Architektur auf Glas: Fotografien von Otto Hagemann im Landesarchiv Berlin ausgestellt

© Landesarchiv Berlin, F Rep. 290-01-30 Nr. 59, Kreuzung der Eisenbahnbrücke und Hochbahnbrücke über den Landwehrkanal (Berlin-Kreuzberg), um 1921-1923. | Foto: Otto Hagemann
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  • © Landesarchiv Berlin, F Rep. 290-01-30 Nr. 59, Kreuzung der Eisenbahnbrücke und Hochbahnbrücke über den Landwehrkanal (Berlin-Kreuzberg), um 1921-1923.
  • Foto: Otto Hagemann
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Reinickendorf. Eine der Veranstaltungen, die vom Monat der Fotografie Oktober noch bleibt, ist die Wiederentdeckung von Otto Hagemann im Landesarchiv Berlin unter dem Titel „Architektur auf Glas“.

In einer Zeit, in der viele Menschen ständig ihr Handy als Fotoapparat nutzen, ist ein Lebenswerk wie das von Otto Hagemann etwas besonders Außergewöhnliches. Zugleich half die digitale Technik, die die heutige Bilderflut ermöglicht, bei der Hebung dieses Schatzes.

1884 in Neubrandenburg geboren, lebte Otto Hagemann ab 1910 in Berlin-Schöneberg. Zwei Jahre später erhielt er eine Stelle bei der Preußischen Messbildanstalt, aus der später die Staatliche Bildstelle Berlin wurde. Seine Aufgabe war es, mit großformatigen Plattenkameras wichtige Gebäude im Deutschen Reich für die Denkmalpflege zu dokumentieren.

Diese Aufgabe erfüllte Hagemann mit außergewöhnlicher Präzision. Ob die Breslauer Jahrhunderthalle oder rheinische Burgen, Fachwerkhäuser oder Landschaften – alle Bilder sind gestochen scharf, auch die winzigsten Formen deutlich erkennbar. Wer sich in das Blätterwerk auf dem bewachsenen Hang rund um eine Burg vertieft, dem dämmert, dass solche Präzision auch mit dem neuesten Smartphone kaum möglich ist. Für Hagemann war schon die Vorbereitung einer Aufnahme aufwendig. Seine Ausrüstung kam schnell auf das Gewicht von 300 Kilogramm. Was Hagemann nicht hinderte, ungewöhnliche Perspektiven zu finden, für die vermutlich schon artistische Verrenkungen des Fotografen notwendig waren.

Hagemanns Fotografien wurden auch von seinen Zeitgenossen geschätzt. Der 1921 gegründete Deutsche Kunstverlag vermarktete die Fotografien der Bildstelle, und Hagemanns Werke waren immer wieder dabei. Das kam ihm auch zugute, als der Sozialdemokrat 1932 aus dem Staatsdienst entlassen wurde. Hier gibt es noch Lücken im bekannten Lebenslauf: Unklar ist, ob seine politische Einstellung Grund der Entlassung war. In der Bundesrepublik stellte er einen Wiedergutmachungsantrag als politisch Verfolgter.

Seine Arbeit setzte Hagemann auch als freier Fotograf fort. Er verlegte Berlin-Bücher, und die städtischen Wohnungsbaugesellschaften, aber auch die Tobis-Film-Gesellschaft gaben ihm immer wieder Aufträge. So wird Hagemann auch zum Chronisten des Nachkriegsbauens in Berlin.

1961 hat Otto Hagemann sein Archiv aus rund 7000 Glasplatten an die Landesbildstelle Berlin verkauft, weswegen sie jetzt zum Bestand des Landesarchivs Berlin gehören. Am 1. April 1974 ist er in Berlin gestorben. Dass seine Fotografien jetzt wieder bekannt werden, hat mit neuester Technik zu tun. Manche der Glasnegative waren durch Entwicklungsfehler beschädigt. Mit digitaler Technik konnte dieses Kulturgut wieder sichtbar gemacht werden. CS

Die Ausstellung „Architektur auf Glas“ ist noch bis zum 26. Februar jeweils montags bis freitags in der Zeit von 10 bis 17 Uhr bei freiem Eintritt im Landesarchiv Berlin, Eichborndamm 115-121, zu sehen. Führungen werden am 13. Dezember, 10. Januar und 14. Februar jeweils um 14 Uhr angeboten. Dazu wird um Anmeldung gebeten unter  90 26 40 oder info@landesarchiv.berlin.de.
Autor:

Christian Schindler aus Reinickendorf

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