Eine Säule wies den Weg: Sponsoren für Wiederaufbau gesucht

Säulenexperten mit Modell und Tafeln: Karl-Heinz Graffenberger kümmert sich um eine vergleichbare Säule in Brieselang, Rolf Zimmermann, Volkmar Tietz Heike Kürger von der Firma Keramik Rustika und Rolf Schmidt von der Baukeramik-Firma A. Schmidt, Lehmann und Co aus Velten. | Foto: Christian Schindler
2Bilder
  • Säulenexperten mit Modell und Tafeln: Karl-Heinz Graffenberger kümmert sich um eine vergleichbare Säule in Brieselang, Rolf Zimmermann, Volkmar Tietz Heike Kürger von der Firma Keramik Rustika und Rolf Schmidt von der Baukeramik-Firma A. Schmidt, Lehmann und Co aus Velten.
  • Foto: Christian Schindler
  • hochgeladen von Christian Schindler

Als Modell ist sie schon wiederauferstanden: die Verkehrssäule, die von 1937 bis 1958 die kleine Grünanlage an der Einmündung der Pichelsdorfer Straße in die Heerstraße zierte.

Im August jährt sich der Abriss der Säule zum 60. Mal. Unumstritten war er 1958 nicht. Die knapp vier Meter hohe, sechseckige Säule mit 18 Bildtafelkacheln aus Keramik hätte nämlich auch erhalten werden können. Zwar hatte die Säule im Zweiten Weltkrieg Splitter abbekommen, Keramikplatten waren durch Schüsse beschädigt. Viele Spandauer glaubten jedoch nicht, dass es sinnvoll sei, die alte Säule durch eine neue zu ersetzen, wie es dann im Rathaus entschieden wurde. Doch wie es mit politischem Willen manchmal ist: Die alte Säule verschwand, eine neue wurde nicht errichtet.

Immerhin die Kunstwerke, so beschloss man damals im Rathaus, sollten zumindest aufbewahrt werden. Auch dieser Wunsch ging nur teilweise in Erfüllung. Heute verfügt das Archiv des Stadtgeschichtlichen Museums über fünf Keramiktafeln; der gelbe Keramik-Globus von der Spitze der Säule mit 72 Zentimetern Durchmesser ist verschwunden. Eine Originalkachel und drei Abgüsse von Originalen finden sich im Ofen- und Keramikmuseum – Hedwig Bollhagen Museum in Velten.

Die Überbleibsel der Säule und manches architektonische und künstlerische Detail hat Rolf Zimmermann von der Forschungsgruppe Meilensteine ausfindig gemacht – und sich damit auf beinahe fremdes Terrain begeben, denn die Funktion der Säule war nicht die einer Information zu Entfernungen. In der Pressemitteilung zur Aufstellung der Säule 1937 verwies zwar das Rathaus auf die Tradition der Meilensteine, zielte aber vor allem auf die Verbindung von „Industrie- und Fremdenverkehrswerbung“. Der gebrannte Ton der Tafeln galt schließlich als „märkischer Bodenschatz“.

Geschaffen hat die Keramiken der in Gladbeck geborene und in Finkenkrug lebende Künstler Gottfried Kappen. Seine Motive verwiesen auf in Spandau stationiertes Militär, auf die Havel und damit verbunden auf Fischerei und Schifffahrt.

Volkmar Tietz vom Stadtteilladen Wilhelmstadt tat sich schon im vergangenen Jahr mit den Meilenstein-Forschern zusammen, nicht nur zur Sicherung geschichtlicher Überlieferung. Er hält einen Wiederaufbau für sinnvoll. Eine neue, nach altem Vorbild erstandene Verkehrssäule könnte eine Attraktion für die Wilhelmstadt werden in einer Zeit, in der touristische Hinweise per Internet aufs Navigationsgerät oder Smartphone gespielt werden, und damit die sinnliche Wahrnehmung lokaler Attraktionen deutlich abnimmt. Die SPD-Fraktion in der Bezirksverordnetenversammlung sah das auch so und formulierte einen entsprechenden Antrag, der am 31. Mai 2017 auch die Zustimmung der anderen Parteien bekam.

Der politische Wille ist bisher vom (fehlenden) Geld gestoppt. Die komplette Wiederherstellung der Säule könnte eine fünfstellige Summe erfordern. Allein der Rohling aus Beton dürfte rund 5000 Euro kosten. Die sehr willige Forschungsgruppe Meilensteine kommt als Verein nicht für die Akquise von Lotto-Mitteln in Frage – Verkehrssäulen spielen im Gegensatz zu Meilensteinen in ihren Statuten keine Rolle. Tietz hofft jetzt auf Sponsoren, und hat diesen außer dem Lob für den Idealismus auch etwas zu bieten. „Wir könnten im Umfeld der Säule auf die Sponsoren hinweisen.“ Interessenten können sich an Tietz unter 0176 24 98 17 61 wenden.

Säulenexperten mit Modell und Tafeln: Karl-Heinz Graffenberger kümmert sich um eine vergleichbare Säule in Brieselang, Rolf Zimmermann, Volkmar Tietz Heike Kürger von der Firma Keramik Rustika und Rolf Schmidt von der Baukeramik-Firma A. Schmidt, Lehmann und Co aus Velten. | Foto: Christian Schindler
Diese kleine Grünanlage an der Einmündung der Pichelsdorfer Straße in die Heerstraße könnte in Zukunft wieder von einer Verkehrssäule geziert werden. | Foto: Christian Schindler
Autor:

Christian Schindler aus Reinickendorf

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

13 folgen diesem Profil

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

Beitragsempfehlungen

Gesundheit und MedizinAnzeige
Wenn Sie Ihren eigenen Willen in einer Patientenverfügung niederzuschreiben, erhalten Sie die größte Sicherheit, dass das, was geschieht, Ihren eigenen Weisungen und Vorstellungen entspricht.  | Foto: Caritas-Klinik Dominikus

Wir informieren Sie
Patientenverfügung und Vorsorge

Wer denkt schon gerne an einen Unfall oder sein Ableben? Doch wenn der Notfall eintritt, stehen unsere Angehörigen vor einer großen Herausforderung. Um ihnen diese Last und Verantwortung zu erleichtern, ist eine Patientenverfügung wichtig. Das ist die eine Seite. Die andere Seite ist, seinen eigenen Willen in einer Patientenverfügung niederzuschreiben. Dadurch erhalten Sie die größte Sicherheit, dass das, was geschieht, Ihren eigenen Weisungen und Vorstellungen entspricht. Ihre Ärzte und...

  • Hermsdorf
  • 08.05.24
  • 263× gelesen
Gesundheit und MedizinAnzeige
Chronische Bauchschmerzen können das Leben stark beeinträchtigen.

Lösungsansätze
Chronische Bauchschmerzen verstehen

Chronische Bauchschmerzen sind definiert als konstante oder wiederkehrende Schmerzen, die drei Monate oder länger anhalten und das Leben stark beeinträchtigen können. Aber was steckt hinter diesen Schmerzen? Die möglichen Ursachen sind vielfältig und erfordern häufig eine umfangreiche Diagnostik. Rund 30 % der Betroffenen erhalten nach dem Hausarztbesuch keine spezifische Diagnose. Doch warum ist das so? Wir laden Sie ein, mehr über chronische Bauchschmerzen zu erfahren, warum eine Koloskopie...

  • Hermsdorf
  • 10.05.24
  • 91× gelesen
add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.