Brigitte Grothum erinnert sich an ihre Zeit in der Schauspielschule

Wilhelmsaue 10
2Bilder



Horst Buchholz, Conny Froboess, Brigitte Grothum, Wolfgang Gruner, Harald Juhnke, Dieter Hallervorden, Vera Tschechowa - sie und noch viele andere gingen alle in die Schauspielschule von Marlise Ludwig in der Wilhelmsaue 10.

Im vierten Stock von Wilhelmsaue 10 befand sich von 1950 bis zu ihrem Tod im Jahre 1982 die private Schauspielschule von Marlise Ludwig (geb. 1886). Ursprünglich war sie Theater- und Filmschauspielerin. In den 30er und 40er Jahren trat sie wiederholt an der Volksbühne auf, nach Kriegsende auch im Schloßparktheater. Zu den Filmen, an denen sie in einer Nebenrolle mitwirkte, gehören „Großstadtmelodie“ (1943, Regie Wolfgang Liebeneiner) und „Die Mörder sind unter uns“ (1946, Regie Wolfgang Staudte).

Brigitte Grothum

Brigitte Grothum war 1950 aus Dessau nach Westberlin gekommen und hatte damals das Ziel, Pianistin zu werden. Als sie sich aber noch vor dem Abitur einen Finger brach, war es mit diesem Berufswunsch aus. Die Aufführung einer Oper von Mozart brachte sie auf die Idee, stattdessen Schauspielerin zu werden. So begann sie 1953 ihre zweijährige Ausbildung im Schauspielstudio von Marlise Ludwig.
Seitdem sind über 60 Jahre vergangen, dennoch kann sich Brigitte Grothum noch sehr genau an diese Zeit erinnern und war gern bereit, zwischen zwei Auftritten davon zu erzählen.

Proben

„Marlise Ludwig legte größten Wert auf Pünktlichkeit. Wer zu spät kam, durfte nicht teilnehmen und mußte ab in die Küche zu Anna Sailer, dem Faktotum. Überhaupt war ihr Disziplin sehr wichtig. Bei den Proben durfte keiner einen Mucks machen. Übrigens mußten auch die Stichwortgeber ihren Text auswendig lernen; aus dem Buch vorlesen ging gar nicht. Marlise Ludwig ließ durchspielen oder unterbrach auch gleich, murmelte Kommentare beim Spiel und ließ uns Schülerinnen hinterher auch analysieren. Wer zerrissen wurde, brach in Tränen aus und lief zu Anna in die Küche, um sich auszuheulen.
Überhaupt Anna: sie war die Seele des Hauses. Und sie aß sehr gern Schokolade. Manchmal, wenn sie uns die Tür öffnete, sagte sie dabei: ‚Gnädige Frau ist heute ganz schlechter Laune.‘ Für eine Tafel Schokolade war sie in solchen Fällen jedoch gern bereit, bei ihr ‚gut Wetter zu machen‘.“

Was war so besonders bei Marlise Ludwig?

„Erstens hatte Sie eine sehr gute Nase bei der Auswahl ihrer Schülerinnen – zu meiner Zeit waren wir fast nur Mädchen. Dann hatte sie eine grandiose Art, uns zu unseren Rollen hinzuführen. Keine von uns fiel beim Vorsprechen bei den Theaterdirektoren durch, die damals noch in die Schauspielschulen kamen. So hatte ich mein erstes Debüt 1954 noch während meiner Ausbildung. Überhaupt hatte Marlise Ludwig einen todsicheren Instinkt für Gefühle und wie man sie als Schauspieler ausdrückt. Als Lehrerin war sie einmalig.“

Was haben Sie ganz besonders von ihr mitgenommen?

„Genau dies: wie wichtig Gefühle sind. Und daß man sie unbedingt richtig einordnen muß, um zum Beispiel zu entscheiden, ob man in einem bestimmten Moment sitzenbleibt oder aufsteht.“

Und zum Schluß dieses Gespräches: Stimmt die Erinnerung der Nachbarn an Geburtstagsfeiern? „Ja, am 1. März, da war der Geburtstag von Marlise Ludwig. Da kamen wir alle, Erich Schellow, Horst Buchholz, Harald Juhnke und wie sie alle hießen, und brachten ihr Blumen und Geschenke mit. Auf diese Gratulationen legte sie sehr viel Wert.“

Wilhelmsaue 10
Brigitte Grothum 1953 bei Eintritt in die Schauspielschule (Wiedergabe mit freundlicher Genehmigung)
Autor:

Michael Roeder aus Wilmersdorf

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

16 folgen diesem Profil

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

Beitragsempfehlungen

BauenAnzeige
2024 war Richtfest für die Grundschule in der Elsenstraße. | Foto: SenBJF
7 Bilder

