„Kollaps im Osten“: Kreisverband der CDU kritisiert die Verkehrspolitik des Senats
Bundespolitiker denken laut über kostenlose öffentliche Verkehrsmittel nach, in den Kommunen stehen sie aber immer häufiger in der Kritik. Auch in Berlin herrscht Unzufriedenheit mit Bussen und Bahnen. Die Lichtenberger CDU spricht vom „Verkehrskollaps im Berliner Osten“.
„Immer mehr drängt sich der Eindruck auf, dass der Senat bewusst oder mindestens wissentlich den Osten der Stadt vernachlässigt“, sagt Martin Pätzold, Kreisvorsitzender der CDU Lichtenberg. „Der Umstieg auf das Rad soll erzwungen werden, indem der öffentliche Personennahverkehr und der Straßenverkehr in den Kollaps getrieben werden.“
Ihre Kritik begründet die Union mit einer Reihe von Einschränkungen im ÖPNV und auf den Straßen, die aktuell vor allem den Lichtenbergern und ihren Nachbarn zu schaffen machen. Da wäre zunächst die Situation in Karlshorst: Während Pendler aus dem Südosten früher gern die Vorortzüge nutzten, um rasch in die City zu gelangen, bleibt ihnen seit dem Aus der Regionalbahn-Station Karlshorst nur die S-Bahnlinie drei. Ihre Züge sind vor allem im Berufsverkehr überfüllt. Außerdem fährt die S3 aus Erkner kommend nur alle 20 Minuten über die Stadtbahn. Dazwischen heißt es am Ostbahnhof umsteigen - in die ebenfalls vollgestopften Waggons der S5 oder S7. Abends verkehrt die S3 auf der gesamten Strecke nur im 20-Minutentakt.
Aufs Auto auszuweichen, um zügiger in die Innenstadt zu gelangen, ist generell keine gute Idee; für die Karlshorster empfiehlt es sich derzeit noch weniger. Die Berliner Wasserbetriebe sanieren rund um den S-Bahnhof umfangreich ihr Leitungsnetz, anschließend folgt die BVG mit der Neuordnung von Schienen und Straßenraum. Die Treskowallee bleibt aller Voraussicht nach bis Ende 2020 ein Nadelöhr. Auch mit der U-Bahnlinie fünf geht es aktuell nicht so schnell wie üblich von Lichtenberg in die City. Bis zum 9. April hat die BVG zwischen den Stationen Frankfurter Allee und Alexanderplatz baubedingt einen Pendel- beziehungsweise Schienenersatzverkehr eingerichtet. Nicht zuletzt bleibt auch die Linienkürzung auf der S75 ein Aufreger. Seit Dezember enden ihre Züge am Ostbahnhof beziehungsweise Ostkreuz, statt von Wartenberg zum Westkreuz durchzufahren. Auch hier haben Fahrgäste aus den östlichen Stadtteilen das Nachsehen.
Schon im Herbst hatte die CDU mit einer Unterschriftensammlung gegen die Kappung der S75 protestiert. „Wir haben dem Berliner Senat mehr als 1700 Unterschriften übergeben und nachgewiesen, dass ein 20-Minuten-Takt nach Westkreuz möglich ist“, sagt der Lichtenberger CDU-Abgeordnete Danny Freymark. „Leider blieben Nachbesserungen aus.“
Die Union hat umfangreiche Forderungen für den Berliner Osten vorgelegt. Neben Entscheidungen für den motorisierten Individualverkehr, etwa den Bau der Tangentiale Ost und der Ausbau der A100, stehen auch Wünsche für den ÖPNV auf der Liste: S3 und S75 sollten wieder im Zehn-Minuten-Takt auf die Stadtbahn führen, die S75 von der Endhaltestelle Wartenberg in Richtung Pankow verlängert werden. Beim Tramnetz favorisiert die CDU eine Verlängerung über die Endhaltestelle Falkenberg hinaus in Richtung Ahrensfelde. Außerdem fordert sie eine direkte Anbindung der Linie 21 ans Ostkreuz und die Streckenerweiterung vom Karlshorster Prinzenviertel zum Bahnhof Friedrichsfelde-Ost. Ob Senat, S-Bahn und Berliner Verkehrsbetriebe darauf eingehen, ist allerdings fraglich.
Auch Lichtenbergs Bürgermeister Michael Grunst (Die Linke) hat die Reizthemen S3 und S75 auf der Agenda und mehrfach mit Verkehrssenatorin Regine Günther (parteilos) telefoniert. „Die Situation der S3 ist unzumutbar und der Umgang mit der S 75 eine Demütigung für Wartenberg“, begründet Grunst seine Initiative. Die Senatorin habe ihm allerdings bislang wenig Hoffnung gemacht. Für den Lichtenberger Bürgermeister ist das nicht nachvollziehbar. „Wenn wir die Leute vom Auto wegholen wollen, muss der Nahverkehr leistungsfähig sein.“
Die CDU will weiter am Ball bleiben. „Schon beim Regionalbahnhof Karlshorst hat der Senat das Votum des Abgeordnetenhauses für einen Erhalt ignoriert“, sagt Danny Freymark. „Dennoch: Wir lassen uns nicht abhängen.“
Autor:Berit Müller aus Lichtenberg |
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