Bezirksverordnete wollen im Haus der Volksbildung ein Stadtteilzentrum einrichten

Das frühere Haus der Volksbildung in der Badstraße 10 mit der denkmalgeschützten Fassade steht bis auf das Erdgeschoss, in dem der Jugendclub ist, leer. Im Dachgeschoss wohnt noch eine Mieterin. | Foto: Dirk Jericho
2Bilder
  • Das frühere Haus der Volksbildung in der Badstraße 10 mit der denkmalgeschützten Fassade steht bis auf das Erdgeschoss, in dem der Jugendclub ist, leer. Im Dachgeschoss wohnt noch eine Mieterin.
  • Foto: Dirk Jericho
  • hochgeladen von Dirk Jericho

Das seit fast zehn Jahren so gut wie leerstehende Haus der Volksbildung an der Badstraße 10 unweit vom Bahnhof Gesundbrunnen soll ein „Kiezhaus“ werden. Das möchte das Quartiersmanagement (QM) Badstraße.

Erst vor kurzem hatte sich der Ausschuss Soziale Stadt das imposante Gebäude mit dem Säulenportal angeschaut. „Wir unterstützen die Idee eines Stadtteilzentrums“, twitterte der Grünen-Bezirksverordnete Taylan Kurt danach. QM-Managerin Özlem Ayaydinli möchte das Gebäude zum „multifunktionalen Kiezhaus“ machen. Die Quartiersräte plädieren dafür, die Räume für Gruppen, Veranstaltungen und Projekte zu nutzen. „Auch ein Kiezcafé wäre schön“, sagt Ayaydinli.

Doch vorher muss das denkmalgeschützte Haus saniert werden. Von Sanitär über Heizung bis Elektrik muss alles neu gemacht werden. Auch ein Fahrstuhl soll rein. Özlem Ayaydinli schätzt die Kosten auf mehrere Millionen Euro. Geld dafür gibt es bisher nicht. Bis ein langfristiges Konzept steht, würden die Kiezinitiativen das Haus schon so nutzen wollen.

„Das Gebäude ist ganz gut in Schuss“, sagt die QM-Managerin. Im Erdgeschoss gibt es einen Jugendclub. Vor allem Halbwüchsige und junge Erwachsene treffen sich dort zum Billard oder Kickern. Weil viele Jugendliche aus Bulgarien kommen, wird der Club auch Bulgarenclub genannt. Schüler der Willy-Brandt-Schule direkt hinter dem einstigen Haus der Volksbildung nutzen ebenfalls das Angebot.

Den kommunalen Jugendclub in der Badstraße 10 gibt es seit den 1980er-Jahren. Er war bis vor sieben Jahren im ersten Obergeschoss des Vorderhauses untergebracht. Weil der Bezirk das Gebäude an den damaligen Liegenschaftsfonds abgeben wollte, um Kosten zu sparen, musste der Jugendclub 2010 ins Hinterhaus ziehen und sich die Räume mit Schülern der Willy-Brandt-Oberschule teilen. Früher waren im Vorderhaus auch das Gesundheitsamt und die Musikschule untergebracht. Seit ein paar Jahren stehen die Etagen leer. Weil das Haus nicht an den Senat abgegeben wurde, konnte der Jugendclub 2014 wieder ins Vorderhaus ziehen und belegt jetzt das Erdgeschoss. Im Gebäude gibt es noch die Hausmeisterwohnung im Dachgeschoss, in der die 85-jährige Urenkelin von Otto Wels lebt. Der legendäre SPD-Politiker der Weimarer Republik sagte 1933 in der letzten freien Rede im Deutschen Reichstag zur Begründung der Ablehnung des Ermächtigungsgesetzes der NSDAP den berühmten Satz: „Freiheit und Leben kann man uns nehmen, die Ehre nicht.“

Im vergangenen Jahr gab es Überlegungen, das Haus der Volksbildung für das geplante Forum für Berufsorientierung „Talente Check Berlin“ auszubauen. Für den Jugendclub wäre das das Aus gewesen. Das Testzentrum nach dem Vorbild des Talente-Checks in Salzburg, in dem Schüler und Erwachsene an über 30 Stationen erkunden sollen, wo ihre Talente und Potenziale liegen, wird jetzt in der Charlottenburger Jugendberufsagentur in der Königin-Elisabeth-Straße eingerichtet. 1000 Quadratmeter werden dort für den Parcours und Showroom umgebaut. Der Bezirk hatte sich damals gegen eine mögliche Verdrängung des Jugendclubs gewehrt, weil er im QM-Gebiet Badstraße dringend benötigt wird.

„Der Jugendclub bleibt auf jeden Fall“, sagt Jugendstadträtin Sandra Obermeyer (für Die Linke) zu den jetzigen Plänen. Das Gebäude könne zukünftig auch als Bürostandort oder für betreute Jugendwohnungen genutzt werden.

