"Alle sind mit viel Herzblut dabei"
"Theater im Kino" feiert 60-jähriges Jubiläum

Machen leidenschaftlich Theater: Beatrice,  Luca-Zoé, Richard, Vivian, René und Nicholas (von links).  | Foto: Ulrike Kiefert
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60 Jahre und kein bisschen leise. Das „Theater im Kino“ kehrt mit einem Jubiläumsprogramm zurück aus dem Lockdown. Das kleine Off-Theater an der Rigaer Straße stemmen Ehrenamtliche komplett allein.

Licht an, Vorhang auf. Nach über einem Jahr im Ausnahmezustand kommt das „Theater im Kino“ (tik) zurück auf die Bühne. Zumindest im Live-Stream. Denn das kleine Off-Theater an der Rigaer Straße ist mit seinen 30 Sitzplätzen zu klein, um die Zuschauer auf Abstand zu halten. Macht aber nix, sagt Beatrice Beng. „Wir sind stolz wie Bolle auf unser Team. Denn wir haben uns dem Trübsinn und Frust nicht ergeben, sondern die Situation als Chance gesehen, um uns zu transformieren und weiterzuentwickeln.“

Beatrice Beng gehört mit René Tettenborn, Vivian Schlosser und Nicholas Young zum vierköpfigen Vereinsvorstand. Und der hat das tik zusammen mit den vier künstlerischen Leitern im Corona-Jahr zu einem ziemlich professionellen Streamanbieter für Kleinkunst gemacht. Von Stream zu Stream wurde das digitale Abenteuer immer spannender. „Und wir immer mutiger, technisch versierter, größer und besser“, sagt Beng. Nun startet also das Jubiläumsprogramm. Denn das Theater im Kino wird 60.

Ein Jahrzehnt. Ein Stück. Ein Monat

Nach dem Motto „Ein Jahrzehnt. Ein Stück. Ein Monat“ wurden fürs Jubiläum sechs Theaterstücke aus den vergangenen 60 Jahren ausgewählt, die seit März monatlich in wechselnden Teams neu inszeniert und im Live-Stream präsentiert werden. „Dabei stellen wir uns den zeitgenössischen Texten und Themen und fragen, was hat sich verändert?“, erklärt Beng. Los ging es mit dem Intro-Intermezzo von 2016 „Der Menschenfeind: revisited“ in Regie von Richard Haufe-Ahmels und Kaya Wittrock. Szenen wurden dabei live im Stream gelesen. Ende April folgte „Hamlet zum Kotzen“, einem im Theatermilieu angesiedelten Stück. Premiere hatte es 2007 im tik. Fürs Theater-Jubiläum hat es Regisseur Arthur Breitsprecher extra neu aufgelegt. Ende Mai widmet sich das tik unter der Regie von René Tettenborn und Nicholas Young mit „Haunted Nineties“ einer spannenden Zeit des Umbruchs, den 1990er Jahren. Und am 5. Juni richtet das tik mit der Uraufführung von „Zur dicken Wachtel oder wie man Männer mordet“ den Blick auf das Altberliner Dialekttheater.

Die ungebremste Kreativität ist aber nicht das Einzige, was das Off-Theater so besonders macht. Alle Stücke sind eigene Produktionen und alle arbeiten ehrenamtlich: vom Drehbuchautor über den Regisseur bis zu den Schauspielern und künstlerischen Leitern. „Und alle sind mit viel Herzblut dabei“, sagt René Tettenborn. In der Tradition des Community-Theaters gibt das tik vor allem jungen Schauspielern, Regisseuren und Dramaturgen die Chance, ihre eigenen Projekte auf die Bühne zu bringen und sich in Inszenierungen ohne Scheu auszuprobieren. Egal, ob sie Amateure oder Profis sind. Weil das tik für alle Themen und Stücke offen ist, sind die Ergebnisse des künstlerischen Prozesses vielfältig und häufig experimentell. „Wir verstehen uns als Talentschmiede. Einige unserer ehemaligen Aktiven arbeiten mittlerweile an Theatern oder beim Film. Viele haben den Weg in eine Schauspielschule gefunden“, sagt Beatrice Beng.

Gegründet als
"Arbeitertheater Maxim Gorki“

Gegründet hat sich das Theater im Kino 1960/61 in einem ehemaligen kleinen Kino in Ostberlin, nur einen Steinwurf entfernt an Proskauer Straße. Damals trug es den Namen „Arbeitertheater Maxim Gorki“. In den 1990er Jahren zog es an die Boxhagener Straße um. In dem Altbau an der Rigaer Straße 77 sitzt das tik seit 15 Jahren im Erdgeschoss. Rund 170 Vereinsmitglieder hat das Theater heute, zum Kernteam gehören zwölf Berliner. Sechs kommen aus Friedrichshain, Beatrice Beng ist in Lichtenberg zuhause.

Im Kiez hat sich das tik als Berliner Off-Bühne längst etabliert und ist auch über Friedrichshain hinaus eine feste Größe in Sachen Kultur und Miteinander. Denn außer Theater kann das Team noch Musik, Comedy und Poetry und ist mit seinen Veranstaltungen auch auf anderen Bühnen, in Kneipen oder Open Air präsent. Werbung macht das tik über die sozialen Medien, seine Homepage, den Spielplan, Plakate oder im direkten Kontakt mit den Nachbarn. Finanziell trägt sich das Theater über die Mitgliedsbeiträge und Eintritte. Und über sein Begleitprogramm. „Das sind vor allem unsere Workshops“, erklärt René Tettenborn. Da wird zum Beispiel in die Lichttechnik eines Theaters eingeführt oder die Kiezkultur im Wandel der Zeit vorgestellt.

Wie es nach der Theater-Sommerpause weitergeht, steht auch schon fest. „Narrenschneiden 3.0“ setzt sich mit der Inszenierung aus den 1970er Jahren auseinander. Was bedeuten heute Begriffe wie Genusssucht, Neid, Geiz oder Wut? Und in „Fjodor und Vedda: selbst vermessen“ beschäftigt sich eine Gruppe Theaterbegeisterter mit den Idealen des Sozialismus aus heutiger Sicht. Es war das erste Stück, das tik-Gründerin Hella Len im April 1961 auf die Arbeitertheaterbühne brachte. Damals hieß es „Eine Geschichte aus Irkutsk“. Seither ist das tik kein bisscher leiser geworden. Wer's nicht glaubt, zum Jubiläumsprogramm geht's hier: www.theater-im-kino.de.

Machen leidenschaftlich Theater: Beatrice,  Luca-Zoé, Richard, Vivian, René und Nicholas (von links).  | Foto: Ulrike Kiefert
Ein bisschen Werbung darf sein. Das tik spielt weiter.  | Foto: Ulrike Kiefert
Autor:

Ulrike Kiefert aus Mitte

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