„Pinselheinrich“ mitten unter uns

Albrecht Hoffmann in "Zivil" vor seinem Theater in der Köpenicker Altstadt... | Foto: Ralf Drescher
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„Pinselheinrich“ Heinrich Zille ist seit fast 100 Jahren tot. In einem kleinen Köpenicker Theater lebt der berühmte Zeichner jedoch weiter. Albrecht Hoffmann (57) gibt ihm ein Gesicht.

Hoffmann war schon Polizist, Handelsvertreter und Schreibwarenhändler. Zeitweise hat er den Andenkenshop im Zille-Museum im Nikolaiviertel betrieben. „Da kam mir die Idee, das Berliner Original wieder zum Leben zu erwecken. Mit künstlichem Bart, Staubmantel und der unvermeidlichen – künstlichen – Zigarre habe ich im Outfit des Künstlers aus dessen Leben berichtet“, erzählt Albrecht Hoffmann. Bald liefen die Aufträge für Auftritte als Pinselheinrich immer besser, während es dem kleinen Schreibwarenladen in der Grünstraße immer schlechter ging. „Ich hatte einfach zu wenig Zeit für den Laden, musste immer öfter wegen Auftritten schließen. Da der Mietvertrag noch mehrere Jahre lief, habe ich aus der Not eine Tugend gemacht und Zilles Stubentheater eröffnet“, berichtet Hoffmann. Am 16. Oktober 2010 ging es los. Da wurde gerade wieder einmal der Jahrestag der „Köpenickiade“ in der Altstadt gefeiert und Hoffmann war ohnehin als Zille dabei. Die Besucher kamen, schauten, staunten und kauften die Karten für die ersten Vorstellungen. Die waren immer schnell weg, war das Theater doch mit zwölf Plätzen die vermutlich kleinste Bühne Berlins.

„Zille ist immer noch aktuell. Er konnte mit wenigen Strichen das Charakteristische eines Menschen festhalten. Was er uns auf seinen Zeichnungen überliefert hat, können wir leider noch oder schon wieder im Alltag unserer Stadt beobachten, darunter Obdachlose", so Hoffmann.

Nach sechs Jahren war es in der Grünstraße für „Zilles Stubentheater“, dass übrigens von Anfang an ohne kommunale Förderung auskommt, zu eng geworden. Am Schüßlerplatz fand Albrecht Hoffmann eine neue Bleibe. In die frühere Hufschmiede, an deren Wände noch die Halterungen für den Blasebalg an die schwere Arbeit der Handwerker erinnern, hatte zuletzt ein Trödler und Antiquitätenhändler seinen Laden. Einige schöne Stücke konnte Albrecht Hoffmann übernehmen, darunter ein riesiges Buffet, welches jetzt den Hintergrund der kleinen Bühne schmückt. Eingerichtet ist das Theater mit vielen Ausstattungsstücken aus der Zillezeit, darunter Petroleumlampen, Geschirr, Kleidungsstücken. Selbst auf der Besuchertoilette zeigt Albrecht Hoffmann, dass er wie Zille Humor hat. Der Besucher kann zwischen drei Sorten Klopapier wählen – anno 1900 (altes Zeitungspapier), anno 1970 (derbe DDR-Sorte in Grau) und Gegenwart (seidenweich aus dem Drogeriemarkt). „Ich habe im Internet einen großen Posten DDR-Toilettenpapier gekauft, und für das Papier aus der Zillezeit kaufe ich historische Zeitungen. Zum Glück wird das nur selten genutzt und ich muss nicht ständig nachkaufen“, erzählt er.

Pro Jahr bringt es Albrecht auf 300 Auftritte, neben den acht pro Monat auf eigener Bühne noch in einer Gaststätte im Nikolaiviertel und auf privaten Veranstaltungen. Außerdem nutzen andere Künstler die Bühne für Gastspiele, fast immer mit Alt-Berlin-Bezug. Nur eines kann Hoffmann nicht. Mit dem Zeichnen hat es bisher noch nicht geklappt. „Aber befreundete Künstler haben mir bereits einen Schnellkurs versprochen“, sagt er.

„Zilles Stubentheater“ befindet sich in der Jägerstraße 4, Infos: www.heinrich-zille-darsteller.de.
Hier sehen sie ein kurzes Video, welches 2014 noch im ersten "Stubentheater" gedreht wurde:

Autor:

Ralf Drescher aus Lichtenberg

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