Das Haus der Volksbildung an der Badstraße wurde von 1913 bis 1915 nach Plänen von Ludwig Hoffmann erbaut. Der Architekt und Stadtbaurat hat auch den Märchenbrunnen im Volkspark Friedrichshain, die Volksbadeanstalt Oderberger Straße, das Märkische Museum und das Alte Stadthaus entworfen. In der Denkmaldatenbank des Landesdenkmalamtes heißt es: „Das viergeschossige städtische Verwaltungsgebäude Badstraße 10-10A, heute Haus der Volksbildung, wiederholt den strengen, antikisierenden Fassadenaufbau der benachbarten Berufsschule, wirkt aber noch monumentaler. Mit seinem hohen Walmdach beherrscht es den Straßenraum und den gegenüberliegenden Blochplatz. Die unteren Geschosse sind mit einer kolossalen Pilaster- und Säulenordnung aus grauem Muschelkalk hervorgehoben. Eckpfeiler vermitteln zum zurückgesetzten mittleren Wandabschnitt, der mit dorischen Säulen hervorgehoben ist“. Im Erdgeschoss waren ursprünglich eine Rettungswache und Schulküche untergebracht. In den oberen Stockwerken gab es eine öffentliche Bücherei, eine Steuerannahmestelle, die Wohnung des Direktors der 8. Pflichtfortbildungsschule und zwei kleinere Wohnungen für städtische Beamte. DJ

Das frühere Haus der Volksbildung in der Badstraße 10 mit der denkmalgeschützten Fassade steht bis auf das Erdgeschoss, in dem der Jugendclub ist, leer. Im Dachgeschoss wohnt noch eine Mieterin. | Foto: Dirk Jericho
Nur die Schulpsychologische Beratungsstelle befindet sich noch im Hinterhaus. | Foto: Dirk Jericho
Autor:

Dirk Jericho aus Mitte

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

48 folgen diesem Profil

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

Beitragsempfehlungen

WirtschaftAnzeige
Das Restaurant Chettinad finden Sie seit Herbst 2023 auch im Food Court im The Playce am Potsdamer Platz.
5 Bilder

Chettinad im Manifesto Market
Indien zu Gast im The Playce

Im ersten Oberschoss des populären Food Court im The Playce am Potsdamer Platz präsentiert sich seit Herbst 2023 auch das Restaurant Chettinad, das seine typisch indischen Spezialitäten somit an drei Berliner Standorten sehr eindrucksvoll präsentiert. Auch am Hotspot am Potsdamer Platz werden neben diversen landestypischen Suppen und Vorspeisen auch zahlreiche Hauptgerichte serviert, die ganz nach Belieben für eine kulinarische Reise der besonderen Art sorgen. Zu den Highlights zählen dabei...

  • Tiergarten
  • 24.04.24
  • 77× gelesen
WirtschaftAnzeige
Foto: pexels/Giulia Freitas
5 Bilder

Mode oder mehr?
Piercing. Von alten Ritualen bis zu moderner Kunst

Ist das Modeakzent oder kulturelles Erbe? Auf jeden Fall ist Piercing die beliebteste und gefragteste Körpermodifikation der Welt, die sowohl persönliche Vorlieben und Modetrends als auch tiefe kulturelle Traditionen widerspiegelt. Was ein modisches Piercing heute ist und wie es sich im Laufe der Zeit verändert hat, erfahren wir zusammen mit VEAN TATTOO in diesem Artikel. Eine der beliebtesten Arten von Piercings ist das Ohrlochstechen. Ein Klassiker aller Zeiten, ist das wirklich so und woher...

  • Mitte
  • 17.04.24
  • 524× gelesen
Gesundheit und MedizinAnzeige
Wenn auch Sie mehr über Ihre Schulterbeschwerden erfahren möchten und sich über mögliche Behandlungsansätze informieren möchten, kommen Sie zum Informationsabend am 23. Mai. | Foto: B. BOISSONNET / BSIP

Wir informieren Sie
Schmerzen in der Schulter – Ursachen und Behandlungen

Schmerzen in der Schulter können vielfältige Ursachen haben – sei es durch Unfälle oder Verschleißerscheinungen. Diese Ursachen können die Beweglichkeit beeinträchtigen und die Lebensqualität stark einschränken. Unsere Experten, Dr. med. Louise Thieme und Robert Tischner, Teamchefärzte des Caritas Schulter- und Sportorthopädiezentrums, werden bei unserem Informationsabend speziell auf die Problematik von Schulterbeschwerden eingehen – vom Riss der Rotatorenmanschette bis zur Arthrose. Sie...

  • Pankow
  • 18.04.24
  • 493× gelesen
Gesundheit und Medizin
Wenn Hüfte oder Knie schmerzen, kann eine Arthrose die Ursache sein.

Infos für Patienten
Spezialthema: Arthrose in Hüft- und Kniegelenken

Sie leiden unter Schmerzen im Knie- und Hüftgelenk? Diese Beschwerden können verschiedene Ursachen haben, wie beispielsweise Unfälle, Verschleißerscheinungen, angeborene oder erworbene Fehlstellungen. Die Auswirkungen beeinflussen nicht nur die Beweglichkeit, sondern auch die Lebensqualität entscheidend. An diesem Infoabend möchten wir speziell auf die Arthrose in Knie- und Hüftgelenken eingehen. Die Behandlung von Arthrose erfolgt individuell aufgrund der vielfältigen Ursachen und...

  • Pankow
  • 19.04.24
  • 442× gelesen
Gesundheit und MedizinAnzeige
Langanhaltende Schmerzen können ein Anzeichen für Gallensteine sein.  | Foto: Caritas-Klinik Dominikus

Wann ist eine OP sinnvoll?
Infos zu Gallensteinen und Hernien

Leiden Sie unter belastenden Gallensteinen oder Hernien (Eingeweidebruch) Langanhaltende Schmerzen begleiten viele Betroffene, unabhängig des Lebensalters, bevor sie ärztliche Hilfe in Anspruch nehmen. Eine frühzeitige Diagnose und Behandlung können jedoch häufig Komplikationen vermeiden. Wir sind auf die Behandlung dieser Probleme spezialisiert und bieten Ihnen erstklassige allgemein- und viszeralchirurgische Expertise. Von Diagnostik bis Nachsorge: Wir kümmern uns individuell um Ihre...

  • Reinickendorf
  • 17.04.24
  • 469× gelesen
add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.