Sperrzeiten und mehr Sauberkeit: Anwohnerbefragung gibt Bürgermeister Stephan von Dassel Rückenwind
Mittes Bürgermeister Stephan von Dassel (Grüne) kann bei seiner Forderung nach Sperrzeiten und -zonen für die Straßenprostitution auf die Zustimmung der Anwohner setzen. Das hat die im Februar durchgeführte Bevölkerungsbefragung im Kurfürstenkiez ergeben.
Nahezu 59 Prozent der Befragten wünschen sich als Maßnahme die Festlegung eines Gebiets, in dem die Prostituierten ihre Dienste anbieten dürfen. Gut 57 Prozent wollen eine stärkere Kontrolle der Sexarbeiter, 52,5 Prozent festgelegte Zeiten für die Prostitution auf der Straße. Mehr als jeder Zweite der Befragten kann sich feste Orte für den Sexvollzug vorstellen, etwa sogenannte Verrichtungsboxen, wie es sie zum Beispiel in Köln gibt. Und immerhin noch circa 48,8 Prozent wünschen sich mehr Polizisten auf Streife. Was die Anwohner rundweg ablehnen, sind weitere runde Tische, an denen sich Sexarbeiter und Anwohner treffen.
Als ebenso störend wie die Straßenprostitution werden im Kiez Müll, Fäkalien und Lärm empfunden. Insbesondere zwischen 22 Uhr und Mitternacht fühlen sich 60 Prozent der Anwohner gestört. Immerhin 40 Prozent sind es, die über eine Lärmbelästigung ab 16 Uhr und nach Mitternacht klagen.
Das Befragungsergebnis räumt mit einigen Märchen auf. Es sind nicht die Zugezogenen in ihren Eigentumswohnungen, die zu diesen Umfrageergebnissen beigetragen haben, sondern die Alteingesessenen. Und sie sind es auch, die ein aufgeräumtes, ordentliches Wohnumfeld wünschen und keinen Schmuddelkiez, nur damit etwa die Mieten nicht steigen.
Mit diesem Ergebnis in der Hand will Bürgermeister von Dassel zügig Maßnahmen ergreifen. Aber für die Einrichtung von Sperrzeiten und -zonen, die den käuflichen Sex draußen einschränken, gibt es derzeit im Bezirk und im Land Berlin keine politische Mehrheit. „Das Land hat sich ideologisch festgelegt. Das finde ich ziemlich engstirnig“, kritisiert Stephan von Dassel.
Also müssen andere Regelungen her. Stephan von Dassel: „Ich bin für alles offen. Wir müssen auch mal den Mut haben, für zwei Monate Dixie-Toiletten aufzustellen.“ Auch will der Bürgermeister mit dem bezirklichen Hauptpersonalrat über eine Arbeitszeitverlängerung beim Ordnungsamt über 22 Uhr hinaus reden.
Mit den Ergebnissen der Kiezbewohnerbefragung zur Straßenprostitution im Kurfürstenkiez will Bürgermeister Stephan von Dassel (Grüne) rasch geeignete Maßnahmen ergreifen, um die Belastung durch den Straßensex zu mindern. Am 23. April wird der Ausschuss der Bezirksverordnetenversammlung für Wirtschaft, Arbeit, Ordnung und Gleichstellung die Befragungsergebnisse diskutieren. Danach will Mittes Bürgermeister sein Konzept für ein „Platzmanagement Tiergarten-Süd“ vorlegen. Dafür stehen 2018 und 2019 jeweils 100 000 Euro im Bezirkshaushalt zur Verfügung. Darüber soll der Hauptausschuss am 8. Mai entscheiden, „damit wir die gemeinsam festgelegten Ziele umsetzen können“, so von Dassel.
Für die Bevölkerungsbefragung im Februar wurden 6960 Anwohner persönlich angeschrieben. 672 Briefe konnten nicht zugestellt werden. Die Beteiligung lag bei rund 17 Prozent. Sie sind für Matthias Döring ein „erfreuliches und repräsentatives Ergebnis“. Der Experte der Universität Potsdam hat die Fragebögen im Auftrag des Bezirksamts und im Rahmen einer wissenschaftlichen Forschungsarbeit erarbeitet und ausgewertet. Die Kosten der Befragung in Höhe von 6500 Euro hat das Land Berlin übernommen.
Autor:Karen Noetzel aus Schöneberg |
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