Gehörntes Pferd geht auf Reisen: Zerbster Museumschefin fürchtet um Heimatkundler
Spandau. Die im vergangenen Jahr von der Heimatkundlichen Vereinigung Spandau organisierte Ausstellung „Germania slavica“ geht im November im anhaltinischen Zerbst in die nächste Runde.
Die Leihgabe ist ein wenig sperrig, ein DHL-Paket wäre für den Versand sicher nicht angemessen. Deswegen kam jetzt die Museumsleiterin aus dem sachsen-anhaltinischen Zerbst, Agnes-Almuth Griesbach, auf die Zitadelle, um bei den dort noch ansässigen Heimatkundlern den Pferdekopf nebst Hirschgeweih abzuholen. Er wird dort zu den Exponaten der „Germania slavica“ gehören, einer Ausstellung über slawische Siedlungen in Spandau und im Havelland, die 2016 zunächst im Rathaus Spandau zu sehen war und mit einer Partnerausstellung im Brandenburg-Preußen Museum Wustrau über polnische Einflüsse auch einen Brückenschlag nach Brandenburg fand.
Die mit Hörnern verzierten Pferdeschädel wachten über slawische Heiligtümer. Für die Spandauer Ausstellung steuerte Zerbst Exponate bei, aber auch der Lebuser Goldschatz, erst 2015 entdeckt, war in Teilen erstmals im Rahmen dieser Ausstellung öffentlich zu sehen. Agnes-Almuth Griesbach hatte die Ausstellung kuratiert. Ohnehin ist sie keine Unbekannte für die Heimatkundliche Vereinigung Spandau. Immer wieder redigiert sie deren Veröffentlichungen vor Drucklegung.
Der Museumschefin ist die akute schwierige Situation der Heimatkundler nicht entgangen. Wie berichtet, läuft Ende September der Vertrag über die Räume auf der Zitadelle aus, der Führungsdienst landete nach einem Interessenbekundungsverfahren bei der landeseigenen Kulturprojekte GmbH. Laut Kulturstadtrat Gerhard Hanke (CDU) gab es keine Möglichkeit für einen neuen Vertrag, was die Heimatkundler bestreiten. Von Hanke als Alternative angebotene, bisher noch bezirkseigene, Räume in der Altstadt wären nur für rund neun Monate zu nutzen, weswegen die Heimatkundler dieses Angebot ablehnen. Die Fristverlängerung auf der Zitadelle endet noch in diesem Jahr.
Ist nach 63 Jahren Schluss bei den Heimatkundlern?
Deswegen steht nach wie vor die Drohung des Vorsitzenden der Heimatkundlichen Vereinigung Spandau, Karl-Heinz-Bannasch, im Raum, den Verein nach 63 Jahren Existenz aufzulösen. Die Zerbster Museumschefin kommentiert, dass es „schade wäre um die Heimatkundler wegen persönlicher Befindlichkeiten des Stadtrates“. Der Verlust der Zitadellenräume könnte das „Auslöschen eines reichen Vereinslebens“ bedeuten. Zugleich appelliert sie an die Heimatkundler, den Verein weiter zu betreiben: „Es kommen auch andere Zeiten“.
Bannasch wiederum glaubt nicht, dass der Verein aus den Wohnzimmern von Mitgliedern heraus weiter zu führen sei – schon allein wegen der umfangreichen Sammlung. So könnte der Spandauer Pferdeschädel von der Leihgabe zum Geschenk für andere Sammlungen werden, und für die Zitadellenstadt verloren gehen. CS
Autor:Christian Schindler aus Reinickendorf |
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