Taschengeldbörse soll Jugendliche und hochbetagte Menschen zusammenbringen
Steglitz-Zehlendorf. Es gibt 85-Jährige, die ein Ehrenamt ausüben und bestens ins soziale Miteinander integriert sind. Andere sind nicht mehr mobil, haben kaum Kontakte, vereinsamen.
Ein neues Projekt soll diesen Menschen helfen: „GiG –Getragen in Gemeinschaft. Hochbetagt am Rande der Stadt“. Der evangelische Kirchenkreis Teltow-Zehlendorf hat das Projekt ins Leben gerufen, das in den Gemeinden Schlachtensee und Nikolassee jetzt umgesetzt wird.
„Im Fokus der Öffentlichkeit stehen meistens rüstige Rentner. Die Hochbetagten dagegen, die nicht mehr sehr selbstständig sind, werden leicht vergessen“, sagt Projektkoordinatorin Nicole Herlitz. Deshalb müsse ein Miteinander statt eines Nebeneinanders geschaffen werden. Ein Netzwerk mit Bürgern, anderen Religionsgemeinschaften, sozialen Diensten und Initiativen soll entstehen. „Und wir müssen den Brückenschlag zwischen Alt und Jung schaffen.“
Soweit die Theorie. Wie aber sieht die Praxis aus? „Wir gründen eine Taschengeldbörse. Die erste in Berlin“, berichtet Herlitz. In Nordrhein-Westfalen läuft das Projekt schon mit Erfolg. Das Konzept: Jugendliche von 14 bis 17 Jahren besuchen hochbetagte Menschen zu Hause, gehen mit ihnen spazieren, einkaufen, lesen ihnen vor. Dafür erhalten sie ein Taschengeld, Richtwert fünf Euro.
Gestartet wird mit den Konfirmanden der beiden Kirchengemeinden. „Ich habe eine Whatsapp-Gruppe gegründet. So erfahren die Jugendlichen, wo gerade ein Job zu vergeben ist“, berichtet Nicole Herlitz. Über die konkrete Hilfe hinaus sollen Beziehungen entstehen, im besten Fall Patenschaften. „Die Jugendlichen erfahren, dass die alten Menschen nicht nur gebrechlich sind, sondern etwas zu geben haben.“
Und sie lernen eine andere Perspektive kennen. „Für so manchen Jugendlichen ist es die erste Begegnung mit Hochbetagten“, erläutert Caroll von Negenborn vom Beirat des Kirchenkreises Teltow-Zehlendorf. „Sie überlegen zum Beispiel, wie es ist, im Rollstuhl zu sitzen und immer von oben herab angeschaut zu werden, oder wie schwierig es ist, mit dem Rollator über holpriges Pflaster zu gehen.“ Nicht nur Mädchen und Jungen aus den Gemeinden, sondern Jugendliche aus der gesamten Nachbarschaft sollen mitmachen. Mögliche Partner sind Schulen. Das Dreilinden-Gymnasium hat bereits Interesse an einer Kooperation gezeigt.
Auch Kitas sollen mitmachen. „Wir überlegen, wie wir Eltern erreichen können, oftmals gibt es Berührungsängste, in Pflegeheimen ist es ja nicht immer nett“, erläutert Herlitz. Sie weiß aber aus eigener Erfahrung, wie natürlich kleine Kinder mit alten Menschen umgehen. „Meine Großmutter ist 99 Jahre alt geworden. Ein Jahr vor ihrem Tod holten wir sie nach Berlin. Mein Sohn Nic, damals drei Jahre alt, hat sich ganz selbstverständlich auf ihren Schoß gesetzt und ist auf ihrem Rollator mitgefahren.“
Das Projekt GiG steht am Anfang, zahlreiche Ideen sollen noch umgesetzt werden. Interessierte, die mitmachen wollen, sind herzlich willkommen. uma
Autor:Ulrike Martin aus Neukölln |
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