Berliner Schulbauoffensive 2016-2024
Erfolgsgeschichte für unsere Stadt

Die Berliner Schulbauoffensive ist nach wie vor eines der zentralen Projekte unserer Stadt. Mit aktuell mehr als 44.000 neu entstandenen Schulplätzen setzt die Offensive ihre Ziele erfolgreich um. So wurden von 2016 bis 2023 bereits 5 Milliarden Euro in moderne Bildung investiert. Auch in den kommenden Jahren wird das derzeit größte Investitionsvorhaben für Schulen fortgesetzt. Die Offensive geht weiter und führt zu einer dauerhaft verbesserten schulischen Umgebung für unsere Schülerinnen und...

  • Charlottenburg
  • 13.12.24
  • 222× gelesen
WirtschaftAnzeige
Für weitere rund 180.000 Haushalte in Berlin baut die Telekom Glasfaserleitungen aus. | Foto: Telekom

Telekom baut Netz aus
Glasfaser-Internet hier im Bezirk

Ab Dezember starten die Arbeiten zum Ausbau des hochmodernen Glasfaser-Netzes in Borsigwalde, Friedenau, Frohnau, Hakenfelde, Lichtenrade, Lübars, Mariendorf, Neu-Tempelhof, Reinickendorf, Schöneberg, Spandau, Tegel, Waidmannslust, Wilhelmstadt und Wittenau. Damit können weitere rund 180.000 Haushalte und Unternehmen in Berlin einen direkten Glasfaser-Anschluss bis in die Wohn- oder Geschäftsräume erhalten. Die Verlegung der Anschlüsse wird im Auftrag der Telekom durchgeführt. Bis 2030 plant...

  • Borsigwalde
  • 11.12.24
  • 986× gelesen
WirtschaftAnzeige
Einstiegstüren machen Baden und Duschen komfortabler. | Foto: AdobeStock

GleichWerk GmbH
Seniorengerechte Bäder und Duschen

Seit März vergangenen Jahres ist die Firma GleichWerk GmbH in Kremmen der richtige Partner an Ihrer Seite, wenn es um den Innenausbau Ihres Hauses oder Ihrer Wohnung geht. Darüber hinaus bietet das Unternehmen auch seine Dienste für Hausverwaltungen an. Geschäftsführender Inhaber des Fachbetriebs ist Dennis Garte, der nach jahrelanger Berufserfahrung den Schritt in die Selbstständigkeit wagte, wobei er über ein großes Netzwerk an Kooperationspartnern sowie angesehenen Handwerksfirmen verfügt....

  • Umland Nord
  • 04.12.24
  • 645× gelesen
WirtschaftAnzeige
Für weitere rund 84.000 Haushalte in Berlin baut die Telekom Glasfaserleitungen aus. | Foto: Telekom

Telekom vernetzt
Glasfaser-Internet hier im Bezirk

Aktuell laufen die Arbeiten zum Ausbau des hochmodernen Glasfaser-Netzes in Berlin auf Hochtouren. Neue Arbeiten starten nun auch in Alt-Hohenschönhausen, Fennpfuhl, Friedrichsfelde, Friedrichshain, Karlshorst, Kreuzberg, Lichtenberg und Rummelsburg. Damit können nun rund 84.000 Haushalte und Unternehmen einen direkten Glasfaser-Anschluss bis in die Wohn- oder Geschäftsräume erhalten. Die Verlegung der Anschlüsse wird im Auftrag der Telekom durchgeführt. Bis 2023 plant die Telekom insgesamt...

  • Alt-Hohenschönhausen
  • 11.12.24
  • 1.134× gelesen
KulturAnzeige
Blick in die Ausstellung über den Palast der Republik. | Foto: David von Becker
2 Bilder

Geschichte zum Anfassen
Die Ausstellung "Hin und weg" im Humboldt Forum

Im Humboldt Forum wird seit Mai die Sonderausstellung „Hin und weg. Der Palast der Republik ist Gegenwart“ gezeigt. Auf rund 1.300 Quadratmetern erwacht die Geschichte des berühmten Palastes der Republik zum Leben – von seiner Errichtung in den 1970er-Jahren bis zu seinem Abriss 2008. Objekte aus dem Palast, wie Fragmente der Skulptur „Gläserne Blume“, das Gemälde „Die Rote Fahne“ von Willi Sitte, Zeichnungen und Fotos erzählen von der damaligen Zeit. Zahlreiche Audio- und Videointerviews geben...

  • Mitte
  • 08.11.24
  • 2.022× gelesen
add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.