.

Auch BVV-Vorsteherin Kerstin Köppen (CDU) hatte bereits während der 60 Minuten versucht, den Redeschwall von BVV-Verordneten zu begrenzen. Wirklich einschreiten konnte sie aber nur, wenn einzelne Kollegen ihre Redezeit zu überschreiten drohten. Im Ältestenrat sei das Verfahren anders verabredet worden, erklärte die Vorsteherin und deutete an, dass sie weiterhin die Verordneten zur Disziplin ermahnen werde.

Autor:

Thomas Frey aus Friedrichshain

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